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Kommentar
Vorarlberg
23.08.2022

Keine Bestrafung für «Unwetter-Schwimmer» im Rhein?

Auch Mitglieder der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG), Sektion Mittelrheintal kamen zum Einsatz, um den «Unwetter-Schwimmer» zu retten
Auch Mitglieder der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG), Sektion Mittelrheintal kamen zum Einsatz, um den «Unwetter-Schwimmer» zu retten Bild: Feuerwehr Lustenau
Am Freitag, als der grosse Regen mit Überschwemmungen ohnehin die Einsatzkräfte beschäftigte, wusste ein 36-Jähriger nichts Besseres, als im hochwasserführenden Rhein schwimmen zu gehen und Feuerwehr sowie Seerettung zu beschäftigen. Und dies auch noch straffrei. Was in einem Kommentar von Chefredaktor Gerhard Huber behandelt wird.

Am vergangenen Freitag, dem Tag eines Jahrhundertstarkregenereignisses im Rheintal, hatten die Feuerwehren beidseits des Rheins ohnehin alle Hände voll zu tun. Um das Wasser von den Häusern fernzuhalten oder Keller auszupumpen. Um noch grösseren Schaden zu verhindern, arbeiteten die Florianijünger teils bis zur Erschöpfung. Und während die Rettungskräfte gegen die Elemente kämpften, wusste ein 36-jähriger aus dem Vorarlberger Unterland nicht Besseres als im hochwasserführenden Rhein schwimmen zu gehen. Rheintal24 hatte berichtet.

Unternehmungslustiger Schwimmfreund

Passanten, die den unternehmungslustigen Schwimmfreund mitten im Rhein sahen, vermuteten eine Notsituation und alarmierten kurz nach 17 Uhr die Polizeiinspektion Höchst. Was dazu führte, dass die Rettungskette anlief. So wurde auch gleich die Feuerwehr Lustenau, eingebunden, wie deren Kommandant Jürgen Hämmerle gegenüber den VN bestätigte. «Wir mussten deswegen Pumpeinsätze abbrechen», sagt er. Sehr schnell konnten die Feuerwehrleute mit vier Fahrzeugen am Rhein sein und den Schwimmer orten.

Der «Unwetter-Schwimmter» (Kreis) ignorierte die von der Feuerwehr zugeworfenen Leinen Bild: Feuerwehr Lustenau

Auf der Schweizer Seite des Flusses war am Nachmittag bei Widnau ein Pkw in den Rheintaler Binnenkanal gestürzt, der Lenker konnte sich selbst befreien. Die dort anwesenden Mitglieder der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG), Sektion Mittelrheintal, wurden ebenfalls alarmiert und über den im Fluss schwimmenden Menschen informiert und begaben sich umgehend an den Rhein.

Rettungsleinen von Schwimmer ignoriert

Sie konnten den Unterländer sogleich im Wasser sichten. Die Lustenauer Feuerwehrleute warfen dem Schwimmer Leinen zu, die vom 36-Jährigen freilich ignoriert wurden. Schnell war klar, dass der Mann sich gar nicht helfen lassen wollte. Nur mit viel «gutem Zureden», oder war es vielmehr ein «gutes Zuschreien», durch die Rettungsschwimmer der SLRG gelang es, zu erreichen, dass der Mann dann auf Höhe Bruggerloch doch ans Schweizer Ufer schwamm und aus dem Rhein kletterte.

Der 36-Jährige erklärte dann allen Ernstes, dass er auf einem Survivaltrip sei und von Lustenau den Rhein hinab und über den Bodensee nach Lochau schwimmen wollte. Die Schweizer Wasserretter übernahmen den unversehrt gebliebenen Vollkoffer, und Sanitäter untersuchten ihn. Bei der Polizei in Höchst wurde dann der Sachverhalt abgeklärt und ein Amtsarzt hinzugezogen.

„Höchst unverantwortlich“

Lustenaus Feuerwehrkommandant Hämmerle bezeichnete das Vorgehen des Unterländers nach Informationen der VN wohl zu Recht als «höchst unverantwortlich», doch der aufwendige Einsatz der Rettungskräfte (siehe Factbox) könne gesetzlich nicht abgegolten werden. «Schwimmen im Rhein ist nicht verboten», begründete Hämmerle. Dem Vernehmen nach bleiben dem Survival-Schwimmer auch rechtliche Konsequenzen wie etwa eine polizeiliche Anzeige erspart.

 

Enorm aufwendiger Einsatz

Der Schwimmer aus Vorarlberg rief mit seiner fragwürdigen Aktion einen enormen Einsatz auf den Plan, an Rettungskräften waren beteiligt:

  • SLRG Wasserrettung, Sektion Mittelrheintal
  • Mehrere Patrouillen der Vorarlberger Polizei
  • Mehrere Patrouillen der Kantonspolizei St. Gallen
  • Wasserrettung Vorarlberg
  • Feuerwehren von Lustenau und Berneck-Au-Heerbrugg
  • Notarzt
  • Vorarlberger Polizeihubschrauber

Der Kommentar zur Zeit:

Ich bin fassungslos. Fassungslos über so viel unverantwortliche Dummheit, wie sie dieser «Survivalschwimmer» bewiesen hat. Fassungslos über die gedankenlose Rücksichtslosigkeit, mit welcher dieser Mann durch seine Aktion die ohnehin schon bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit belasteten Einsatzkräfte vollkommen sinnfrei zusätzlich strapaziert hat.

Wie leicht hätte es sein können, dass durch diese vollkommen unnötige «Rettungsaktion» die beschäftigten Feuerwehrleute, Rettungsschwimmer, Ärzte und Polizisten, bei einem gleichzeitig auftretenden Ernstfall eben nicht eingreifen hätten können.

Rücksichtloses und unverantwortliches Tun

Und ich bin fassungslos, dass diesem schwimmenden Schwachmaten nicht einmal eine Strafe für sein rücksichtloses und unverantwortliches Tun droht. Denn weder müsse er den aufgrund seiner Aktion entstandenen Aufwand bezahlen, noch könne ihm eine Strafverfügung zugestellt werden. In meinen Augen müsste dieser kurzsichtig gedankenlose Mensch zumindest alle durch die von ihm grob fahrlässig ausgelöste «Rettungsaktion» entstandenen Kosten auf Franken und Rappen ersetzen.

Meine Meinung – und Ihre?

Dr. Gerhard M. Huber, Chefredaktor rheintal24.ch

 

rheintal24/gmh/uh