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Wirtschaft
08.11.2024

Wohin geht die Reise mit den Löhnen?

Der Pilot und ehemalige Chef der «Patrouille Suisse» Daniel Hösli gab in seinem unterhaltsamen Vortrag humorige Tipps zur Entscheidungsfindung
Der Pilot und ehemalige Chef der «Patrouille Suisse» Daniel Hösli gab in seinem unterhaltsamen Vortrag humorige Tipps zur Entscheidungsfindung Bild: Ulrike Huber
Beinahe 200 interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich am Freitagvormittag Metropol in Widnau zum alljährlich wiederkehrenden «Lohn-Talk» des AGV getroffen.

Jedes Jahr im November lädt der Arbeitgeberverband Rheintal (AGV) zu seinem „Lohn-Talk“ ins Metropol nach Widnau. Wo dann von Vertretern der einzelnen Wirtschaftssparten ihre Erwartungen an die kommenden Lohnrunden und die für das kommende Jahr zu erwartenden Lohnsteigerungen präsentieren.

AGV-Präsident Klaus Brammertz dufte knapp 200 Unternehmerinnen und Unternehmer zum Lohntalk begrüssen Bild: Ulrike Huber
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Politisch-wirtschaftliches Umfeld

AGV-Präsident Klaus Brammertz kam in seiner Begrüssung auf das politisch-wirtschaftliche Umfeld zu sprechen, in der sich die Rheintaler Wirtschaft zu bewegen und zu bewähren hat. Auf der einen Seite stehen die Unwägbarkeiten, die die Wahl von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA und das Auseinanderbröckeln der Regierungskoalition in Deutschland mit den zu erwartenden Neuwahlen mit sich bringen. Auf der anderen Seite steht ein zum Glück äusserst stabiler und wachsender Binnenmarkt.

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Klaus Brammertz kam in seiner Begrüssung auf das politisch-wirtschaftliche Umfeld zu sprechen Bild: Ulrike Huber

In einer an Ort und Stelle durchgeführten Natel-Abstimmung tippten die Anwesenden auf ein 2024 bevorstehendes Lohnplus von 1,5 Prozent. Was sich mit den Erhebungen der IHK St.Gallen-Appenzell weitgehend deckt, wie deren Chefökonom Jan Riss eingangs referierte. Im Kanton seien von den Betrieben 1,4 Prozent geplant, im Rheintal sogar mit 1,6 Prozent. Dies bei einer erwarteten Inflation in Höhe von 1,2 Prozent.

Der Chefökonom der IHK St.Gallen Appenzell Jan Riss berichtete von der periodischen Konjunkturerhebung Bild: Ulrike Huber
Maurus Oehler von der Stadler Rheintal AG berichtete von den Lohnentwicklungen in der Sparte Industrie Bild: Ulrike Huber

Auftragslage markant rückgängig

Die Geschäftslage werde quer durch alle Sparten als neutral beurteilt. Vor allem in der Industrie sei jedoch die Auftragslage markant rückgängig. «Als Inflationstreiber bleiben derzeit die Mieten übrig», so Jan Riss, «Die dominante Herausforderung bleibt der Fachkräftemangel, aber auch der starke Schweizer Franken.» Dass es aber nach wie vor gut laufe in der Ostschweiz und insbesondere im Rheintal, zeige sich in der Tatsache, dass nach wie vor rund 60 Prozent der Unternehmen mit diesem Standort zufrieden oder sehr zufrieden seien.

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Bernhard Frei von der Bernhard Frei AG in Widnau erzählte von den Problemen und Chancen der Bauwirtschaft Bild: Ulrike Huber

Die Erwartungen der Industrie in die Lohnentwicklung spezifizierte Maurus Oehler von der Stadler Rheintal AG, die weltweit 15´000 Mitarbeiter beschäftigt, wovon 1´750 in den Werken in Altenrhein und St.Margrethen tätig sind. Stadler rechnet mit einer Lohnerhöhung von 1,1 Prozent, dabei 0,6 Prozent durch den GAV und 0,5 Prozent durch individuelle Leistungen.

Gemeindepräsident Dominik Stoop aus Eichberg erzählte von seiner Kleingemeinde Bild: Ulrike Huber
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Individuelle Lohnanpassungen

Bei seinen Erhebungen in der Industrie allgemein habe sich der Trend bestätigt, dass es einen Trend zur individuellen Lohnanpassung gebe. Die Investitionsgüterindustrie weise gerade noch eine gute Auftragslage auf, in der Gebrauchsgüterindustrie herrsche eine verhaltene Stimmung vor. «„Und die Bau-Zulieferer haben mit Kostendruck und Preisen zu kämpfen. Doch insgesamt sorgt die intakte Binnenwirtschaft noch für eine gute Nachfrage. Nur der Export gestaltet sich mehr und mehr schwierig.»

René Federer, Geschäftsstellenleiter der SGKB in Heerbrugg, gab einen Ausblick auf die Lohnentwicklung in der Sparte der Dienstleister Bild: Ulrike Huber
AGV-Präsident Klaus Brammertz Bild: Ulrike Huber

Was aber für die bevorstehenden Lohnverhandlungen mit Sicherheit gelte: die Job-Sicherheit bekomme wieder einen höheren Stellenwert als die Lohnanpassung. Was so auch Bernhard Frei von der Tiefbaufirma Bernhard Frei AG aus Widnau bestätigen konnte. Zusammen mit seinem Bruder führt Bernhard Frei das bereits 1942 gegründete Familienunternehmen in dritter Generation. Die von ihm referierten Zahlen stammten vom kantonalen Baumeisterverband.

Daniel Hösli, früherer Kommandante der Patrouille Suisse gab Einblicke in das Leben eines Kampfjet-Piloten Bild: Ulrike Huber
Mit actionreichen Videos untermalte Hösli seinen Vortrag Bild: Ulrike Huber

Generelle Erhöhung

In der Rheintaler Bauwirtschaft lägen die effektiv gezahlten Löhne um gut zehn Prozent höher als die festgesetzten Mindestlöhne. Zudem erhielten die Mitarbeiter meist einen 13. Gehalt. Die Verhandlungsrunden mit der Gewerkschaft für 2025 stünden noch bevor. Die Gewerkschaft verlange eine generelle Erhöhung der Monatslöhne um 250 Franken. Wobei zu berücksichtigen sein werde, dass in der Bauwirtschaft die Lohnentwicklung bereits seit 2019 über dem Konsumentenpreisindex liege. Ausserdem würden für einzelne Berufsgruppen, wie Schreiner, auf den Baustellen rekordhohe Löhne bezahlt.

Fesselnd und mit grossem Schalk erzählte Daniel Hösli aus seinem Leben Bild: Ulrike Huber
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Gemeindepräsident Dominik Stoop aus Eichberg beschrieb die kleinste Gemeinde des Rheintals und erntete bei seinen humorigen Ausführungen einige Lacher. So wie er nach einer bedeutungsschwangeren Pause enthüllte, dass es in Eichberg gar keine Industrie gebe. Dafür aber etwa 100 KMU-Betriebe und die «billigste» Gemeindebehörde der Talschaft. Er zeigte auf, dass im Jahr 1914 Lehrerinnen nur etwa 75 Prozent des Gehalts eines männlichen Lehrers bekamen. «Was heute nicht mehr so ist, es arbeiten praktisch nur noch Lehrerinnen an unserer Schule.»

Klaus Brammertz und Katherine Broder bei der Auslosung eines Flugs mit Daniel Hösli Bild: Ulrike Huber
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Vorgaben des Kantons

In seinen Ausführungen für den Verwaltungsbereich bestätigte Stoop, dass auch für die öffentliche Hand das grösste Problem im Fachkräftemangel liege. Bei der Lohnentwicklung würden sich die Gemeinden an die Vorgaben des Kantons halten, die noch nicht fix vorliegen. Es sei aber angekündigt worden, dass man von einer Erhöhung der Löhne um 1,1 Prozent, mit 0,6 Prozent für individuelle Massnahmen und 0,4 Prozent strukturelle Personalausgaben ausgehen solle.

Widnaus Gemeindepräsident Bruno Seelos (re.) im Gespräch Bild: Ulrike Huber
  • Die frühere AGV-Präsidentin Brigitte Lüchinger Bild: Ulrike Huber
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  • René Federer, Geschäftsstellenleiter der SGKB in Heerbrugg Bild: Ulrike Huber
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René Federer, Niederlassungsleiter der SGKB in Heerbrugg, schilderte die Situation bei den Dienstleistern, wo die Herausforderungen auch im Fachkräftemangel, beim Kostendruck, der Regulierung und der Digitalisierung liegen würden. Die Lohnerhöhung habe rückblickend 2024 bei mehr als der Hälfte der Beschäftigten mehr als zwei Prozent betragen. Was sich 2025 wohl nicht mehr so fortsetze.

Pilot Daniel Hösli Bild: Ulrike Huber
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  • Bauern-Chef Peter Nüesch im Gespräch mit Rechtsanwalt Thomas Bolt Bild: Ulrike Huber
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  • Kuno Jocham, früherer Präsident des FC Widnau Bild: Ulrike Huber
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Teamwork bei Tempo 1000

Als Gastreferent war vom AGV der Pilot und ehemalige Chef der Patrouille Suisse Daniel Hösli eingeladen worden. In einem mitreissenden Vortrag schilderte er unter dem Motto «Teamwork bei Tempo 1000» seine abwechslungsreiche Karriere auf verschiedensten Düsenjägerflugzeugen und seine Erlebnisse aus seiner Zeit als Kampfpilot bei der Armee und der Patrouille Suisse. Und erzählte von Begebenheiten im Kampf mit Behörden und Bürokratie. Ein überzeugender, ein lustiger, aber auch ein nachdenklich machender Beitrag, der das Ende der Veranstaltung mit einem folgenden Apéro riche einleitete.

rheintal24/gmh/uh