Marcel A. Widler, welches Auto fahren Sie zurzeit?
Seit vielen Jahren begleiten mich vor allem britische Automobile. Egal ob sie Land Rover, Jaguar oder Bentley heissen, ich fühle mich wohl darin. Bei den Oldtimern packen mich die meisten Sportwagen aus den 50er- bis 70er-Jahren. In einer Giulietta Spider lacht mein Herz genauso wie in einem Ur-Porsche 911 oder einem Volvo Coupé 1800S. Selbst ein BMW Z1 verzaubert mich heute, denn er ist ein wahres Werk der Ingenieurskunst. Meine Frau liebt ihren Fiat 500 heiss und würde nichts gegen einen Porsche 356 tauschen. Und diese Liebe teile ich mit ihr.
Ihr Ururgrossvater baute ein Postauto, Ihr Urgrossvater gründete 1916 eine Autogarage in St.Gallen, die später von Ihrem Grossvater und Ihrem Vater weitergeführt wurde. Sie selbst haben Automechaniker gelernt, aber eher halbherzig, wie man hört?
Nun ja; während mir mein Vater im Alter von 14 Jahren einen ausgedienten Renault 4 zum «Mechen und Pröbeln» gab (und ich damals die erste Kaltverformung vollzogen habe), hat mich meine Mutter mit Kompendien zu Anatomie, Physiologie und Pathologie gefüttert. Schlussendlich siegte die Tradition meines Vaters, und aus dem angehenden Mediziner für den Menschen wurde ein Mediziner für das Automobil.
Nach der Lehre folgte dann die Berufsmatura mit anschliessendem Studium und technischem Lehrgang bei Renault in Paris.
Ja, die technische Fakultät in Paris hat in mir die Freude an der Konstruktion eines Automobils geweckt. Und dieser Tätigkeit bin ich 16 Jahre lang treu geblieben, habe rund um den Globus gearbeitet, mich kommerziell weiterentwickelt und bin 2001 zurück in meine Heimat St.Gallen. Nach über 20 Jahren Neuwagenentwicklung kehrte 2004 meine Freude am klassischen Automobil zurück, ich restaurierte sie nebenbei und verkaufte sie an Freunde und Bekannte.
Als mir Familie und Freunde 2009 ins Ohr flüsterten «Mach doch endlich das, was dir Herzklopfen bereitet», hatte ich die Vision des heutigen Oldtimer Zentrums Ostschweiz, die schon bald Realität wurde. Neben dem Spass an der Freude, die ein Oldtimer bringt, gelten ältere Fahrzeuge aber auch als gute Wertanlage. Wie wählt man am besten aus? Wenn Ihnen eine Rolex Daytona nicht gefällt, bezweifle ich die Richtigkeit ihres Erwerbs, auch wenn es sich bestimmt um eine solide Uhr punkto Werterhalt handelt. Genauso verstehe ich einen Oldtimersammler, der mit einem Porsche 356 nichts anfangen kann, obschon es sich um ein begehrtes Sammlerfahrzeug handelt.
Eine kleine Erfolgsformel für Investoren existiert aber: Mythos und Erfolgsgeschichte der Marke plus Nachvollziehbarkeit der Geschichte, Originalität und Pflegezustand sowie Erhaltungsmöglichkeit der Technik. Ein Fiat Cinquecento kann durchaus 30 000 Franken kosten, wenn diese Kriterien erfüllt sind, aber nur 5000 Franken wert sein, falls nicht.