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Kanton
24.04.2021

Gemeinsame Anstrengungen gegen das Tierleid

Die Stacheldrahtzäune werden zum Grossteil verschwinden
Die Stacheldrahtzäune werden zum Grossteil verschwinden Bild: kreisbote.de
Der Kantonsrat hat den Gegenvorschlag zur Initiative «Stopp dem Tierleid – gegen Zäune als Todesfallen für Wildtiere» gutgeheissen. Die Initianten haben daher ihre Initiative zurückgezogen. Alles Beteiligten wollen gemeinsame Anstrengungen unternehmen.

Der St.Galler Kantonsrat hat am 20. April den Gegenvorschlag der Regierung mit einigen Anpassungen und Konkretisierungen in zweiter Lesung gutgeheissen. Die im Nachgang zur ersten Lesung erarbeitete Kompromisslösung fand dabei breite Zustimmung. Seitens der Initianten wurde die Initiative offiziell zurückgezogen, so dass nach ungenutztem Ablauf der anstehenden Referendumsfrist die entsprechenden Gesetzesänderungen in Kraft treten können. Alle Beteiligten haben in folgendem gemeinsamen Communiqué ihre Bereitschaft betont, die Umsetzung des Gegenvorschlags mit gemeinsamer Anstrengung flächendeckend sicherzustellen.

Tierschutzanliegen grundsätzlich unbestritten

Die grundsätzliche Stossrichtung der Initianten, unnötiges Tierleid zu verhindern, wurde von Beginn weg breit mitgetragen. Im Zentrum der politischen Diskussion standen vor allem die Verhältnismässigkeit der vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen sowie die sachgerechte Umsetzung der geforderten Massnahmen. Im nun beschlossenen Kompromiss sehen die Initianten wie die direkt betroffene Land und Alpwirtschaft eine sachgerechte und praktikable Lösung. Mit dem vorliegenden gemeinsamen Communiqué wollen die beiden Interessengruppen diese gemeinsame Ausrichtung unterstreichen, die
sich auf den betrieblichen Alltag wie auch auf den Rückbau nicht mehr benötigter Zäune ausrichtet.

Bei Regierungsrat Beat Tinner laufen die Fäden zusammen Bild: Ulrike Huber

Kanton will aktiv Zeichen setzen

Regierungsrat Beat Tinner hat mehrfach unterstrichen, dass sich auch der Kanton selbst aktiv für die Umsetzung des nun verabschiedeten Gegenvorschlags einbringen wird. Diesem Statement kommt spezielle Bedeutung zu, da mit dem Kantonsforstamt, dem kantonalen Landwirtschaftsamt und dem Amt für Natur, Jagd und Fischerei alle drei grünen Ämter im Volkswirtschaftsdepartement direkt Regierungsrat Tinner unterstellt sind. Dem Rückbau der immer noch sehr zahlreich – auch in den Wäldern – herumliegenden, oft stark eingewachsenen Stacheldrähten will Regierungsrat Tinner seitens des Kantons besondere Beachtung schenken.

Gegenseitige Unterstützung zugesichert

Allen Beteiligten ist klar, dass insbesondere der Rückbau von nicht mehr genutzten Zäunen und Stacheldrähten eine sehr grosse Aufgabe darstellt. Seitens der Initianten aus der Jägerschaft und den Naturschutzorganisationen wurde bereits bei Beginn der Diskussion angeboten, die Land- und Forstwirtschaft beim Rückbau der Zäune zu unterstützen. Dieses Angebot erneuern die Initianten in ihrem Rückzugsschreiben an die Regierung erneut. Denn wenn die Übergangsfrist von 4 Jahren eingehalten werden soll, dann ist gemeinsames Anpacken zwingend. Vor diesem Hintergrund wird das klare Signal aus dem Volkswirtschaftsdepartement ausdrücklich begrüsst.

Die Hirsche können wieder fröhlich röhren, die Stacheldrahtgefahr wird geringer Bild: pronatura-lu.ch

Nach den emotionalen Auseinandersetzungen rund um die «Stopp Tierleid Initiative» dokumentiert der gefundene und nun auch verabschiedete Kompromiss, dass eine der Sache verpflichtete Politik trotz zunehmender Polarisierung im politischen Alltag noch möglich ist. Dieses Signal wollen alle Beteiligten nun in die Phase der Umsetzung überführen. Die anvisierten Ziele im Dienst des Tierwohls werden nur erreicht, wenn gemeinsames, gegenseitig unterstützendes Engagement aktiv gelebt wird.

Gemeinsames Communiqué des Initiativkomitees, des St.Galler Bauernverbandes und des Volkswirtschaftsdepartements zur Verabschiedung des Gegenvorschlags zur Gesetzes-Initiative «Stopp dem Tierleid – gegen Zäune als Todesfallen für Wildtiere»

Statements

Regierungsrat Beat Tinner, Vorsteher Volkswirtschaftsdepartement
«Für den entscheidenden Punkt des Gegenvorschlags zur Tierleid-Initiative wurde ein sinnvoller Konsens
gefunden: das mit Ausnahme von Rindviehweiden in Sömmerungsgebieten und bestimmten Einzelobjekten
kantonsweit geltende Stacheldrahtverbot. Die Einführung der 8-Tages-Frist für den Aufoder
Abbau von mobilen Zäunen, die noch nicht oder nicht mehr gebraucht werden, ist eine weitere
griffige Regelung, um der Kernanforderung der Initiative in angemessener Art und Weise Rechnung zu
tragen. Gemeinsam mit Landwirten und Grundeigentümern können wir nun nicht mehr benötigte Stacheldrähte
zeitnah zurückbauen und einen Mehrwert für Mensch, Tier und Umwelt schaffen.»


Peter Weigelt, Co-Präsident des Initiativkomitees
«Mit unserem Anliegen gegen unnötiges Tierleid, den traurigen Bildern und der breiten Unterstützung in der Bevölkerung hatten wir keine Angst vor einer Volksabstimmung. Dennoch haben wir einem Kompromissvorschlag zugestimmt, der unsere Ziele weitgehend, aber nicht absolut erfüllt. Dies aus Überzeugung, denn wir haben unsere Initiative nicht als PR-Aktion lanciert, sondern um ein Problem zu lösen. Wir wollen nicht Sieger sein, sondern Problemlöser. Und eine solche Lösung setzt voraus, dass sie auch akzeptiert wird. Daher bringt dieser Kompromiss, der von allen mitgetragen wird, mehr, als wenn wir unsere Ziele gegen die Anderen durchgeboxt hätten. Denn ohne Akzeptanz ist jede Regelung zum Scheitern verurteilt, gerade wenn diese oft abseits der Öffentlichkeit greifen muss.»

Andreas Widmer, Geschäftsführer St.Galler Bauernverband
«Der vom Kantonsrat beschlossene Gegenvorschlag ist aus Sicht der Tierhalter eine deutliche Verbesserung gegenüber der Initiative. Das flächendeckende Stacheldrahtverbot ist vom Tisch, die Sicherheit der Nutztiere auf den Alpen kann weiterhin gewährleistet werden. Zudem ist der Einsatz der Weidenetze klarer definiert. Die neuen gesetzlichen Grundlagen bringen für die Land- und Alpwirtschaft einen höheren Ressourcenaufwand. Trotzdem werden die Tierhalter im Kanton St.Gallen weiterhin ihren Beitrag für eine gemeinsame Nutzung des Lebensraumes leisten. Nicht nur die natürliche Koexistenz von Nutz- und Wildtieren ist den Bäuerinnen und Bauern ein Anliegen, sondern auch die einvernehmliche Nutzung des Lebensraumen durch die verschiedenen Akteure.»

pd/gmh/uh
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