«Wir sind ein kleines, aber feines Unternehmen, das breit aufgestellt ist», erzählt Betriebsleiter Markus Hutter, dem die Zufriedenheit und das Glück mit seinem Beruf anzusehen ist. Tatsächlich ist die Rheinobst Genossenschaft in Au, die nächstes Jahr bereits ihr 75-jähriges Jubiläum feiern kann, neben ihrem Hauptgeschäft in so manchen Nischen zu finden. Denn nicht nur, dass man selbst auf 5,5 ha Fläche Äpfel, Birnen und Kirschen produziert und dass man im eigenen Kühlhaus 350 Tonnen Obst in kontrollierter Atmosphäre einlagern kann, haben die «Rheinöbstler» für ihre Kunden auch Besonderheiten zu bieten.
Äpfel, Birnen und ein Lasergerät
Firmenlogo in die Apfelschale gelasert
Seit mehreren Jahren wird in Au die Möglichkeit angeboten, Äpfel oder Orangen oder auch andere Früchte zu «lasern». Also mittels eines Spezialgerätes mit Laserstrahltechnik z.B. ein Firmenlogo auf die Schale zu «brennen». Als der Schreiberling dieses Berichts gerade vor Ort ist, sind es schöne, rote und saftig-knackige Äpfel der Sorte «Braeburn», die gerade mit dem Logo einer bekannten Schweizer Fitness-Studio-Kette versehen werden. «Je nach Logo schafft unsere Laser-Maschine bis zu 300 Stück in der Stunde», erzählt Markus Hutter, «vor dem Lasern wird jeder Apfel einzeln abgewischt und poliert und anschliessend die Lieferung möglichst rasch zugestellt. Diese Äpfel, die gerade verarbeitet werden, müssen morgen früh anlässlich einer Messe in Bern zur Verfügung stehen, also wird unser Transportfahrzeug irgendwann in den frühen Morgenstunden auf die Reise gehen.»
Wobei schon viel Zeit für die Einrichtung des zu lasernden Logos vorab am Computer draufgeht. «Das Ganze ist für uns nur ein Nebengeschäft, weil wir so meistens auf das Wochenende hin ideal ausgelastet sind. Dienstag und Mittwoch ist beim «lasern» beinahe nichts los.» Eigentlich verwunderlich, könnte man sich doch auch für Geburtstage oder Hochzeiten oder ähnliche Feiertage passende Äpfel für die Gäste massschneidern lassen.
Noch viel Handarbeit
Wäre es eigentlich nicht möglich, künftig auch Gurken, Auberginen, Avocados, Kohlrabi etc. nicht mehr in Nylonfolien zu verpacken, sondern ganz einfach die Produktbezeichnung samt Strichcode und Herkunftsbezeichnung zu lasern? Im grossen Stil derzeit noch nicht, da die Bedienung der Lasergeräte momentan noch viel Handarbeit bedeutet und der Laservorgang selbst wesentlich länger dauert, als der Druck der Verpackungen. Die grossen Produzenten und Händler versuchen derzeit, eine entsprechende Lösung zu finden, um das «Lasern» massentauglich zu machen.
Zusätzlich betreibt die Rheinobst Genossenschaft mit ihren nur zwei Festangestellten und drei Teilzeitmitarbeitern einen eigenen keinen Laden, in dem es neben den hauseigenen Früchten auch vielfältige bäuerliche Produkte aus Kleinbetrieben zu kaufen gibt. Vom Eierlikör über Konfitüren und spezielle Bio-Nudelprodukte bis zu Obstbränden werden den Kunden allerlei Spezereien geboten. Produkte, die nicht industriell, sondern noch mit viel Liebe und Sorgfalt hergestellt wurden. Was man schmecken kann. Aber wieso stehen im «Lädele» auch Bananen und Orangen zum Verkauf? Markus Hutter lacht, «das hat seine besondere Bewandtnis. Wir betreiben schon seit vielen Jahren in einem grösseren Betrieb in der Nähe Snackautomaten, aus denen man sich frische Äpfel ziehen konnte. Nun hatte diese Firma im Laufe der Jahre immer mehr Mitarbeiter aus südlichen Ländern eingestellt, die zusätzlich nach Südfrüchten verlangten. So sind jene frischen Vitaminbringer auch in unseren Verkauf gelangt.»
Äpfel in kontrollierter Atmosphäre
Doch kommen wir zurück zum Kerngeschäft der Rheinobst Genossenschaft, die ihre Äpfel das ganze Jahr über sozusagen «frisch» anbietet. Natürlich wird auch so einiges an Obst zugekauft, doch der Grossteil der gehandelten Äpfel, Birnen und Kirschen wächst auf den eigenen Obstplantagen in Berneck und Au. Kontinuierlich werden die Bäume alle fünfzehn Jahre durch Jungbäume ersetzt. Durch neue, dem Konsumentengeschmack folgende Sorten und durch Züchtungen, die noch resistenter sind gegen Schädlinge und Pilze. Für die Erntezeit ergänzen natürlich viele Aushilfspersonen das Stammpersonal. Und dann wird das Obst so eingelagert, dass es bis zur nächsten Ernte «frisch» und knackig bleiben kann.
Möglich ist dies durch modernste Lagertechnik in sogenannter kontrollierter Atmosphäre. Sofort nach der Ernte kommt sowohl selbst produziertes Obst als auch von Kunden eingelagertes Obst in grossen Kunststoffkisten in einen der sechs Kühlräume, die insgesamt 350 to fassen. Wo die Äpfel dann bis in den nächsten Sommer hinein frisch wie gerade vom Baum gepflückt bleiben. Wie das geht? Vollautomatisch wird in den luftdichten Räumen eine Atmosphäre erzeugt, die beständig bei einem Grad Celsius liegt. Zusätzlich wird der Luft nach Einlagerung der Sauerstoff entzogen, bis nur mehr etwa 2-3 % Sauerstoff im Luftgemisch verbleiben. Die Äpfel wandeln dann noch einmal Sauerstoff in Kohlendioxid um, sodass nur mehr ein Prozent Sauerstoff übrig ist. Das Kohlendioxid wird je nach Sorte auf ein bis drei Prozent eingestellt. Menschen würden in dieser Atmosphäre sofort ersticken. Für die gelagerten Äpfel aber ist es sozusagen ein «Wohlfühlbad».
Schimmelpilz hat keine Chance
Denn nicht nur, dass diese Gaben der Natur frisch bleiben, auch haben in diesen Kühllagern aufgrund der tiefen Temperaturen und der Verwendung von Kunststoffbehältern anstatt der früher gebräuchlichen Holzkisten die Schimmelpilze kaum eine Chance. Nicht viele Chancen auf Gedeihen hat bei den «Rheinöbstlern» auch der berühmt-berüchtigte Apfelwurm. Denn dieser profitiert durch die ansteigenden Klimatemperaturen und bildet mehrere Generationen.
«Gegen diesen Schädling gehen wir nicht mit Gift vor, sondern hängen in unserer Obstkulturen Pheromondispenser auf», erzählt Markus Hutter, «Eine reine Verwirrungstaktik. Denn durch diese künstlichen Sexuallockstoffe finden die Männchen in ihrer Schmetterlingsphase als «Apfelwickler» die befruchtungsfähigen Weibchen nicht. So gibt es wesentlich weniger Nachwuchs, also weniger Raupen, die im Volksmund als «Apfelwurm» bezeichnet werden.
Mit Fungiziden gegen den Schorf
Nur gegen den vom Schlauchpilz Venturia inaequalis verursachten Apfelschorf muss unabdingbar mit Fungiziden vorgegangen werden. Da dieser Pilz mit dem Regen übertragen wird und der Schorf eine hohe Feuchtigkeit benötigt, ist eine präzise Befallsprognose nötig. Damit kann der Zeitpunkt für den Fungizideinsatz zur Verhinderung der Krankheit optimal bestimmt werden. Jedenfalls erfüllt die Rheinobst Genossenschaft sämtliche Vorgaben von Suisse Gap und ist „Suisse-Garantie“ zertifiziert.
Und eine weitere, sich mit dem Klimawandel verstärkende Gefahr sieht Betriebsleiter Markus Hutter für seine Plantage: «Wir werden künftig immer mehr Frostereignisse wie im Jahr 2017 haben, wo einige Nächte mit Temperaturen unter Null Grad noch im Mai die Blüten haben erfrieren lassen, was natürlich einen grossen Ernteausfall zur Folge hatte und der Grund dafür war, dass schweizweit letzten Sommer die Äpfel knapp geworden sind. Denn durch die wärmeren Temperaturen im Februar und März hat sich die Blütezeit vorverlagert, damit steigt dann das Risiko, dass die Kaltlufteinbrüche bis zu den Eisheiligen die Blüten vernichten. Ein weiterer Beweis dafür, dass wir in der Landwirtschaft in längeren Zeiträumen denken müssten.»
Grosse Apfelsortieranlage für eigene Vermarktung
Eindrücklich ist auch die grosse Apfelsortieranlage, die das Unternehmen für die eigene Vermarktung jeweils in Betrieb nimmt. Vollautomatisch werden hier die Früchte gewaschen und nach Grösse und Aussehen sortiert und in Kisten verpackt, um an die Detaillisten in der Region geliefert zu werden. Damit alle Schweizer rund ums Jahr knackfrische gesunde Äpfel essen können.