Die Blumen spriessen, die Blüten gehen auf, die Bäume schlagen aus, die Hormone kommen wieder in Schwung. Es ist Frühjahr. Und damit auch die Zeit, in der sich die Menschen wieder ein neues Auto anschaffen wollen. So auch die 35-jährige S.H. aus Rheineck (Name der Redaktion bekannt). Sie tat, was moderne Menschen heutzutage beim Autokauf tun. Sie machte sich im Internet schlau, was denn so geboten wird.
Abzocke, Betrug und Fake - ein Autokauf im Internet
Rekordverdächtig niedriger Preis
Und wurde auf autoscout24.ch fündig. Ein BMW X3 xDrive 35d M Sport Steptronic, Baujahr 2016, unfallfrei und mit gerade einmal 60´000 km auf dem Tacho sollte es sein. Denn geradezu rekordverdächtig niedrig der Preis: Gerade einmal 14´500 Franken wollte der private Anbieter, Herr R.Karlsson, Schwede mit angeblichem Wohnsitz in Trondheim/Norwegen, haben. Ein Schnäppchen, denn die anderen Fahrzeuge dieses Typs vom Jahrgang 2016 werden zu Preisen um die 40´000 Franken angeboten.
Sofort nahm die Rheineckerin per e-mail Kontakt mit dem lustigen Schweden auf, um sich das Objekt ihrer Begierde zu sichern. Warum so billig? Es wurde ihr eine phantasiereiche Geschichte serviert. Der Schwede habe für sein norwegisches Energieunternehmen längere Zeit in der Schweiz gearbeitet, daher sei der BMW ein Schweizer Fahrzeug mit entsprechender Zulassung. Eine Umschreibung in Norwegen komme zu teuer, deshalb verkaufe er das Auto, das sich in Trondheim befinde.
Manipulierter Reisepass
Um entsprechendes Vertrauen zu erwecken, übersendete der gute Herr Karlsson auch ein Selfie und ein Foto seines Reisepasses. Was bei Frau S.H. berechtigte Bedenken weckte, da ein Blinder gesehen hätte, dass das Reisepassfoto auf Photoshop manipuliert wurde. Dazu wurde die Reisepassnummer mit schwarzem Filzstift unkenntlich gemacht, sodass eine Prüfung des Passes auf Gültigkeit auf der Homepage der Schwedischen Polizei nicht möglich ist. Und das Unternehmen in Trondheim, für das Herr Karlsson angeblich tätig war, die Livrod Jordenergi AS, hat weniger im Energiegeschäft zu tun, sondern ist vielmehr ein kleines Architektur- und Beratungsbüro.
Endgültig «Ende Gelände» mit diesem Autokauf war für die Rheineckerin S.H. dann aber, als sie die Bedingungen für die Entrichtung des Kaufpreises erfuhr. Nach Unterfertigung des Kaufvertrages würde der schlaue Herr Karlsson den BMW sofort einem Transportunternehmen übergeben, das mit dem Transport beginnen würde, wenn die Käuferin die Hälfte des Kaufpreises, also 7´250 Franken auf das Konto dieser Firma einzahle.
Schon 2018 aus Handelsregister gelöscht
Es kam dann auch per Internet ein professionell anmutendes Schreiben der „MCA Transport Limited“ mit angeblichem Sitz in England und einem auf „A.Sandu MCA Trans LTD“ lautenden Konto bei der ING-Bank in den Niederlanden. Der Haken an der Sache: weitere Nachforschungen ergaben, dass MCA Transport Limited bereits am 2. Januar 2018 aus dem Handelsregister in London gelöscht wurde. Die liebevoll gestaltete aktuelle Website www.mca-transport-ltd.eu ist augenscheinlich schlicht und einfach ein Fake, offensichtlich alleine dafür erstellt, um Betrugsopfer zu täuschen.
Natürlich liess sich die potentielle Autokäuferin nicht auf die vorgeschlagene Vorgangsweise ein. Und sparte damit gute siebentausend Stutz, die sonst wohl im Nirwana des holländischen Kontos verschwunden wäre. Die Pointe der Geschichte: der mysteriöse BMW X3 ist inzwischen wieder auf autoscout24.ch aufgetaucht. Genau dieselben Daten, genau das gleiche Foto. Aber mit neuem Verkäufer: jetzt preist ein Herr Adel D. aus Zürich das Car an. Und will nur noch 13´500 Franken für das Fahrzeug haben, das, so es denn wirklich existiert, in Wahrheit etwa 40´000 wert wäre. Also Vorsicht und Hände weg.