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Altstätten
25.03.2021
27.03.2021 10:17 Uhr

«Die Testwilligen sind die Leidtragenden»

Sternen-Apotheke in Altstätten: «Die Anfragen nach Schnelltests überfluten das bestehende Angebot»
Sternen-Apotheke in Altstätten: «Die Anfragen nach Schnelltests überfluten das bestehende Angebot» Bild: diesternenapotheke.ch
Wer im Rheintal ein Coronatestzeugnis braucht, sollte sich an Ärzte, Spital Altstätten oder an eine der drei Apotheken wenden, die Schnelltests anbieten. Dieses Angebot deckt nicht den aktuellen Bedarf. Schläft die Kantonsregierung?

Drei Apotheken sind es, die im Rheintal die Vornahme von Schnelltests mit Testzeugnis anbieten. Die Sternen-Apotheke in Altstätten, die Apotheke im Dorf in St.Margrethen und die Zentrum-Apotheke in Heerbrugg. Und alle drei Apotheken sind vollkommen ausgelastet und teilweise schon zwei bis drei Wochen, mindestens jedoch zwei Tage im Voraus ausgebucht. «Die Nachfrage ist sehr hoch und in den letzten Wochen noch spürbar gestiegen», so Dr. Simon Nicolussi von der Apotheke im Dorf, «Die Telefonleitungen glühen förmlich. Es waren gar technische Anpassungen nötig, sonst hätte das Telefon fast permanent geklingelt.»

«Spontanes Testen ist bei uns nicht möglich»

Wobei sich die Testwilligen bei allen drei Apotheken per Internet anmelden können. Dominik Schnell von der Altstätter Sternen-Apotheke muss allerdings relativieren: „Die Entlastung über das online-Tool ist jedoch nicht die erhoffte Lösung, da die Anfrage derart gross ist, dass wir online meistens 2-3 Wochen im Voraus ausgebucht sind. So kommen immer noch extrem viele Telefonate zu uns durch. Wir testen nun schon seit November. Von Beginn an sind wir täglich ausgebucht. Spontanes Testen ist bei uns nicht möglich.“

Mit Schnelltests sollen Infektionen erkannt und die Infektionsketten unterbrochen werden Bild: welt.de

In Heerbrugg und St.Margrethen ist man ebenfalls ausgelastet, die Wartezeiten sind aber nicht so hoch. «In einem Grenzkanton, wie in St. Gallen, überfluten die Anfragen der Grenzgänger das bestehende Angebot dermassen, dass Personen, die wirklich einen Test bräuchten, häufig keinen freien Termin mehr finden», so Dominik Schnell. Der Apotheker wundert sich über das Verhalten der Kantonsregierung. Angesprochen darauf, ob es nicht höchst an der Zeit wäre, für das Rheintal zwischen Thal und Rüthi eine «Teststrasse» einzurichten, wie es unsere Nachbarn in Vorarlberg zum Beispiel in einer Halle der Dornbirner Messe gemacht haben, berichtet er, dass man leider mit entsprechenden Vorstössen beim Gesundheitsdepartement auf Granit beisse.

Alle Kapazitäten sind ausgelastet

«Es wurden bereits mehrere Anläufe ausgeschlagen, das regionale Testangebot durch andere Anbieter (z.B. Zivilschutz, Testzentrum, ausgediente Ärzte und Pflegepersonen) auszuweiten und so der Bevölkerung eine unkomplizierte, spontane und professionelle Anlaufstelle für Tests anzubieten. Der Kanton war und ist weiterhin der Ansicht, man könne das komplette Angebot auf bereits bestehenden Strukturen wie Ärzte, Apotheken und Spitäler abstützen. Die Realität zeigt jedoch, dass alle ansässigen Kapazitäten ausgelastet sind. Wir müssen täglich mindestens 50 Personen absagen, da wir keine freien Termine mehr haben. Gleich tönt es aus anderen Apotheken und aus umliegenden Arztpraxen. Sogar aus dem Spital werden schon Personen zu uns weitergeleitet.»

Tatsächlich ist es für den Apotheker in Altstätten nur schwer verständlich, dass die vom Bundesrat in Bern verkündete Teststrategie einerseits «auf Biegen und Brechen eine Ausweitung des Testings fordert und verlangt, der Kanton andererseits aber keine Bestrebungen zum Ausbau eines dafür genügenden Angebotes zeigt.» Auch sein Berufskollege Dr. Simon Nicolussi aus St.Margrethen hält die Idee einer Teststrasse für richtig: «Allerdings wäre das nur realisierbar mit zusätzlichen personellen Ressourcen und Unterstützung betreffend Infrastruktur durch das Gesundheitsdepartement St. Gallen. Durch die aktuelle Testinitiative sind voll ausgelastet in der der Apotheke im Dorf.»

Die Vorgangsweise bei einem Schnelltest mit positivem Resultat ist überall dieselbe. Simon Nicolussi erklärt das Procedere: «Fällt ein SARS-CoV-2 Antigen-Schnelltest positiv aus, so erfährt dies die getestete Person innert weniger Minuten. Die Person wird über die nächsten Schritte der Isolation und Aufforderung zur Information des positiven Befunds von Familie, Mitmenschen, Arbeitgeber und Umfeld informiert. Zusätzlich wird ein zweiter Abstrich genommen für den PCR-Test, um das positive Testresultat durch ein externes Labor zu verifizieren.»

Der Kommentar zur Zeit:

Schon im Herbst haben wir an dieser Stelle gefordert, dass sich der Kanton rechtzeitig um die Einrichtung von Test- und Impfzentren für die rund 75´000 Einwohner im Wahlkreis Rheintal kümmern solle. Geschehen ist: nichts.

Inzwischen kann die Vorgehensweise sowohl des Bundes als auch des Kantons zur Eindämmung der Coronapandemie nur noch als systemisches Versagen von Politik und Gesundheitsämtern bezeichnet werden.

Denn auf der einen Seite eine grossangelegte Teststrategie zu verkünden, mit der die Infektionsketten unterbrochen werden sollen, auf der anderen Seite aber nicht für entsprechende Testmöglichkeiten zu sorgen, ist einfach Versagen.

Dass die Einrichtung von Test- und Impfstrassen, sozusagen der «Infrastruktur» einer Pandemiebekämpfung sowie die Beschaffung von Testmaterial, die Einschulung von entsprechendem Personal und vorausschauende Entscheide schon im letzten Sommer absolut und einfach realisierbar gewesen wären, zeigen uns unsere Nachbarn ennet des Rheins.

Wobei sie in Österreich ja auch zuwenig Impfstoff haben. Was auf die der Schweizer Vorgangsweise in dieser Frage gleichende katastrophal schlechte Beschaffungspolitik der EU zurückzuführen ist.

«Testen, testen, testen - impfen, impfen, impfen» - was aus dem Mund der Gesundheitspolitiker grossartig klingt, wird bei der Umsetzung der dazu notwendigen Massnahmen in unserer Region zum Dilettantismus in Reinkultur. Das haben die Rheintaler nicht verdient.

Es verwundert, dass sich nicht unsere Gemeindepräsident*innen zusammentun und - natürlich mit stillschweigender Duldung des eigentlich zuständigen St.Galler Gesundheitsamt - selbst zumindest eine «Teststrasse» einrichten oder organisieren. Von einer «Impfstrasse» wollen wir schon gar nicht reden. Solange die Impfstofflieferungen nur in homöopathischen Dosen in die Ostschweiz tröpfeln, brauchts noch keine Impfzentren. Aber solche werden ja für uns Rheintaler in St.Gallen und in Buchs eingerichtet...

Dr. Gerhard M. Huber, Chefredaktor rheintal24.ch

gmh/uh