Dieser Text, der sich an einen Impfaufruf des Spiegel-Kolumnisten Sascha Lobo anlehnt, ist für alle Leute, die noch ungeimpft sind. Aber nicht für die Unbelehrbaren, die harten Impfgegner. Sondern für Menschen, die aus verschiedenen Gründen vielleicht noch im Zweifel sind, ob und warum sie sich impfen lassen sollen. Und für meine einzige Tochter, eine vernünftige junge Frau, Mutter und Lehrerin, die sich ebenfalls noch nicht immunisieren hat lassen und um deren Gesundheit meine Frau und ich darum fürchten.
Von der Logik, sich impfen zu lassen
Absolute Mehrheit der seriösen Fachleute
Dieser Artikel folgt der absoluten Mehrheit der seriösen Fachleute und den inzwischen nach milliardenfach erfolgter Impfung erhobenen und wissenschaftlich ausgewerteten empirischen Daten. Die nachstehend jeweils angegebenen Links, die die gemachten Aussagen mit seriösen Quellen untermauern, habe ich von Sascha Lobo übernommen.
Unsere Welt, unser Alltag, unser Leben ist in Coronazeiten noch komplizierter geworden. Eine grosse Unsicherheit und Furcht vor dem Unbekannten hat viele Menschen erfasst. Die meisten Leute sind irgendwo und irgendwie unsicher. Das ist in normalen Zeiten normal und richtet keinen grossen Schaden an.
Aber mitten in der grössten weltweiten Pandemie muss man etwas gegen seine Unsicherheit tun. Damit wir aus dieser für alle nervigen Situation auch wieder herausfinden. Und der in Rekordtempo, aber nicht ungeprüft (dazu später) auf den Markt gekommene Impfstoff ist der Weg aus dieser Pandemie. Was derzeit Spanien und Portugal, wo sich mehr als 80 Prozent der Leute impfen haben lassen, jetzt vorleben.
Warum Lügen verbreiten?
Die wichtigsten persönlichen Gründe, warum sich normale, keineswegs radikale, Leute bisher nicht impfen haben lassen, sind inzwischen sehr gut erforscht. Und es ist auch gut erklärbar, warum so viele Menschen Lügen über die Impfung verbreiten. Vielleicht sind Sie ja auch einer solchen Lüge aufgesessen, haben einem der verwirrenden und bedrohlichen Gerüchte in den social medias geglaubt.
Wie Sascha Lobo in seiner Kolumne richtig erklärt, ist es immer wichtig, die Quelle eines Textes zu kennen. Wer hat ihn geschrieben? Mein Name ist Gerhard Huber, ich bin weder Virologe noch Arzt, sondern Jurist. Seit gut zehn Jahren arbeite ich als Journalist und Kolumnist. Als solcher ist es mein Job, zu recherchieren, komplizierte Informationen einzuordnen und so zu erklären, dass man sie leichter versteht. So siebe ich Nachrichten und Infos aus unzuverlässigen Quellen aus.
Warum sich impfen lassen?
Fangen wir doch mit der einfachsten aller Fragen an: Warum sollten Sie sich gegen Corona impfen lassen?
Darauf gibt es vier wissenschaftlich bewiesene Gründe:
- Es ist weniger wahrscheinlich, dass Sie krank werden.
- Sie bekommen viel weniger wahrscheinlich einen schweren Verlauf.
- Es ist viel, viel weniger wahrscheinlich, dass Sie an Corona sterben – nämlich 32-mal unwahrscheinlicher.
- Sie schützen andere Menschen, zum Beispiel, weil Sie im Zweifel kein Bett im Krankenhaus brauchen.
Denn inzwischen werden – auch bei uns in der Schweiz - wieder Operationen verschoben, weil so viele Coronapatienten im Krankenhaus sind. Zwar ist es – anders als in Deutschland und Österreich - noch nicht so weit, dass Menschen sterben müssen, weil sie nicht operiert werden können, doch was noch nicht ist, kann in Bälde sein.
Inzidenzen zeigen die Vorteile der Impfung
Eine Zahl aus dem deutschen Bundesland Sachsen, aus der man die Vorteile einer Impfung erkennen kann, sind die dortigen aktuellen Inzidenzen. So lag am 16.11.2021 die Inzidenz in Sachsen bei den Geimpften bei 64. Bei den Ungeimpften lag sie bei 1823, also fast dreissig Mal höher. Auch in der Schweiz sind derzeit dort die Inzidenzzahlen am höchsten, wo am wenigsten geimpft wurde. In der Ostschweiz vor allem in den beiden Appenzeller Halbkantonen.
Warum haben sich die Menschen nicht impfen lassen?
Diesen Herbst wurden bei einer Umfrage über 3000 Leute in Deutschland gefragt, warum sie bisher nicht geimpft sind. Unter den häufigsten Antworten sind vielleicht auch Ihre persönlichen Gründe.
Auf Platz eins landete die Begründung, der Impfstoff sei nicht ausreichend erprobt, Platz zwei erreichte die Angst vor Nebenwirkungen und Platz drei die Angst vor Langzeitfolgen. Schauen wir uns doch die Begründungen für die bisherigen Impfverweigerungen genauer an.
Ist der Impfstoff ausreichend erprobt? Eindeutig ja. Inzwischen sind weltweit 3,2 Milliarden Leute vollständig geimpft. Es gibt eigentlich keinen Impfstoff, der schneller und intensiver bei mehr Menschen geimpft und damit ja auch ständig erprobt wurde. Jetzt werden Sie einwenden, dass die sogenannten mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna völlig neu sind. Was aber nicht stimmt. Denn, was ich bis vor kurzem auch nicht wusste, diese Impfstoffe werden seit 1993 erforscht, also seit 28 Jahren. Seit Mitte der Neunzigerjahre werden sie Tieren gespritzt. Seit 2002, seit fast 20 Jahren, werden mRNA-Impfstoffe an Menschen getestet. mRNA ist also nicht neu.
mRNA verändert nicht das Erbgut
Und es heisst zwar »mRNA«, und diese Abkürzung hat mit dem Erbgut zu tun – aber die Impfung verändert nicht das Erbgut. Die Behauptung, dass die Impfung ein »Gen-Experiment« ist, die ist einfach falsch. Sie fragen sich, warum der Impfstoff gegen Corona so verdächtig schnell da war? Es gab 2012 schon mal einen nahen Verwandten des heutigen Coronavirus namens »MERS« – seitdem wird an Impfstoffen geforscht. Deshalb konnte die Wissenschaft jetzt so schnell reagieren. Und auch weil völlig neue, digitale Instrumente in der Forschung angewendet wurden. Die Digitalisierung macht fast alles schneller.
Was ist mit den Nebenwirkungen? Keine Frage, es kann bei der Impfung Nebenwirkungen geben. Und in früheren Zeiten wurde von Politik und pharmazeutischer Industrie nicht immer offen und ehrlich darüber gesprochen. Doch Hand aufs Herz: gerade bei den Coronaimpfungen wurden die Nebenwirkungen nicht verschwiegen, sondern intensiv erforscht und regelmäßig veröffentlicht. Und auch reagiert, als bekannt wurde, dass es bei den – in der Schweiz nicht gespritzten – Vektorimpfstoffen von AstraZeneca für jüngere Frauen die Gefahr einer Hirnschlagadertrombose gibt.
Wie eine sehr leichte Grippe
Aber meist besteht die Nebenwirkung einer mRNA-Impfung meist nur wie eine sehr leichte Grippe an. Zu den schlimmsten Nebenwirkungen gehören bei den meistverwendeten Impfstoffen von Biontech und Moderna Herzmuskelentzündungen. Aber die sind wie alle schwereren Nebenwirkungen bei der Coronaimpfung wirklich sehr selten. In den USA wurden von einer Krankenkasse zwei Millionen Versicherte untersucht: Auf 100.000 Geimpfte kamen 2,8 Menschen mit Herzmuskelentzündungen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist also kleiner, als aus einem Bündel Jasskarten dreimal hintereinander zufällig die exakt gleiche Karte zu ziehen. Und das Wichtigste: Alle Erkrankten haben überlebt.
Die Wahrscheinlichkeit, durch eine Covid-19-Infektion eine Herzmuskelentzündung zu bekommen, ist deutlich höher.
Schlaganfälle und Hirnblutungen
Corona, also Covid-19 ist spätestens mit der Delta-Variante auch für junge Menschen eine richtig gefährliche, nicht mit der Grippe zu vergleichende Krankheit geworden. Eine Krankheit, die zu Schlaganfällen und Hirnblutungen, zu dauerhaften Lungenschäden, zu monatelangen Schwächezuständen, zu Herzkrankheiten und natürlich auch zum Tod führen kann. Von den Leuten, die wegen Corona beatmet werden müssen, sterben ungefähr die Hälfte.
Wie der deutsche Infektiologe Christian Drosten schon im Sommer gesagt hat, stehen die Menschen jetzt in Wahrheit nur vor einer einzigen Wahlmöglichkeit: Entweder man lässt sich impfen oder man infiziert sich. Bloss lässt sich nicht abschätzen, wie die eigene Corona-Erkrankung verläuft. Natürlich kann sie mild verlaufen – aber sie kann auch schlimm ausgehen. Und womöglich steckt man wiederum andere an, die vielleicht sehr krank werden oder sterben.
Langzeitfolgen? Gibt es nicht.
Und was ist mit den Langzeitfolgen? Gar nichts. Denn wissenschaftlich betrachtet bedeutet Langzeit nämlich ein paar Tage bis maximal Wochen. Wirkungen und Nebenwirkungen einer Impfung zeigen sich schnell nach dem Pieks. Es gibt bisher keinen verifizierten Fall bei irgendeiner Impfung, wo ein paar Jahre später plötzlich irgendwelche überraschenden neuen Folgen aufgetreten sind.
Man kann sich das ungefähr vorstellen wie einen Stein, den man ins Wasser wirft. Natürlich gibt es Folgen, die Wellen. Aber es ist Quatsch, nach zwei Jahren noch mal zu schauen, ob durch den Steinwurf ins Wasser vielleicht nicht doch irgendetwas anderes passiert ist. Leider gibt es viele Gerüchte und Lügen zu Nebenwirkungen und Langzeitfolgen. Zum Beispiel, dass die Impfung impotent oder unfruchtbar macht. Das ist einfach falsch, es gibt keine seriöse Untersuchung, die das bestätigt. Im Gegenteil haben schon unglaublich viele geimpfte Menschen Kinder gezeugt und zur Welt gebracht.
Und das ist des Pudels Kern
Dann kommen wir jetzt zu des Pudels Kern. Zur Frage, warum es so viele Unwahrheiten und Lügen über die Impfung gibt, die von den Impfgegner weiterverbreitet werden. Erlauben Sie mir, hier der Einfachheit halber wieder Sascha Lobo zu zitieren:
„Es gibt eine häufige Verhaltensweise bei Menschen namens »Versunkene-Kosten-Falle«, die die vielen Unwahrheiten in sozialen Medien erklärt. Je länger die Pandemie wütet, desto deutlicher merken erbitterte Impfgegner, wie unklug es war, sich nicht impfen zu lassen und der ganzen Welt davon lautstark zu erzählen. Es wird auch immer unangenehmer.
Deshalb suchen sie verzweifelt nach irgendwelchen Gründen, warum ihr Verhalten doch richtig war: »Schau, ich hatte doch recht!« Um sich nicht zu korrigieren und für ihren Fehler schämen zu müssen, ist ihnen in ihrer Verzweiflung jede an den Haaren herbeigezogene Begründung recht. Das ist die Versunkene-Kosten-Falle: »Ich habe da schon so viel Energie reingesteckt, das hat mich schon so viele Freunde gekostet und mich so oft doof dastehen lassen, das darf einfach nicht falsch sein!« Fallen Sie nicht auf Leute rein, die Ihnen aus Egoismus Lügen auftischen.“
Kuhglockenträger und pensionierte Anwaltssekretärinnen
Glauben Sie den empirisch erhobenen Zahlen und der Wissenschaft und nicht den Märchen, die Ihnen Kuhglockenträger, pensionierte Anwaltssekretärinnen oder irgendwelche Pseudoärzte aus den tiefen Wäldern Kanadas präsentieren. Glauben Sie an sich selbst und Ihren gesunden Menschenverstand.
Sprechen Sie stattdessen mit Leuten, die sich bereits haben impfen lassen. Sprechen Sie mit Bekannten, die unter Corona gelitten haben oder mit ihrer Hausärztin, die Sie auch impfen kann. Und lassen Sie sich um Gottes Willen impfen.
Meine Meinung - und Ihre?
Dr.Gerhard M. Huber, Chefredaktor rheintal24.ch