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Kommentar
Kanton
24.12.2025

Deshalb feiern wir Weihnachten

Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Vergebung und Dankbarkeit sind keine abstrakten Begriffe, findet stgallen24-Chefredaktor Stephan Ziegler
Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Vergebung und Dankbarkeit sind keine abstrakten Begriffe, findet stgallen24-Chefredaktor Stephan Ziegler Bild: Collage: stgallen24
Zwischen Lichtermeer, Klangteppich und Konsum droht die eigentliche Botschaft von Weihnachten in den Hintergrund zu treten. Für uns Christen ist diese Zeit eine Einladung, innezuhalten, Gewohnheiten zu hinterfragen und sich auf jene Werte zu besinnen, die Weihnachten seinen Sinn geben: Hoffnung, Nächstenliebe und Verantwortung füreinander.

Wochenlang begleiten uns Lichterketten, Weihnachtsmärkte, Musik und eine kaum überschaubare Flut an Konsumangeboten. All das schafft Atmosphäre und Vertrautheit, kann aber auch überdecken, worum es an Weihnachten im Kern geht.

Weihnachten ist nicht in erster Linie ein Stimmungsfest. 

Es erinnert an die Menschwerdung Gottes, an die Geburt Christi in einfachen Verhältnissen, fern von Macht, Glanz und Überfluss. Diese Geschichte steht in einem auffälligen Kontrast zu dem, was wir heute oft daraus gemacht haben.

Gerade darin liegt jedoch ihre Bedeutung. Weihnachten erzählt von Demut statt Selbstinszenierung, von Nähe statt Distanz, von Verantwortung füreinander statt ausschliesslichem Blick auf das eigene Wohlergehen.

Im westlichen Wohlstand besteht die Gefahr, dass Weihnachten zu einem Ritual ohne inneren Bezug wird. Man feiert, weil man es immer so getan hat. Man schenkt, weil es erwartet wird. Man hetzt von Termin zu Termin und wundert sich zugleich über eine innere Leere, die sich trotz aller äusseren Fülle einstellt.

Weihnachten lädt uns ein, dieses Tempo bewusst zu unterbrechen.

Christliche Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Vergebung und Dankbarkeit sind keine abstrakten Begriffe.

Sie sind Haltungen, die im Alltag gelebt werden wollen. Weihnachten erinnert uns daran, dass unser Handeln Bedeutung hat. Wie wir miteinander umgehen. Wie wir über andere sprechen. Wie viel Raum wir dem Mitmenschen geben, der unsere Hilfe braucht. Gerade in einer Zeit, in der vieles lauter, schneller und ungeduldiger wird, gewinnt diese Erinnerung an Gewicht.

Weihnachten könnte deshalb auch eine Zeit der Selbstprüfung sein. Nicht moralisch erhoben, sondern ehrlich. Wo lassen wir uns treiben von Bequemlichkeit und Gewohnheit? Wo verlieren wir das Mass? Wo verwechseln wir Besitz mit Sinn? Weihnachten stellt diese Fragen nicht anklagend, sondern einladend. Es bietet die Gelegenheit, den eigenen Kompass neu auszurichten.

Das bedeutet nicht, auf Freude, Geselligkeit oder Geschenke zu verzichten.

Es bedeutet, ihnen den richtigen Platz zu geben. Nicht als Zentrum, sondern als Begleitung. Das Zentrum bleibt die Botschaft von Hoffnung und Menschlichkeit. Eine Botschaft, die über religiöse Grenzen hinaus verständlich ist.

Wenn wir es schaffen, inmitten von Lichtermeer und Geschäftigkeit einen Raum der Stille zuzulassen, kann Weihnachten wieder zu dem werden, was es sein sollte. Eine Zeit des Innehaltens. Eine Erinnerung an unsere Verantwortung füreinander. Und ein Fest, das nicht vom Überfluss lebt, sondern von der Art, mit der wir einander begegnen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen von Herzen frohe Festtage und viele bereichernde Begegnungen.

Stephan Ziegler
Demnächst