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Gesundheit
25.09.2020

Die Macht der Gewohnheit – Kolumne von Robert Dubil

Robert Dubil, freischaffender Regisseur und Drehbuchautor (Bild: zVg)
Robert Dubil, freischaffender Regisseur und Drehbuchautor (Bild: zVg) Bild: zVg
Robert Dubil (*1965) ist freischaffender Regisseur und Drehbuchautor und veröffentlichte etliche Artikel auf Online-Portalen (Neopresse, Nachrichtenspiegel). Er wohnt und arbeitet in St. Margrethen.

Es ist Sonntag, kurz nach fünf Uhr in der früh und sitze mit meinem Kaffee am Computer. Eine alte Gewohnheit, so früh aufzustehen, um die friedliche Unschuld des neuen Tages zu geniessen. Mein Kaffee dampft gemütlich Richtung Zimmerdecke und durch das offene Fenster dringen die ersten morgendlichen Stimmen aus dem nahen Wald. Frieden pur. Er dauert meist genau solange, bis die ersten Onlinzeitungen auf dem Bildschirm aufploppen.

Schlagzeilen lesen sich heutzutage wie Artilleriegeschosse, gegen das eigene Ethikempfinden. Aber daran habe ich mich gewöhnt. Während ich mich durch die Untiefen des medialen Gruselnets bewege, verflüchtigt sich der letzte Dunst meines Kaffees und mit ihm die friedliche Unschuld des neuen Tages. Beim Lesen der Schlagzeilen installiert sich der innere „Abgestumpftheitsfilter“, damit ich nicht in ein moralisches Loch falle. Eigentlich praktisch dieser Filter, lässt er doch einen die Tragweite eines Textes nicht erkennen/erfahren. Sonst würde man die Traurigkeit dahinter sehen, die Schicksale, die Konsequenzen und die Stimmung würde immer weiter in den Keller fallen. Aber dank des Filters kann ich mich dennoch informieren und nicht nur frustrieren. Gewohnheitssache.

Die ersten Sonnenstrahlen erhellen meine Gedanken und mir fällt ein, die Hunde müssen raus. Als hätten sie’s gehört, ertönen ihre Krallen auf dem Parkett. Mit Schlabberlook und Robydog-Säckchen geht’s zum Waldrand, wo die beiden Schwanzwedler auf ihre Art den Morgen begrüssen. Danach zurück in die eigenen vier Wände und jeder an seinen eigenen Platz. Der Tag nimmt dann seinen gewohnten Lauf.

Gewohnheiten geben uns Sicherheit. Wir wissen wie etwas ist oder abläuft und müssen uns nicht mit unkalkulierbaren Eventualitäten rumschlagen. Sie sind oft essentiell in unserem Tagesablauf. Jeder kennt das, wenn Mann/Frau am Morgen ohne den gewohnten Kaffee den Tag beginnt. Und ohne der Morgenzigarette wirkt der weitere Tagesverlauf irgendwie „unstimmig“. Damit das nicht passiert, sind Gewohnheiten da.

Nun gibt’s aber solche, die im ersten Moment unproblematisch wirken, aber bei genauerer Betrachtung eine katastrophale Wirkung entfalten. Seit einem halben Jahr werden dem Bürger wöchentlich, teils täglich, neue Gesetze und Verhaltensregeln aufgebrummt. Er befolgt diese dank seines „Abgestumpftheitsfilters“ kommentarlos und integriert sie in sein Leben, aus Gewohnheit. Würde er mit klarem Blick hinter

die Verordnungen mit ihren Konsequenzen sehen, ginge ein Aufschrei durch’s Volk. Aber dank des Filters, und das wissen die Verantwortlichen, können sie so ziemlich alles mit dem Volk machen, was sie wollen. Allen voran die Medien. Paradebeispiel ist ausnahmweise nicht mal der Blick, sondern der Kassensturz.

In einer Sendung wurden die Masken thematisiert. Wie sicher sind sie. Dabei vermied es der Kassensturz das Wort „Virus“ zu gebrauchen. Er sprach ausschliesslich von Bakterien. Der Kassensturz gebrauchte den „Abgestumpftheitsfilter“ auf gewohnte Weise. Die wenigsten Zuschauer interessieren sich für den Grössenunterschied zwischen Viren und Bakterien. Für sie sind sie alle einfach sehr klein. Dass aber ein Virus bis zu 100 x winziger ist und die Maschen einer Maske für ihn wie offene Garagentore wirken, das erschliesst sich dem

Zuschauer dank des eingeschalteten Filters nicht mehr und wird vom Kassensturz schlicht verheimlicht. Im Härtefall würde das bedeuten, wenn sich ein Zuschauer trotz Maske infiziert, kann er den Kassensturz nicht verklagen, weil dieser nie die Unwahrheit sagte.

Strafbar hingegen ist die Irreführung. Die kleinen Bösewichte der Krise sind nicht Bakterien sondern Viren. Hier vera*** der Kassensturz den Zuschauer nach Strich und Faden. Dank dieser angewöhnten Abgestumpftheit im Volk sieht man nun sehr viele Gleichgeschaltete mit ihrem Gesundheit-Maskottchen im Gesicht. Das gibt ihnen ein wenig die gewohnte Sicherheit zurück. Und irgendwann werden sie sich an das Maskentragen gewöhnt haben und sich „nackt“ vorkommen, wenn sie das Haus ohne verlassen. Ebenso nackt fühlen sie sich jetzt schon, wenn sich irgendeine unbequeme Tatsache in den Hirnwindungen einnistet gegen die der „Abgestumpftheitsfilter“ nicht mehr ankommt und das gewohnte heile Weltbild einzustürzen droht. Dann wird’s entsprechend aggressiv. Davon können mache Corona-Gegner ein Lied singen.

Es ist ein Fluch. Einerseits hilft uns der antrainierte Filter den täglichen Wahnsinn mit einer gewissen Lethargie zu ertragen und andrerseits wird dieser Selbstschutz gegen uns verwendet. Aber bei den Corona-Gegnern bekommt der Filter immer mehr Laufmaschen. Sie haben akzeptiert, dass die heile Welt keine mehr ist und die gewohnte Sicherheit nur ein Trümmerhaufen leerer Versprechungen darstellt. Aber sie sind bereit für Neues, bereit hinter die Fassade zu blicken, alte Gewohnheiten hinter sich zu lassen.

Ihnen gegenüber stehen die Corona-Befürworter, die sich an ihr gewohntes Weltbild klammern undalle Einflüsse als feindlichen Angriff ansehen. Würde der Bundesrat eine Masken-Scharia erlassen, mit Peitschenhieben und so, sie würden augenblicklich den ersten Stein werfen. Und alles nur um ihrem Gewohnheitsrecht der Unreflektiertheit zu frönen und aus Angst.

Und jetzt kommt das Fatale. Die Angst wird zur Gewohnheit und diese Gewohnheit immer mehr lebensbestimmend. Am Ende ist ein Leben ohne Angst gar nicht mehr denkbar. Wir laufen Gefahr, Coronagegner und Befürworter, dass diese permanente, unterschwellige Angst zu unserem Lebensinhalt wird, trotz Abstumpfungsfilter. Die Angst ist greifbarer, sie ist nicht an einem weit entfernten Ecken dieser Welt. Sie ist hier, beginnt morgends und hört erst mit dem Einschlafen auf. Aber an das will und kann ich mich nicht gewöhnen und ich hoffe, viele andere auch nicht.

Weitere Artikel und Videos von Robert Dubil auf:

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Diese Kolumne deckt sich nicht mit den Ansichten der Redaktion. Insbesondere die Ausführungen von Robert Dubil zur Sinnhaftigkeit von Hygienemasken sind zwar insofern noch richtig, als dass derartige Gesichtsmasken tatsächlich den Träger selbst nur in geringem Masse vor ansteckenden Viren schützen können (ausser man trägt FFP-2 oder FFP-3 Masken). Aber man schützt dabei seine Mitmenschen vor der Ausbreitung der Viren in den in letzter Zeit viel beschriebenen Aerosolen. Denn während jedes laute Singen, jeder Husten und jeder Schneuzer ohne Maske eine weite Wolke von virentragenden Aerosolen produzieren kann, verhindert die Maske diese raumgreifende Ausbreitung. Kurz gesagt: alle jene, die Masken tragen, zeigen sich solidarisch und fürsorglich für die anderen und sind keine nur auf sich selbst und ihre ach so grossartige Freiheit schauenden Egoisten. Denn die Freiheit endet immer dort, wo sie dem Nächsten schaden könnte

rd
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