Heitere Stimmung auf der St.Margrethner Rheinau. Das Fussballfeld war mit rot-weissem Absperrband in sechs grosse Sektoren eingeteilt. Denn schliesslich sollte die erste physische Bürgerversammlung seit über einem Jahr über die Bühne gehen. Unter striktem Corona-Schutzkonzept. So durften sich in jeder Zone maximal 80 Leute aufhalten. Und obwohl es eine Freiluftveranstaltung war, musste jeder Besucher durchgehend eine Maske tragen.
Budgetblockade beendet: Geht doch!
Unvergessliche Bürgerversammlung
Gekommen waren letztlich gerade einmal 187 von insgesamt 2´470 Stimmberechtigten, also 7.57 Prozent. Da hätte eigentlich auch die Rheinau-Halle ausgereicht. Aber so war es eine unvergessliche Bürgerversammlung mit echtem «Landsgemeinde-Feeling» im roten Schein der untergehenden Sonne. Alle mussten stehen, bis auf die älteren Mitbürger, denen das nicht zumutbar war. Sie durften eine eigene Zone mit Sitzgelegenheit bevölkern.
Noch ein Wort zur Organisation dieses «Events»: einfach perfekt. Perfekt, wie die Leute gelenkt wurden, ohne dass sich Bubbles bilden konnten. Perfekt auch die professionelle Tontechnik, die dafür sorgte, dass jeder auf dem Platz jeden Redner problemlos verstehen konnte. Was fehlte, war ein Getränkeausschank. In Coronzeiten aufgrund des Schutzkonzepts leider nicht möglich.
Klare Ausgangslage
Die Ausgangslage für diese Versammlung war klar. Am 11. April sagte die Stimmbevölkerung an der Urne mit 388 zu 411 Stimmen NEIN zu dem vom Gemeinderat vorgelegten Budget 2021. Wichtigster Kritikpunkt war die Stagnation des Steuerfusses bei 114 Prozent. In der hierfür vorgesehenen Frist hatte der Gemeinderat ein neues Budget erarbeitet, das einen Steuerfuss von 109 Prozent bei verminderten Ausgaben vorsieht. Für die Abstimmung über diesen revidierten Budgetentwurf fand die ausserordentliche Bürgerversammlung auf der Rheinau statt.
«Ich bin froh über diese Bürgerversammlung, denn der direkte Dialog mit der Bevölkerung ist wichtig», erklärte dann auch Gemeindepräsident Reto Friedauer, der seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass die Budgetblockade beendet werden könne. Er präsentierte in ruhig-sachlicher Art und Weise die Kernpunkte sowohl des abgelehnten Budgets samt Steuerfuss, wie auch die jetzt korrigierte Version.
Reduzierung des Steuerfusses
Die Reduzierung des Steuerfusses um weitere fünf Prozent auf 109 Prozent bedingt für die Gemeinde Mindereinnahmen im Bereich von Einkommens- und Vermögenssteuern von 480´000 Franken. «Der Gemeinderat hat den Ruf nach einer Steuersenkung gehört», so Reto Friedauer in seinen Ausführungen, «Es wird in den kommenden Wochen weiteres Sparpotential identifiziert werden. Zudem ist eine Senkung des Steuerfusses um 5 Prozent bei Eigenkapital in Höhe von über zehn Millionen vertretbar.»
Es wurde auch die vom Gemeinderat beschlossene Finanzplanung 2021 bis 2025 präsentiert, in der die prognostizierten Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Quellensteuern aufgeführt wurden. Dabei sind klar die Effekte zu erkennen, die etwa die Stadler-Ansiedlung auf die Gemeindefinanzen haben wird. Aber auch die Effekte auf den Finanzausgleich durch die in diesem Jahr zu erwartenden weit über den langjährigen Schnitt hinausgehenden Einnahmen aus der Handänderungs- und Grundstücksgewinnsteuern.
Realitätsferne Vorschläge
Die allgemeine Diskussion über die Budgetvorlage war dann auch von nicht zu erwartender Kürze und mündete in realitätsfernen Vorschlägen zu weiteren Einsparungen. So wollte Guido Rohner, dass mit künftigen Investitionsvorhaben, wie dem Neubau des Bades zugewartet werden solle, damit für 2022 der Steuerfuss um nochmals 10 Prozent gesenkt werden könne. Pascal Tiziani, der in privater Sache die lange Dauer der Meldeverfahren vor der Baukommission kritisierte, was wohl ein eher budgetferner Sachverhalt war, regte an, dass die Möglichkeit von Gehaltskürzungen bei den Gemeindebediensteten geprüft werden solle.

Armin Hanselmann wiederum lobte die Vorlage des Gemeinderates: «Das ausgeglichene Budget mit einer fünfprozentigen Senkung des Steuersatzes ist absolut zukunftsorientiert.» Die weitaus meisten der anwesenden Stimmbürger schlossen sich mit ihrer Zustimmung dann auch dieser Ansicht an. Gegen den Budgetvorschlag stimmten lediglich etwa zwanzig der 187 anwesenden Stimmberechtigten. Gemeindepräsident Reto Friedauer zeigte sich sichtlich erleichtert: «Die Budgetblockade ist beendet. Jetzt können wir wieder mit voller Kraft weiterarbeiten.»
Rheintal24 hat in der Debatte um Steuerfuss und Budget ausführlich berichtet. Sämtliche zu diesem Thema erschienen Artikel können mit den unten aufgeführten Links nochmals abgerufen werden.
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