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Widnau
11.01.2022
11.01.2022 16:08 Uhr

Mit Fackeln gegen Schutzmassnahmen

Bild: deutschlandfunkkultur.de
230 Teilnehmer protestierten am Montagabend in Widnau bei einem Lichterumzug mit Fackeln, Laternen und Lampionen gegen Coronaschutzmassnahmen.

Am Montag kursierte in Widnau und umliegenden Gemeinden ein Flugblatt. Dieses wies auf einen am Abend stattfindenden «Lichterumzug» hin. Mit der Teilnahme an diesem Umzug sollte gegen Coronamassnahmen protestiert werden. Wer der Veranstalter ist? Unbekannt. Ob eine Bewilligung für eine Demo vorlag? Eine solche war nicht beantragt worden. Bei der Gemeinde Widnau wusste man über diesen Lichterumzug Bescheid, da sich die Aktion dann aber eher als ein Laternele-Umzug für Erwachsene entpuppte, liess man wohl die Sache laufen.

Freiheit, Frieden und Liebe

Die Initianten jedenfalls gaben auf ihrem Flugblatt an, man solle für «Freiheit, Frieden und Liebe» eintreten. Da kann im Prinzip ja niemand dagegen sein. Nur, was haben diese drei Prinzipien mit Coronaschutzmassnahmen zu tun? Und genau gegen diese richtete sich dieser Fackelumzug. Vorallem gegen die Maskenpflicht für Primarschüler ab der vierten Klasse.

Unabhängig von Widnauer Elterngruppe

Wie zu erfahren war, soll dieses «Happening» aber unabhängig von der Elterngruppe sein, die jüngst in Widnau gegen diese Primarschülermaskenpflicht aufbegehrt hat. Unter den rund 230 Teilnehmern waren denn auch nicht nur Widnauer, sondern viele der an jeder dieser Veranstaltungen auftauchenden Schutzmassnahmengegner, Impfgegner und Hobbydemonstranten.

Der Kommentar zur Zeit:

Liebe Leute, echt jetzt? Die Schweiz zählt international zu den Ländern mit den geringsten Schutzmassnahmen. Nur ein einziger Lockdown eingangs der Pandemie. Wir sind vergleichsweise gut und mit soften Massnahmen durch diese zermürbende Coronazeit gekommen.

Und jetzt, wo dank einer bevorstehenden Durchseuchung der Bevölkerung durch die Coronavariante Omikron nach übereinstimmender internationaler Expertenmeinung in einigen Monaten der Übergang von einer Pandemie zu endemischen Einzellagen bevorsteht, jetzt, wo in der Schweiz immer noch Grossveranstaltungen mit 13´000 Besuchern (Adelboden) durchgeführt werden, genau jetzt wird mit «Fackel- und Lichterumzügen» gegen die bei uns bestehenden lauen Massnahmen demonstriert?

Gegen Schutzmassnahmen, die in Wahrheit nicht mehr der prinzipiellen Ansteckung des Einzelnen entgegenwirken sollen, sondern «nur mehr» einer explosionsartigen Verbreitung von Omikron und damit dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems und der kritischen Infrastruktur Einhalt gebieten sollen. Genauer gesagt: die «Durchseuchung» durch Omikron soll über mehrere Monate verteilt erfolgen.

Ja, ich weiss, ich gehöre einer Generation an, die noch von den Erzählungen ihrer Väter und Grossväter von den Schrecken der Naziherrschaft samt Krieg und Judenvernichtung geprägt ist. Gegen die wirklichen Probleme, die die Menschen in dieser traurigen Zeit Mitte des vorigen Jahrhunderts hatten, ist das zeitlich begrenzte Tragen eines Stofflappens im Gesicht oder die Zugangsbeschränkungen etwa zur Gastronomie doch in Wahrheit ein NICHTS.

Und genau diese Vereinigung von Mördern, Räubern, Dieben und Kriegstreibern, die sich Nationalsozialisten genannt haben, hat auch den «Fackel- oder Lichterumzug» als Mittel der Propaganda erfunden. Nein, nichts liegt mit ferner, als die offensichtlich besorgten Menschen, die da gestern Abend in Widnau mit Fackeln und Laternele in grosser Gemeinschaft durch die Gegend gestapft sind, in die Nähe des faschistischen Denkens und Agitierens zu stellen.

Aber es muss in der heutigen, aufgeklärten Welt doch andere Mittel geben, um die Aufmerksamkeit der Mitmenschen auf die eigenen, persönlich-subjektiv berechtigten Anliegen zu lenken.

Für Freiheit, Frieden und Liebe. Und nicht für Fackeln, Querdenker, Trychler und andere Rechtsaussenassoziationen.

Und über all dem sollten wir die wahren Grössenverhältnisse im Auge behalten. Denn die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hat sich impfen lassen und akzeptiert die vorgeschriebenen Schutzmassnahmen. Die «Spaziergänger» sind eine sehr kleine, aber lautstarke Minderheit. Bleiben wir also gelassen.

Meine Meinung - und Ihre?

Dr. Gerhard M. Huber, Chefredaktor rheintal24.ch

 

rheintal24/gmh/uh
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