Eigentlich verwunderlich, dass unter den Gästen im Diogenestheater kein politischer Vertreter aus St.Margrethen zu sehen war. Wurde doch von Mike Müller, bekannt, ja schweizweit berühmt aus der Satiresendung Giacobbo/Müller und als «Der Bestatter», die Komödie «Gemeindeversammlung» gegeben. Eine Komödie, in der der fleissige Besucher von Bürgerversammlungen viele Stereotype wiedererkennen konnte.
«Der Bestatter» als Gemeindepräsident
Dritter Soloabend von Mike Müller
Nach «Elternabend» und «Truppenbesuch» zeigt Mike Müller seinen dritten Soloabend. «Heute Gemeindeversammlung» ist nicht mehr Dokumentartheater mit Originalzitaten und Videos, sondern die reine Fiktion des Politikbetriebes auf der kleinsten Flamme, der Gemeindepolitik. Hier wird die Suppe heisser gegessen, als sie gekocht wurde.
Neben den üblichen Geschäften um Schulkommission, Einbürgerung oder Bauprojekten geht es um die Fusion mit einer Nachbargemeinde. Bleibt man selbständig oder will man Kosten sparen? Es gibt viele Voten, einen zunehmend aufgebrachten Gemeindepräsidenten und eine Gemeindeversammlung, die aus dem Ruder läuft – alle Rollen gespielt von Mike Müller.
Änderung der Traktandenabfolge
Wie etwa der unangefochtene vieljährige Dorfchef und Gemeindepräsident Raoul Furler, der nach eigener Ansicht souverän durch die Versammlung führte, je nach Lust und Laune die Abfolge der Traktanden änderte und bei Widerworten sowohl seine politischen Gegner als auch die eigenen Bediensteten abkanzelte.
Da war mit dem Herrn Habegger auch der typische Störenfried im Publikum zugegen. Der Pseudoquerulant, der alles hinterfragt und unangenehme Wahrheit aufdeckt. Unangenehme Wahrheiten, die der Gemeindechef freilich mit Verweisen darauf, dass Habegger ja ein Zugezogener sei, niederzumachen versucht.
Auf der Bühne eine Urgewalt
Alle Rollen wurden, wie schon erwähnt, natürlich nur von Mike Müller selbst verkörpert. Wie auch der still-scheue Schulkommissionspräsident, der sich nicht laut zu reden traut. Oder die Finanzchefin, die mit zahllosen Flipcharts um sich wirft. Oder der Gemeindeschreiber, der von seinem Chef sogar geoutet wird, als er auf die Einhaltung der Statuten drängt.
Mike Müller ist auf der Bühne eine Urgewalt. Ein in jeder Hinsicht «mächtiger» Mann. Stimmgewaltig und mit einer unbändigen Energie stampft er durch die wenigen Requisiten, kommt immer wieder ins Publikum, um den Herr Habegger seine Fragen stellen zu lassen, bindet die anwesende Fotoreporterin von rheintal24.ch gleich in sein Bühnenspiel ein.
Müller schnauft, schwitzt und brüllt, findet auch die leisen Töne. Köstlich der running gag mit der ach so gerne zu rauchenden Zigarette und dem nicht funktionierenden Feuerzeug. Wieso der Herr Gemeindepräsident am Ende dieser Gemeindeversammlung nicht mehr Herr seines Amtes ist? Wird nicht verraten, denn vielleicht bietet sich unseren Lesern noch die Chance, in den nächsten Monaten selbst in einem der Kleinkunsthäuser der Region diese Aufführung zu sehen.
Abschluss des Rheintaler Comedy-Marathons
Diese Woche war ein Festessen für alle Freunde der gepflegten Comedy, der gepflegten Komödie. Drei Schweizer Stars der Szene beglückten mit ihren Auftritten das Rheintal. Am Mittwoch machte Frank Richter im Madlen mit seiner manchmal melancholischen Brachialkomik den Anfang. Im Metropol folgte am Mittwoch mit Renato Kaiser der letztjährige Gewinner des Salzburger Stiers. Und Donnerstag, Freitag und Samstag riss Mike Müller im Diogenestheater das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Das Resume dieser Woche: die Kleinkunst lebt!