«Ich verstehe nicht, warum der Verband so «zwängelt» unbedingt die Meisterschaft zu werten?“, Adrian Brunner, der seit dem Abgang von Francesco Bologna wieder die Trainings beim FC Altstätten leitet, ist verärgert. Denn in Gesprächen mit Kollegen in anderen Zweitligavereinen hat sich für ihn der Eindruck ergeben, dass zwar alle froh sind, wieder spielen zu können und die Saison noch abzuschliessen, dass aber alle die Wertung diese verrückten Halbsaison für alles andere als fair halten.
«Nur die halbe Saison zu bewerten, ist nicht korrekt»
Ball darf wieder rollen
Hintergrund sind die neuesten Aussagen, die der Bundesrat zu den Öffnungsschritten gemacht hat. Ab dem 31. Mai soll der Ball auch im Amateurfussball wieder rollen dürfen. Dann dürften Gruppen bis zu 30 Personen uneingeschränkt kicken. Dazu kommen maximal 300 Zuschauer, die am Spielfeldrand erlaubt sind. Woraufhin der SFV selbstverständlich diese Massnahmen willkommen hiess: «Wir begrüssen den Plan des Bundesrats, ab dem 31. Mai wieder auf allen Plätzen des Landes Fussball spielen zu dürfen, und hoffen, dass die Kantone dem Bundesrat folgen werden. Dadurch könnten endlich wieder alle Spielerinnen und Spieler, die so lange auf ihren geliebten Sport verzichten mussten, Fussball spielen. Es entspricht dem Kernziel des SFV, dass möglichst viele Menschen im Land diesen Sport ausüben können.»
Der SFV will die unterbrochene Herbstrunde unbedingt noch finalisieren und die Ligen nach der Hälfte der gespielten Runden werten. Mit Auf- und Absteiger. Was das für die Vereine etwa in der 2. Liga regional bedeutet? Mit Ende Mai wieder «richtiges» Training samt echten Zweikämpfen. Und dann nach einer (zu) kurzen Vorbereitungszeit in die letzten zwei bis drei Entscheidungsspiele. Fragt sich nur, ob es wirklich dem Gedanken der Fairness entspricht, nach dieser verrückten Corona-Saison auf diese Weise den Abstieg zu regeln.
Gang in die dritte Liga
Für den FC Altstätten würde dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Gang in die dritte Liga bedeuten. Der FC Rheineck kann sich in den ausstehenden zwei Partien noch am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Aber ist das gerecht?
Michael Hausmann, Noch-Sportchef auf der Stapfenwis, verweist darauf, dass nach dem langen Unterbruch jene Teams, für die es um nichts mehr geht, aufgrund der Verletzungsgefahr unter Umständen nur mit halber Kraft spielen werden. «Bitte, mich richtig zu verstehen: Wir wollen keinen Klassenerhalt ausschliesslich am grünen Tisch, sondern haben immer schon gesagt, dass wir auf dem Rasen reüssieren wollen«, so «Zecke» Hausmann, «aber nach dieser langen Saison ist die Verletzungsgefahr gross und die Entscheidung in nur zwei Spielen zu suchen, öffnet dem Zufall Tür und Tor. Freilich haben wir schon vor der Saison gewusst, dass der Verband bei einem Unterbruch der Meisterschaft die Herbstrunde werten wird. Aber da hat noch niemand gewusst, dass man die letzten zwei Partien der Herbstrunde nach einer halbjährigen Pause Ende Juni ausspielen soll. Das ist einfach nicht korrekt.»
Aufsteiger, aber keine Absteiger
Adrian Brunner und Michael Hausmann sind sich einig. Viel fairer und korrekter wäre dieselbe Vorgangsweise wie im benachbarten Vorarlberg, wo zwar die Erstplatzierten der Herbstrunde aufsteigen, aber auf einen Abstieg verzichtet wird. Dann hat zwar jede Liga kommende Saison ein Team und damit eine englische Woche mehr, aber am Ende des Spieljahres steigen dann eben drei Teams ab und die alten Verhältnisse sind wieder hergestellt. «Dann sind alle glücklich und niemand fühlt sich unfair behandelt», so der Stapfenwiser Sportchef.
Trainer Roman Hafner vom FC Au-Berneck legt sich dazu nicht fest: «Ein Kommentar dazu ist schwierig. Schliesslich hat man um die Vorgangsweise des SFV gewusst, als man in die Saison gegangen ist. Und es hätte uns, so wie es am Anfang ausgeschaut hat, ja durchaus selbst treffen können. Es ist derzeit vermutlich in allen Vereinen schon extrem, wie wenige Spieler ins Training kommen. Und es tut sich natürlich viel in einem halben Jahr. Alleine bei uns sind drei Spieler in andere Kantone umgezogen und kommen natürlich nicht mehr zum Training.“
Ergebnis der Endrunden verfälscht?
Was mit Sicherheit das Ergebnis der beiden «Endrunden» verfälschen wird. Denn in allen Teams fallen Spieler aus oder haben inzwischen mit neuen Vereins eine Wechselvereinbarung getroffen, ja trainieren zum Teil schon bei ihrem neuen Club.
Der endgültige Entscheid über einen doch noch im Raum stehenden Abbruch der Saison fällt beim SFV in dieser Woche. Ob die Lockerungsschritte wie geplant erfolgen, beschliesst der Bundesrat am 26. Mai. Erst hört er noch die Kantone an.