Dominik Fässler ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, wo sein Vater Truten züchtete. «Ich habe mir dann als Viertklässler ein paar Hühner gewünscht und auch bekommen. Und auch gleich ein paar Wachteln dazu.» Fässler war schon als kleines Kind ein Vogelfreund. Eine Gans, von der sein Vater dachte, sie überlebe nicht, hat er als vierjähriger Knirps gefüttert und gross gezogen. «Diese Gans war wie ein Hund, hat mich auf Schritt und Tritt verfolgt, ist auf meinen Knien gesessen und stolze 26 Jahre alt geworden. Man glaubt gar nicht, wie intelligent diese Tiere sind, die schnell und viel lernen».
Wachteln, Nudeln und Eierlikör
Nachbarschaft mit Eiern und Braten beliefert
Als junger Wachtel-, Küngel- und Hühnerhalter ist er dem Ornithologischen Verein und dem «Appenzeller Huhn Klub» beigetreten. In seiner Teenagerzeit, als die Kollegen eher sinnfreien Freizeitbeschäftigungen nachgingen, hat Fässler bei seinen Tieren immer Verantwortung gezeigt. Hat die ganze Nachbarschaft mit frischen Hühnereiern und vor Weihnachten mit Küngelbraten und Poulets beliefert. Hatte schon mit neun Jahren aufgeschrieben, wieviel Futter er für seine Tiere braucht und wieviel er zum Taschengeld dazuverdienen kann.
Mit 31 Jahren war dann alles anders. Dominik Fässler wechselte in die Finanzbranche, hatte geheiratet und vier kleine Buben tobten durch sein Haus. So vergingen einige Jahre. Doch einmal Wachteln, immer Wachteln. Und so kam er über einen Kollegen vor etwa vier Jahren wieder auf die Idee, ein Wachtelfarmprojekt aufzugleisen. Der Kollege ist nach einigen Wochen wieder ausgestiegen. Und Dominik Fässler machte gerade das eidgenössische Diplom als Finanzberater. Ein Verkauf des Projekts wäre eigentlich angezeigt gewesen.
Passionierter Wachtel- und Hühnerfreund
Doch sein Vater erbot sich, stundenweise mitzuhelfen. Und so kam es, wie es für den passionierten Wachtel- und Hühnerfreund kommen musste. Morgens und abends im Stall, daneben die Diplomprüfung, die Finanzberatung, Familie und tausend Ideen im Kopf.
Was mit fünfhundert Wachteln losging, wuchs wie eine Lawine an. Nach einem halben Jahr tummelten sich schon dreitausend der kleinen Hühnervögel in den Gehegen, mit denen sich Fässler auf einem kleinen Bauernhof an der Strasse von Appenzell in Richtung Oberriet eingemietet hat.
Kein gewöhnlicher Eierlikör
«Da hast du auf einmal einen Haufen Eier, die nicht immer verkauft werden können», denkt Dominik Fässler an diese Zeit zurück, «da habe ich angefangen, Produkte zu kreieren und aus den Wachteleiern zu erzeugen. Angefangen haben wir mit Eierlikör.» Doch es durfte keine «gewöhnlicher» Eierlikör sein. «Nicht das, was es sowieso schon gibt.» Also kein Likör mit Cognac oder Kirschbrand als Basis. Dafür mit Wodka oder Obstbrand. Und immer wieder wurden die Kunden und Kollegen gefragt, ob es denn schmecke oder ob man was verbessern könne.
So wurde oft morgens um drei Uhr aufgestanden, gepröbelt und an den Rezepten gefeilt. So entstanden viele Sorten. Mit Orangengeschmack. Oder giftig pink aussehend. Ein Limette-Pfefferminz-Eierlikör, der eine grüne Farbe hat war auch dabei. Und Eierlikör mit Whisky, Wermuthkraut oder Absinth. Zum Eierlikör bietet Fässler natürlich auch Wachtelfleisch an. «Mein Vater war manchmal sehr skeptisch. Vor allem beim pinkfarbenen Likör. So nach dem Motto, den kannst Du selber trinken, den kauft doch niemand. Aber als er mich bei einem Markt am Verkaufsstand nach einigen Stunden ablösen sollte, waren schon alle Flaschen weg.» Kein Wunder, denn die mit einem selbst entworfenen Etikett geschmückten Flaschen schauen auch noch gut aus.
Teigwaren aus Wachteleiern
«Nach den Likören haben wir mit den Teigwaren angefangen. Eierteigwaren aus Wachteleiern. Aus Urdinkelmehl», erzählt ein von seiner Arbeit begeisterter Dominik Fässler, «Ein Jahr lang haben wir jede Woche einen neuen Artikel ins Sortiment aufgenommen. Da waren dann sogar Schaumköpfe aus Wachteleiern dabei.» So entstanden über vierzig verschiedene Nudelkreationen. Mit Tomaten oder Basilikumgeschmack. Mit Mohn oder Safran, Steinpilzen, Bergkräutern oder Aronia. Und, und, und… Auf diese Weise konnte die gesamte Überproduktion verwertet werden.
«September bis März gibt es immer viele Eier. Im März lasse ich dann immer Eier ausbrüten und verkaufe dann Lebendwachteln an andere Firmen.» Dazu werden immer neue Produkte erfunden und angeboten. Lebkuchen zu Weihnachten. Oder Wachteleierkapseln gegen Heuschnupfen und Allergien, die bei 60 Prozent der Leute wirken sollen. Rund vierzig Prozent würden tatsächlich symptomfrei. Oder die sensationell gute Wachtelfleisch-Bolognese-Sauce.
Mit Brucheiern gefütterte Säueli
Da die Nachfrage gestiegen ist, werden viele Vögel ausgebrütet, legen aber zunächst zu kleine Eier. Deshalb hält die Familie Fässler jetzt auch noch einige Säueli, die mit Brucheiern und diesen kleinen Eiern gefüttert werden, ohne alle Futterzusätze oder Chemikalien aufwachsen und zwei bis drei Monate älter als Zuchtsauen werden dürfen. «Die Koteletts von unseren Schweinen haben nach dem Grillen noch dieselbe Grösse wie vorher. Schnell gewachsenes Fleisch hat eben zu viel Wasser. Und beim langsam gewachsenen Fleisch ist das Fett auch bei Schweinen im Fleisch drin, keine Schwarte rundherum, sondern schön marmoriert.»
Der Geschmack von Wachtelfleisch unterscheidet sich wesentlich vom normalen Hühnerfleisch. «Wir haben bei einer Blindverkostung Qualitäts-Güggeli-Fleisch mit Wachtelfleisch verglichen. Beides ungewürzt. Da hat man die Wachtel sofort herausgeschmeckt, ganz fein leicht salzig und pfeffrig.»
Wo kann man die Produkte der Appenzeller Wachtelfarm kaufen? In den Appenzeller Landi-Läden, in einigen Käsläden, Bäckereien und Dorfläden. Aus der Region für die Region. Aber nicht verzagen, ein Internet-Shop ist im Aufbau.