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Heerbrugg
14.03.2024
09.01.2025 18:44 Uhr

Heisse Diskussionen über SFS-Windrad

SFS-CEO Jens Breu, Projektleiter Claudio Winter und Amtsarzt Bernhard Welti im Dialog mit dem Publikum.
SFS-CEO Jens Breu, Projektleiter Claudio Winter und Amtsarzt Bernhard Welti im Dialog mit dem Publikum. Bild: zVg
An einer öffentlichen Veranstaltung informierte die SFS Group die Bevölkerung über das Projekt «RhintlWind» und diskutierte dabei über Schattenwurf, Umweltschutz und andere Bedenken.

Rund 300 Personen fanden sich in der Aula der Kantonsschule Heerbrugg ein. Das Interesse war also gross, um nicht zu sagen riesig. Schlussendlich mussten die Nachzügler sogar ohne Sitzplatz auskommen. Sie alle wollten wissen, warum die SFS auf ihrem Areal ein Windkraftwerk bauen will.

Jens Breu, CEO – «Der Sorgfaltspflicht nachkommen»

Den Anfang macht Jens Breu, CEO der SFS. Er erklärt den Anwesenden die Mission, die die SFS seit ihrer Gründung verfolgt: «Wir setzen uns für Nachhaltigkeit ein. Das schon seit 1988, als wir die erste PV-Anlage installiert haben.» Das hat sich bis heute nicht verändert. Für den Geschäftsbericht 2023 wurde dem Thema Nachhaltigkeit gar ein eigenes Kapitel gewidmet. «Unser Anspruch: Wir wollen Sie transparent, sachlich und objektiv informieren und damit unserer Sorgfaltspflicht nachkommen.»

Daher ist SFS die Nachhaltigkeit ein grosses Anliegen. «Wir möchten den ökologischen Fussabdruck pro eine Million Franken um rund 90% reduzieren. Bereits jetzt haben wir am Standort Heerbrugg die grösste PV-Anlage im Kanton.» Man wolle liefern statt lafern. Daher das neue Windkraftwerk.

«Damit können wir rund fünf Gigawattstunden an Energie erzeugen, ohne das öffentliche Netzwerk zu belasten. Denn wir speisen es direkt in unser eigenes Netzwerk ein.» Die Standortgemeinde Au, die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und der Verein St.Galler Rheintal unterstützen das Projekt. «Unsere Arbeitsplätze sollen weiterentwickelt und der Standort gefördert werden.»

Jens Breu, SFS-CEO Bild: zVg

Claudio Winter, Projektleiter – «Selbst eine Unterhaltung ist lauter»

Projektleiter Claudio Winter, ebenfalls von der SFS, bläst in das gleiche Horn. «Bevor wir das Kraftwerk überhaupt erdacht haben, führten wir eine Machbarkeitsstudie durch. Das heisst, dass wir anhand einer Referenzanlage die Machbarkeit unserer eigenen Anlage eruiert haben.» Ist der Standort geeignet, macht die Umwelt mit, wie ist das Verhältnis zwischen Schutz und Nutzen?

Das Gutachten hierbei kommt aber nicht von der SFS, sondern von externen Anbietern solcher Dienstleistungen. «Sobald alles unter Dach und Fach ist, legen wir die Gutachten dem entsprechenden Amt vor.» Breu erwähnte zuvor einen Ertrag von rund fünf Gigawattstunden. «Dieser ist möglich. 60 Prozent kommen aus dem aktiven Betrieb, 40 Prozent aus dem stillstehenden Betrieb.» Und ganz wichtig: «Eine Abschaltung aufgrund zu starken Windes war nie ein Thema.»

Ein Thema dürfte hingegen der verursachte Lärm sein. Doch auch hierzu weiss Winter eine Antwort. «Eine ruhige Unterhaltung zwischen zwei Personen ist lauter als ein Windkraftwerk.» Konkret: Ein Windkraftwerk verursache 40 bis 50 Dezibel. Eine Unterhaltung sei bereits bei 55 Dezibel.

Ein weiteres Streitthema ist der unweigerliche Schattenwurf und auch herunterfallendes Eis. «Bezüglich dem Schattenwurf richten wir uns an die sehr strengen Richtlinien von Deutschland. Dieser gibt vor, wie lange ein Schattenwurf pro Jahr dauern darf, resp. ab wann es nicht mehr tragbar ist.» Das Thema Eis ist hierbei gleich wesentlich klarer: «Im Endeffekt ist es im Sinne der Effizienz, dass ein Kraftwerk nicht vereist.»

Vogelschutz und der Schutz der Ortsbilder letztendlich fanden ebenfalls Eingang in die Analyse. «Wir haben gemeinsam mit der Vogelwarte Sempach und Ornithologen eruiert, wie gross das Konfliktpotenzial zwischen dem Kraftwerk und Zugvögeln ist.» Ergebnis: Es ist sehr gering. Einen wesentlich grösseren Einfluss hat das Kraftwerk da schon auf die Landschaft. Hierbei muss man aber sagen, dass das im jeweiligen Auge des Betrachters liegt und nicht pauschal gesagt werden kann.

Claudio Winter, Projektleiter RhintlWind Bild: zVg

Dr. Bernhard Welti, Amtsarzt TG – «Schallfrequenz unter dem hörbaren Bereich»

Die Gegner argumentieren gerne damit, dass das Kraftwerk und insbesondere der Infraschall negative Auswirkungen auf körperliche und geistige Gesundheit habe. Aus diesem Grund trat Dr. Bernhard Welti auf. Dieser ist Thurgauer Haus- und Amtsarzt sowie selber Besitzer mehrerer Windkraftwerke. «Was ist Infraschall überhaupt? Das ist eine Schallfrequenz, die deutlich unter dem von Menschen hörbaren Bereich liegt.» Gewisse Tiere wie beispielsweise Elefanten können diesen hören.

«Tatsächlich kommt Infraschall überall in der Natur vor. Beispielsweise bei Meeresbrandungen, Wind, Gewittern und Erdbeben. Und dennoch macht es uns Menschen nichts aus», wenn man denn die anderen Auswirkungen ausser Acht lasse. Doch wie kommt man überhaupt zum Schluss, dass Infraschall für den Menschen schädlich ist? «Das liegt an einer sehr verhängnisvollen Studie aus Deutschland, die viele negative Auswirkungen aufgezeigt hat. Die Studie stellte sich jedoch als falsch heraus und führte im Endeffekt dazu, dass sich Ex-Bundeskanzlerin Merkel am Schluss gar entschuldigen musste.» Auch wenn mittlerweile das Gegenteil bewiesen ist, hat sich dieser Mythos hartnäckig gehalten.

Welti bringt es gut auf den Punkt: «Alle wollen guten Internetempfang, aber keiner will einen Funkmast.»

Bernhard Welti, Haus- und Amtsarzt TG Bild: zVg

Fragerunde

Die Fragerunde am Schluss gibt den Zuhörern die Möglichkeit, sich zu äussern. Aufgrund der Menge an Fragen sind hier die wichtigsten Antworten zusammengestellt.

Winter: «Wir haben auch andere Baustandorte in Betracht gezogen, aber der Bau direkt vor der Haustüre macht am meisten Sinn. Denn wir beziehen die Energie ja direkt.»

Breu: «Dekarbonisierung ist uns ein wichtiges Anliegen. Denn die Nachhaltigkeit steht im Vordergrund. Und natürlich ziehen wir auch einen wirtschaftlichen Nutzen daraus.»

Winter: «Das Kraftwerk kostet zwischen sechs bis acht Millionen Franken, wird aber anschliessend selbsttragend sein, da es eigenen Strom erzeugt.»

Winter: «Man kann nicht sagen, ob der Wert einer Immobilie sinkt, nur weil man auf ein Windkraftwerk schaut. Aber der Wert der Immobilie sinkt sicher, wenn die Arbeitsplätze in der Region nicht mehr so attraktiv sind.»

Und zu guter Letzt noch die Aussage einer älteren Frau aus dem Publikum: «Man kann auch an zu viel Angst sterben.»

Fabian Alexander Meyer