Auf dem Areal der SFS soll ein Windrad mit ziemlich mächtigen Dimensionen zu stehen kommen. Es wird schwerlich zu übersehen sein. Das ist wohl auch der Grund, warum 300 Personen auf den Feierabend auf dem Sofa verzichtet und eine Informationsveranstaltung dazu besucht haben. Die Repräsentanten des Unternehmens ging dort auf Fragen ein, in erster Linie hatten sie aber natürlich die Absicht, der Bevölkerung das Projekt zu «verkaufen».
In solchen Fällen stellt eine Firma, oft mit Hilfe von externen Experten, ein Argumentarium zusammen, um jedem Kritikpunkt begegnen zu können. Zum Beispiel demjenigen bezüglich Lärmemissionen: Macht so ein Windrad nicht ziemlich viel Krach? Nein, heisst es bei SFS. Es sei weniger laut als eine Unterhaltung zwischen zwei Personen. Die könne bis zu 55 Dezibel erreichen, das Windrad 40 bis 50.
Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine Antwort korrekt sein kann, den Punkt aber dennoch nicht trifft. Wohne ich in der Nähe des Windrads, dann komme ich permanent in den Genuss der 40 bis 50 Dezibel. Aber es kommt selten vor, dass sich zwei fremde Personen zu mir in den Garten stellen und stundenlang reden, während ich vor meiner Grillwurst sitze. Der Vergleich ist deshalb einfach sinnlos.
Schatten in Bewegung
Wie steht es mit dem Schatten, den das Windrad wirft? Da halte man sich an die «sehr strengen Richtlinien von Deutschland», heisst es bei SFS. Dort sei definiert, wie lange pro Jahr der Schattenwurf dauern dürfe. Ich habe mich kurz schlau gemacht: 30 Stunden pro Jahr darf ein Gebäude «beschattet» werden. Das klingt erträglich.
Es ist aber ein bisschen komplizierter. Der Rotor des Windrads, der sich logischerweise bewegt, erzeugt einen anderen Schatten als unbewegte Gebäude oder Installationen. Diese sogenannten «periodischen Helligkeitsschwankungen», also gewissermassen ein dauernd wandernder Schatten, werden von vielen Leuten als unangenehm empfunden. Kurz und gut: Wir sprechen hier nicht von «normalem» Schattenwurf.
Etwas erheiternd ist die Reaktion auf die Kritik am Anblick des Windrads beziehungsweise dessen Auswirkung auf die Umgebung. Wie gut einem das gefalle oder eben nicht, liege im Auge des Betrachters. Nun ist sicher vieles im Leben Geschmacksache. Dass man bei einer Strassenumfrage, ob man ein Windrad mitten in einer Gemeinde als ästhetische Bereicherung empfinde, sehr viele befürwortende Stimmen finden würde, möchte ich dennoch bezweifeln. Schön sind die Dinger nun einmal einfach nicht.
Nachhaltig oder «grüngewaschen»?
Nun aber einige grundsätzliche Gedanken zum Begriff der «Nachhaltigkeit», wenn er von Unternehmen kommt. Der SFS sollen keinesfalls falsche Motive unterstellt werden. Es ist zudem nicht die Schuld des Konzerns, dass sich die Schweiz faktisch selbst ein Technologieverbot auferlegt hat mit dem Ausschluss von Kernkraft und man deshalb verzweifelt Alternativen suchen muss. Aber ganz allgemein muss man misstrauisch sein, wenn private Firmen ihre Nachhaltigkeitsmassnahmen euphorisch bekanntmachen.
Denn es ist ja nicht so, dass in den Führungsetagen von Konzernen lauter Ökofreaks und Ehrenmitglieder von Greenpeace und WWF sitzen. Die Nachhaltigkeit dient in den meisten Fällen vor allem einer Aufhübschung des Geschäftsberichts. Man kann damit beweisen, wie ökologisch und eben nachhaltig man unterwegs ist. Das ist heutzutage ein Marketinginstrument, weil der Zeitgeist nach möglichst viel «Grün» schreit.
Das beste – oder besser: das schlechteste – Beispiel dafür ist die Schweizerische Post. Die hat im Osten von Deutschland einen grossen Wald gekauft. Das von den Bäumen dort produzierte CO2 kann sie in Abzug bringen von demjenigen, das sie als Firma Tag für Tag entstehen lässt. Ihre CO2-Bilanz wird so positiver – auf dem Papier. Nur würde der bewusste Wald dieses CO2 natürlich auch dann herstellen, wenn er nicht der Post gehören würde. Die Photosynthese von Bäumen richtet sich in aller Regel nicht nach dem Besitzereintrag im Grundbuchamt.
Man nennt das auch «Greenwashing». Es geht nicht um den wirklichen Effekt auf die Natur, sondern um das öffentliche Image der Firma. Das Windrad der SFS fällt kaum darunter, es wird – oder würde – in der Tat direkt vor Ort Energie erzeugen, die dann auch genutzt wird, und das durchaus ökologisch. Ob der Preis dafür verhältnismässig ist oder nicht, müssen in erster Linie die Anwohner entscheiden. Es ist gut, dass offensiv informiert wird. Aber man sollte im Hinterkopf behalten, dass die Antworten aus der Stube der PR-Abteilung stammen.