Home Region Rheintal Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Au
13.12.2025
12.12.2025 17:00 Uhr

«Dienen kommt vor verdienen»

Magnus Hugentobler
Magnus Hugentobler Bild: leaderdigital.ch
Magnus Hugentobler, Gründer der HWT Haus- und Wassertechnik AG in Au, wurde für sein Lebenswerk von der Hans-Huber-Stiftung ausgezeichnet. Aus einem Einmannbetrieb formte er über Jahrzehnte ein Unternehmen, das heute als Marktführer in der Wassertechnik gilt. Über 100 Lernende hat er ausgebildet, seine Kinder Dennis Hugentobler und Janine Zoller-Hugentobler führen die Firma in seinem Sinn weiter. Die Preissumme seiner Auszeichnung investiert der Unternehmer in ein neues Projekt, das ihn auch im Ruhestand noch bewegt: das «Flow-Lab», ein modernes Schulungs- und Versuchszentrum für Wassertechnik.

Magnus Hugentobler, Sie haben die HWT Haus- und Wassertechnik AG vor bald vierzig Jahren gegründet. Welche Etappen waren entscheidend für diesen Erfolg?

Im September 1987 konnte ich die HWT Haus- und Wassertechnik AG an der Bahnhofstrasse in Au gründen. Ich hatte das grosse Glück, dass Alfred Rüegg, der im fortgeschrittenen Alter war, einen Nachfolger für seine über 100-jährige Spenglerei suchte. Eine direkte Übernahme war damals nicht möglich, weil Liegenschaften in der Bilanz standen.

Also gründeten wir eine neue Gesellschaft, an der wir beide je zur Hälfte beteiligt waren – mit der Vereinbarung, dass Alfred Rüegg im Pensionsalter geordnet aussteigt. Diese Übergabe verlief freundschaftlich und vertrauensvoll; dafür bin ich der Familie Rüegg bis heute dankbar. Prägend war zudem der Erwerb einer grossen Baulandparzelle an der Industriestrasse in Au, die uns den heutigen Hauptsitz ermöglichte.

Sie wurden im Oktober 2025 für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen diese Anerkennung?

Ich fühlte mich geehrt, dass man unsere Arbeit so wertschätzt! Für mich steht aber weniger der Preis im Vordergrund als die Bestätigung, dass es meinem Team und mir gelungen ist, einen Vorzeigebetrieb nach ethischen Grundsätzen und hohen Standards zu führen. Ausbildung war für mich immer mehr als ein Begleitaspekt – ohne eine gesunde, gut organisierte Firma gibt es keine gute Lehre. Die Auszeichnung zeigt: Unternehmertum und Verantwortung gehören zusammen.

«Learning by doing› ist der grösste Hebel.»

Sie investieren das Preisgeld in ein «FlowLab». Was steckt dahinter?

Unsere Lernenden sind die meiste Zeit auf Baustellen. Dort lässt sich an komplexen Anlagen kaum experimentieren – kein Monteur will riskieren, dass ein Lehrling eine Kundenanlage verstellt. Gleichzeitig ist es essenziell, dass die jungen Leute die Funktionsweise moderner Systeme wirklich verstehen. Darum richten wir einen Seecontainer als «FlowLab» ein: ein Versuchs- und Lernlabor, das unsere Lernenden in einer Projektarbeit selbst ausbauen. Ausgestattet wird es mit Wasseraufbereitung, Pumpen, Wärmepumpen, Solarkomponenten, Mess- und Regeltechnik. Alles kann unter realen Bedingungen in Betrieb genommen und gemäss Werksvorschriften parametrisiert werden. «Learning by doing» ist der grösste Hebel – es schafft Wissen, Sicherheit und, ganz wichtig, Freude am Beruf.

Bild: leaderdigital.ch
«Ausbildung war für mich immer mehr als ein Begleitaspekt.»

Viele Betriebe ringen um Nachwuchs. Was empfehlen Sie Unternehmern, die ihre Nachwuchsarbeit stärken wollen?

Früh ansetzen und ehrlich informieren: Berufsbilder greifbar machen, Schnupperlehren anbieten, Ausbildner weiterbilden, Lernorte modernisieren. Leistung anerkennen, Fehler als Lernchancen behandeln und Perspektiven aufzeigen. Junge Leute wollen gebraucht werden und sehen, wofür sie arbeiten. Wenn Sinn, Struktur und Wertschätzung zusammenkommen, entsteht Bindung.

Zum Schluss: Ihr wichtigster Rat an junge Unternehmer?

Ich schliesse mit Hans Huber, einer brillanten Unternehmerpersönlichkeit: «Dienen kommt vor verdienen.» Wer diesen Grundsatz verinnerlicht, schafft bleibende Werte – für Kunden, Mitarbeiter und die Region. Das ist die beste Rendite.

Bild: leaderdigital.ch
«Eine solide Lehre öffnet Türen.»

 

Sie haben über hundert Lernende ausgebildet. Warum war Ihnen dieses Engagement stets so wichtig?

Wer ein Unternehmen aufbauen will, merkt vom ersten Tag an: Erfolg gibt es nur mit gut ausgebildeten, motivierten Mitarbeitern. Wir wollten Jugendlichen aus der Region eine Perspektive geben, sie zu einer Schnupperlehre ermutigen und ihnen danach einen Platz bieten. Unser Ausbildungsteam hat sich den Anliegen der Lernenden mit Sorgfalt gewidmet, im engen Austausch mit Berufsschulen und Behörden – offen, konstruktiv, respektvoll. Die Grundanforderungen haben sich nie geändert: Einsatz, Zuverlässigkeit, fachliche Neugier.

Was braucht es heute, damit sich Jugendliche wieder für technische Berufe begeistern?

Zuerst müssen wir zeigen, wie sinnstiftend diese Berufe sind. In der Wassertechnik leisten junge Fachleute einen direkten Beitrag zu Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit – es überzeugt, wenn ein Praxisbezug spürbar ist. Ebenso wichtig sind moderne Lernumgebungen, wertschätzende Führung und klare Entwicklungspfade. Nach der vierjährigen Lehre als Sanitärinstallateur stehen viele Wege offen, intern oder extern: Ehemalige Lernende arbeiten heute als Mitglieder einer Geschäftsleitung, als Leiter Wasserversorgung, als selbstständige Unternehmer, in Bauämtern, im Aussendienst, als Geschäftsführer oder als Ingenieure für Wasserversorgungssysteme. Diese Liste ist nicht abschliessend und sie zeigt: Eine solide Lehre öffnet Türen.

Mit Ihren Kindern Dennis Hugentobler und Janine Zoller-Hugentobler ist Ihre Nachfolge geregelt. Wie haben Sie den Übergang gestaltet?

Mir war wichtig, ihn frühzeitig und menschlich gut vorzubereiten. Unsere Kinder sind im Betrieb aufgewachsen, kennen die Kultur und haben sich bewusst entschieden, Verantwortung zu übernehmen. Ich habe Aufgaben schrittweise übergeben und Wissen transparent weitergegeben. Die Ergebnisse sprechen für sich: Seit der Übergabe ist die Belegschaft um rund 15 Prozent gewachsen, Umsatz und Ertrag haben sich erfreulich entwickelt. Entscheidend sind die Werte, die bleiben: Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Augenmass und der Respekt vor Menschen und Material.

Und wie gelingt es, Mitarbeiter über Jahrzehnte zu motivieren und zu binden?

Mit Vertrauen und Eigenverantwortung. Wer spürt, dass man ihm etwas zutraut, übernimmt Verantwortung – und bleibt. Viele unserer Fachleute sind seit Jahrzehnten dabei, weil Leistung gesehen und Entwicklung gefördert wird. Ein Beispiel ist ein ehemaliger Lehrling, der sich bis in die Geschäftsleitung entwickelt hat und unser Kunststoffwerk wesentlich prägt.  Dieser Bereich hat sich zum Schweizer Marktführer im Bau von Siedlungswasserbauwerken aus Kunststoff entwickelt!

Gut, aber auch die Wassertechnik wird komplexer – Energieeffizienz, Sicherheit, Digitalisierung. Wie reagieren Sie darauf?

Mit Innovation auf mehreren Ebenen. In der Montage verbauen wir Systeme, die nach neuesten Umwelt- und Sicherheitsstandards gefertigt werden. Parallel entwickeln, patentieren und vertreiben wir im Kunststoffwerk eigene Produkte. Und auf unseren Produktionshallen betreiben wir eine der grössten Photovoltaikanlagen in Au. Zudem planen wir die schrittweise Elektrifizierung der Montageflotte. Digitalisierung nutzen wir von der CAD-Planung über Simulationen bis zur Anlagenüberwachung. So werden Prozesse effizienter und sicherer.

Ein Lebenswerk ist selten das Resultat einer Einzelperson. Wer oder was hat Sie besonders geprägt?

Ohne meine Frau hätte ich die Firma nie so entwickeln können! Was altmodisch klingt, war entscheidend: Sie hat im Hintergrund vieles getragen, unseren Kindern Halt gegeben und mir den Rücken freigehalten. Viele gute Entscheidungen sind auf dieser Basis entstanden.

Dieser Artikel stammt aus der November/Dezember-Ausgabe des LEADER – Das Ostschweizer Unternehmermagazin.

Ein PDF des Magazins können Sie hier abrufen.

Wenn Sie den LEADER künftig per Post erhalten möchten, können Sie sich hier für ein Abo anmelden.

Stephan Ziegler/leaderdigital.ch
Demnächst