Nicht generell gegen Neubau
Um es gleich vorweg zu nehmen, ich bin nicht generell gegen einen Neubau des Freihofs. Ich bin vielmehr dafür, dass ein Entscheid durch die Bürger aufgrund von fundierten Fakten erfolgen kann. Dies wollte ursprünglich auch die Ortsgemeinde Schmitter als diese zusammen mit der Politischen Gemeinde Diepoldsau das Freihofareal kaufte.
In der Jahresrechnung 2014 heisst es nämlich: Als Grundlage für die weitere Entscheidungsfindung sind durch Architekturbüros in einer Konzeptstudie die beiden Varianten «Strukturelle Gesamterneuerung» und «Abbruch mit Neubau» zu untersuchen und deren Machbarkeit und Kosten aufzuzeigen.
Obwohl dies bis zum heutigen Tag nicht erfolgt ist, pochen nun beide Räte geschlossen auf den Abbruch der Liegenschaft und einen 5-geschossigen Neubau mit Saal für 400 Personen auf dem Grundstück des jetzigen Postareals. Gegen diesen Tauschvertrag waren zahlreiche Bürger der Politischen Gemeinde.
Dank zahlreichen Mithelfern konnte ich dem Gemeindepräsidenten Roland Wälter mitten in der Coronazeit und innert wenigen Tagen 261 von 391 nötigen Unterschriften persönlich vorlegen.
Zum Referendum reichten diese Stimmen leider nicht. Es zeigte sich jedoch, dass längst nicht alle Bürgerinnen und Bürger gewillt sind, diesen Abbruch und Neubau mitzutragen. Viele Bürger meinten auch, dass die Behörden letztlich doch ihren Willen durchsetzen würden.
Gastro-Consulting Staad als Fachexpertise für Immobilien
Als Argument für den Abbruch/Neubau des Freihofs wird ein Ausschnitt aus dem Gutachten von Herr Josef Müller-Tschirky, Betriebsökonom HWV, langjähriger Gastgeber im Hotel Löwen Staad und ehemaliger Kantonalpräsident von Gastro St. Gallen zitiert, ein sehr guter Bericht, nur sollte er richtig wiedergegeben werden.
Herr Müller-Tschirky zeigt in seinem Bericht «Grobbeurteilung der Möglichkeiten zum Freihof Projekt, verschiedene Varianten auf, u.a. ganz viele Argumente für einen Erhalt der Liegenschaft mit Saal von 80-120 Plätzen, im Nachtrag bis zu 300 Plätzen.
Dies wird dem Stimmbürger jedoch vorenthalten. Bei der Variante «Strukturelle Erneuerung» empfiehlt er ausserdem, den Einbezug der Coiffeur-Liegenschaft Kessler und schreibt weiter: Die Liegenschaft Freihof bildet einen wichtigen Teil im Dorfzentrum. Deshalb ist es auch wichtig, am Dorfplatz, das Dorfbild nicht radikal zu verändern.
Wenn man wissen möchte, wann man die Kartoffeln am besten aussäht, fragt man doch auch einen Bauern und keinen Koch.
Im Übrigen ist im Jahresbericht der Ortsgemeinde Schmitter von 2017 unter der Rubrik Liegenschaft Freihof folgendes zu lesen:
Die Auflage des Strassenprojekts und der Zentrumsgestaltung wird im Frühling abgeschlossen sein. Danach werden wir gemeinsam mit dem Gemeinderat Diepoldsau die Möglichkeiten auf den gekauften Parzellen (Freihof- und Coiffeur-Liegenschaft Kessler) prüfen lassen. Für die Vorstudie haben wir einen entsprechenden Betrag reserviert, welchen wir aus den in Vorjahren eingelegten Rückstellungen beziehen. Diese Vorstudie wurde jedoch nie in Auftrag gegeben.
Weiter ist der Freihof im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder ISOS als Objekt A+ aufgeführt. Die Ortsgemeinde Schmitter schreibt dazu, diese Erwähnung bedeute, keinen verbindlichen Schutz. Im Bericht vom 1. September 2021 schreibt das Departement des Innern EDI zum Thema Schweizer Ortsbilder erhalten, das ISOS soll auf kommunaler Stufe der Nutzungsplanung konkretisiert und in diese übersetzt werden.
Man täte gut daran, eng mit der Denkmalschutzpflege, Heimatschutz und anderen Interessenten zusammen zu arbeiten. Sonst könnte am Ende trotz schön gedruckten Visualisierungen und Tauschverträgen ein Baustopp drohen.
Die komplette Überbauungs- und Nutzungsstudie des Diepoldsauer Architektenteams ist zwar sehr stimmig. Sie wäre aber sicher auch stimmig, wenn das Architektenteam, wie vom Beurteilungsgremium im Bericht vom 5. Februar 2021 gefordert, einen neuen Freihof, auch am bestehenden Ort aufgezeigt und visualisiert hätte. Wieso diese Variante nicht konkreter ins Auge gefasst wird scheint klar, die Würfel in den Behörden sind längst gefallen, die Tauschverträge erstellt.
«Nein» als Grundlage für eine Fachexpertise und transparente Kostenanalyse
Die Schmitter Ortsbürger haben es noch in der Hand, mit einem klaren Nein, den Tauschvertrag abzulehnen und eine Gegenüberstellung der beiden Varianten «Abbruch/Neubau» und «strukturelle Gesamterneuerung» inklusive deren Kostenfolgen zu erwirken.
Vielleicht hilft ja der Spruch von Walter Rothenau aus dem Diepoldsauer Mitteilungsblatt vom 4. März: «ein Ja zu einem grossen Ziel erfordert viele Neins».
Alfred Weder, Diepoldau