Home Region Rheintal Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Balgach
10.11.2025
10.11.2025 13:47 Uhr

Missstände im RAV: Das sagen Karin Hasler und Beat Tinner

Karin Hasler (Kantonsrätin SP), Beat Tinner (Regierungspräsident)
Karin Hasler (Kantonsrätin SP), Beat Tinner (Regierungspräsident) Bild: zVg
In der St.Galler Regierung rumort es. Dass es beim RAV und der ALV seit Längerem Probleme gibt, ging durch die Medien, und der Kanton beauftragte eine Analyse. Was sagen die Balger SP-Frau Karin Hasler und Regierungspräsident Beat Tinner dazu?

Die Missstände in der St.Galler ALV und dem RAV ziehen derzeit durch die Medien. Während diese Zeitung bereits früher in diesem Jahr berichtet hat, kommt jetzt aufgrund des medialen und gesellschaftlichen Drucks Bewegung in die Sache. Wie aus einer Medienmitteilung des Kantons hervorgeht, wurde der RAV-Chef beurlaubt. Wir haben berichtet.

Bei der Balger SP-Politikerin Karin Hasler stösst dieses Vorgehen auf Zustimmung. «Das war ein wichtiges Zeichen an die Mitarbeiter. Denn die Missstände waren in allen RAV vorherrschend.» Jenes in Heerbrugg, in dem eine Zeit lang eine Unterbesetzung herrschte und zudem ein richtiger Leiter fehlte (dies wird von Regierungspräsident Beat Tinner dementiert), sei dabei aber noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs gewesen. Andernorts sei die Situation noch schlimmer gewesen.

Toxische Unternehmenskultur endet nicht mit Beurlaubung

«Die Regierung zeigt mit dem aktuellen Vorgehen, dass sie die Analyseergebnisse sehr ernst nimmt. Welche weiteren Resultate hier vorliegen und welche Massnahmen folgen, wird mir nächste Woche von Beat Tinner und Generalsekretär Thomas Unseld erläutert – unter anderem auch, welche Rolle eine andere Person aus dem Kreis des RAV-Chefs hatte.»

Für Hasler ist klar: Sie will sich weiter für die Mitarbeiter einsetzen. Denn die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz habe einen grossen Einfluss auf die Personalkosten und auch auf die Erbringung von Dienstleistungen. Zudem sei das letzte Wort mit einer Analyse noch nicht gesprochen. «Die aktuelle Lage lässt erahnen, dass der Druck auf die RAV weiter steigen wird. Diese toxische Führungskultur ist über Jahre hinweg entstanden. Zu glauben, dass sie mit einer Beurlaubung endet, ist naiv.»

«Dass es so viel Druck benötigte, ist bedenklich»

Im offenen Brief wurde auch von Mobbing und Einschüchterung gesprochen. «Soweit ich weiss, spiegelt der offene Brief relativ gut die Missstände. Der Kanton versucht natürlich mittels Kommunikationsmanagement, den Schaden nicht grösser aussehen zu lassen. Dieser ist jedoch massiv.» Die erste Medienmitteilung von Anfang November sei eben nur eine erste Mitteilung gewesen. Später werde nochmal detailierter informiert. Wir haben über die Vorwürfe berichtet.

Neben Mobbing und Einschüchterung war auch die Verletzung des Datenschutzes ein Thema. «Der Kanton hat noch nichts zum Thema Datenschutzverletzungen gesagt – diese haben aber stattgefunden. Auch der Datenschutz der Versicherten in den offenen Büroräumen gehört in diesen Bereich. Ich bin sehr gespannt, welche Resultate hier vorliegen.»

Die Amtsleitung und die Regierung hätten laut Hasler von den Problemen gewusst. Daher sei es schade, dass nicht bereits früher etwas geschehen sei. «Dass es hier so viel Druck meinerseits benötigte, ist bedenklich.»

Jetzt erwartet die SP-Politikerin das Gespräch mit Regierungspräsident Beat Tinner. Dieses wird kommende Woche stattfinden. Im Anschluss wird die Öffentlichkeit erneut informiert.

Massnahmenpaket in Arbeit

Auf der anderen Seite steht der Kanton St.Gallen, der sich mit harten Vorwürfen konfrontiert sieht. Regierungspräsident Beat Tinner sagt auf Anfrage: «Die Führungsanalyse zur ALV-Hauptabteilung hat in den Bereichen Führung, Zusammenarbeit und Belastungssteuerung den Handlungsbedarf bestätigt. Gleichzeitig zeigt sie aber auch, dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben mit grossem Engagement erfüllen.»

Jetzt werde durch die Departementsleitung ein konkretes Massnahmenpaket erarbeitet. «Es umfasst insbesondere die Führungsentwicklung, Verbesserungen in der internen Kommunikation, die Unterstützung der Teams sowie die Prüfung organisatorischer Anpassungen.»

Der Kanton räumt ein, dass im Fokus der Kritik der Hauptabteilungsleiter steht. Um die angespannte Situation zu entschärfen, sei er vorsorglich beurlaubt worden. «Die Massnahme ist keine Vorverurteilung und sagt nichts über das Ergebnis der personalrechtlichen Beurteilung aus.» Momentan obliegt die Verantwortung der Hauptabteilung der ALV bei der Amtsleiterin. «Sie muss die interimistische Leitung in Absprache mit der Departementsleitung regeln.»

Externe Stelle beauftragt

Das Problem an sich besteht schon länger. Bereits im letzten Jahr wurden Massnahmen eingeleitet, allerdings ohne die gewünschten Verbesserungen. Neue Massnahmen werden derzeit erarbeitet. «Erste Priorität hat aber die Aufrechterhaltung des AVIG-Vollzugs. Die Arbeit der RAV ist nicht beeinträchtigt.» Strukturelle Probleme gebe es ausserdem nicht, so Tinner. Jetzt befasse sich eine externe Stelle mit der Analyse. Wer das genau ist, wird nicht genannt.

Übrigens: Auf die Zustände im Heerbrugger RAV angesprochen, erklärt Tinner, dass – entgegen der allgemeinen Annahme – die Arbeitsvermittlung nie führungslos war. «Während der Vakanz der RAV-Leitung lag die Leitung interimistisch beim Leiter der HA ALV.»

Mobbing, Einschüchterung, Meinungsbeeinflussung

Die brisantesten Unterstellungen des Mitarbeiterbriefs, der dieser Redaktion vorliegt, lauten auf Mobbing, Einschüchterung und Meinungsbeeinflussung sowie fehlenden Datenschutz.

Darauf angesprochen, reagiert Tinner mit dem Verweis auf eine Interpellation. Darin ist festgehalten: «Der Regierung ist kein Fall bekannt, in dem es in einem der sechs RAV im Kanton St.Gallen zu einer Verletzung von Datenschutzbestimmungen gekommen wäre.» Es gebe entsprechendes Inventar, das schall- und blickdicht sei. Natürlich gebe es auch separate Sitzungsräume für vertrauliche Gespräche. Diese könnten auf Wunsch der Kunden genutzt werden.

Die weiteren Punkte (Mobbing, Einschüchterung etc.) seien im Rahmen der Führungsanalyse abgeklärt worden, und die Ergebnisse würden Auswirkungen auf das Massnahmenpaket haben.

Fabian Alexander Meyer