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Wirtschaft
09.04.2021

Baubranche: «Es ist eine gefährliche Situation»

Tina Gautschi von der Gautschi AG: «Margen in den Minusbereich sinken«»
Tina Gautschi von der Gautschi AG: «Margen in den Minusbereich sinken«» Bild: Bodo Rüedi
Die Baubranche im Rheintal kämpft derzeit mit knappem Bauland, langen Bewilligungsverfahren, steigenden Rohstoffpreisen und mangelhaften Lieferketten.

Spätestens seit Jahresbeginn 2021 stiegen die Beschaffungskosten vieler wesentlicher Baustoffe dynamisch an. Im ersten Quartal allein haben sich die Preise für Betonstahl um etwa 30 bis 40 Prozent erhöht. Vergleichbare Entwicklungen mit zweistelligen Zuwachsraten zeigen sich u.a. auch bei Holz- und Dämmstoffprodukten sowie Erdölderivaten (Bitumen etc.). Zusätzlich zu den Preissteigerungen kündigten zuletzt viele Bauausstatter und Baustoffproduzenten eingeschränkte Verfügbarkeiten und unsichere Lieferfristen bei wesentlichen Baumaterialien an.

Internationale Lieferketten gestört

Die Gründe sind vielfältig: Zum einen sind die internationalen Lieferketten gestört. So herrscht gerade bei Elektronik-Chips derzeit ein grober Mangel auf dem internationalen Markt. Was zum Beispiel auch die Haushaltsgerätehersteller trifft. Denn weder Herd noch Waschmaschine, weder Kochplatten noch Gefrierschränke kommen ohne elektronische Steuerungselemente aus. Was wiederum die Wohnungsbauer zur Zeit spüren. «Da sucht sich ein  Kunde in der Küchenausstellung ein spezielles Gerät aus und sechs, sieben Monate danach müssen wir feststellen, dass es schlicht nicht lieferbar ist», gibt Mario Liechti vom Architektur- und Immobilienbüro S+L in Widnau ein Beispiel.  

Dazu kommen LKW-Staus durch coronabedingte Grenzkontrollen und überlastete Testcenter an den Grenzen, Engpässe bei Verpackungsmaterial und Paletten, Ausfälle beim Rohstoffeinkauf auf den internationalen Märkten oder fehlende Kapazitäten bei Seecontainern, um nur einige zu nennen. Was natürlich auch Verknappungen bei den Rohstoffen führt. Ein Teufelskreis.

Tina Gautschi sieht die Situation kritisch

Trotz voller Auftragsbücher sieht sich die heimische Branche genau mit diesen Problemen konfrontiert. «Bei den Baustoff-Lieferanten gehen ständig die Preise hinauf», informiert Tina Gautschi vom Bauunternehmen Gautschi AG aus St.Margrethen. «Prozentzuschläge wegen Corona, und dann noch die ohnehin besonders volatilen Rohstoffpreise für Stahl und Zement, erschweren die Kalkulation. Daneben sind aber unsere Baupreise im Keller. Denn vom Herbst bis in den Februar hinein gab es ein Auftragsloch. Da mussten wir unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit beschäftigen. Jetzt hat auf einmal jeder das Gefühl, er müsse bauen.»

Trotz der momentan also guten Auftragslage herrsche ein massiver Druck auf der Branche, denn tatsächlich ist der Marktpreis im Hochbau seit letzten Sommer um 19 Prozent gefallen. Denn viele grosse Bauunternehmer kauften Aufträge, um Vollbeschäftigung generieren zu können. Tina Gautschi: «Als Effekt der tiefen Preise in Verbindung mit den höheren Gestehungskosten ergibt sich, dass die Margen in den Minusbereich sinken. Eine gefährliche Situation.»

Lange und unberechenbare Dauer

Aber es gibt auch hausgemachte Schwierigkeiten, die der Baubranche schaden. So verweisen Tina Gautschi und Mario Liechti unisono auf die zu lange und unberechenbare Dauer der Baubewilligungsverfahren. Gautschi: «Die Baueingaben und –verfahren sind allgemein zu kompliziert und es dauert zu lange bis zur Baubewilligung. Für den Bauherren ist das ein Riesenhindernis. Aber genauso auch für uns als Bauunternehmen. Denn die ganze Gruppe wartet auf den Auftrag. Das ist in der Planung kaum mehr zu organisieren. Es gibt einfach zu viele baugesetzliche Auflagen und Vorgaben. Und das in einer Zeit, in der man sagen müsste, dass der Staat eigentlich Gas geben müsste und nicht Industrie und Bau im Regen stehen lassen sollte.»

Ein besonderes Problem im Rheintal stellt auch die Bodenknappheit dar, die zu Liegenschaftspreisen führt, die einen Eigentumserwerb wesentlich erschweren. «Was nichts mit Corona zu tun hat», sagt Mario Liechti, «das Bauland ist einfach knapp. Und der Wunsch nach einem Eigenheim oder einer grösseren Wohnung mit Aussenbereich als Attika oder im Erdgeschoss ist einfach gegeben. Ich nehme an, dass aufgrund Corona vielleicht die Finanzierung durch die Banken schwieriger wird, die ja die Lebenssituation der Bauwilligen genau anschauen. Da wird Kurzarbeit oder ein unsicherer Job dann auch zum Problem für die Finanzierung.»

gmh/uh
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