Das Gericht kam nun zum Schluss, dass die verdeckte Aktion keine Verletzung der österreichischen Gebietshoheit darstellte. Da nur ein unbestimmter Personenkreis observiert wurde und keine eigentlichen Ermittlungen auf fremdem Staatsgebiet stattfanden, liege kein Verstoss gegen internationales Recht vor.
Hintergrund des Falls
Vor Gericht standen zwei Postenchefs und eine Einsatzoffizierin der Grenzwache. Sie hatten gegen Strafbefehle der Bundesanwaltschaft Einspruch erhoben, nachdem ihnen verdeckte Beobachtungen in Österreich vorgeworfen worden waren.
Ziel der Operation war es, mutmassliche Schmuggler beim Kauf von Hanfsamen zu überführen. Das Vorgehen war deutlich effizienter als herkömmliche Stichprobenkontrollen – nach Ansicht der Bundesanwaltschaft jedoch rechtlich unzulässig, da für Einsätze im Ausland eine Bewilligung der Vorarlberger Polizei erforderlich gewesen wäre.
Die österreichischen Behörden hatten den Vorfall allerdings als Bagatelle eingestuft. Fehlbare Personen wurden ausschliesslich auf Schweizer Staatsgebiet gebüsst.
Wie die Aktion aufflog
Die verdeckte Mission «Knobli» flog durch Zufall auf: Ein Grenzwächter hielt ein Fahrzeug an, dessen Fahrer er persönlich kannte – einen St.Galler Stadtpolizisten, der Hanfsamen im Gepäck hatte. Als dieser den Zufall hinterfragte, verplapperte sich der Grenzwächter und erwähnte, dass sein Kollege den Mann zuvor in Österreich observiert habe.
Aus Sorge um seinen Arbeitsplatz meldete der ertappte Polizist die unerlaubte Ermittlungsmethode und machte den Fall publik.
Die juristische Auseinandersetzung
Die Bundesanwaltschaft hatte die drei Beschuldigten mit bedingten Geldstrafen zwischen 10'000 und 23'000 Franken belegt. Die Beamten akzeptierten dies nicht und zogen den Fall vor das Bundesstrafgericht.
Die beiden Postenchefs machten ihre Einsatzoffizierin für die fehlende Absprache mit den österreichischen Behörden verantwortlich. Diese wiederum argumentierte, sie habe keine rechtliche Grundlage verletzt, da keine Ermittlungen auf fremdem Boden stattgefunden hätten. Das Gericht folgte letztlich dieser Argumentation.
Die Operationen «Knobli» und «Mergo»
Die Aktion «Knobli» wurde im Februar 2019 vom Posten St.Margrethen aus gestartet. Zivile Grenzwächter beobachteten in Vorarlberger Hanfläden Schweizer Kunden und leiteten deren Autonummern an Kollegen auf Schweizer Seite weiter, die anschliessend Kontrollen durchführten. Ein zuvor angefragter österreichischer Polizist hatte eine Kooperation wegen Personalmangels abgelehnt.
Bereits ein Jahr zuvor war die Aktion «Mergo Weihnachtseinkäufe» aufgefallen. Dabei hatten Schweizer Grenzwächter in Zivil den Fleischschmuggel von Österreich in die Schweiz aufgedeckt. Auch diese Operation erfolgte ohne Genehmigung der österreichischen Behörden und wurde später als rechtswidrig beurteilt.
Zollrechtliche Einordnung
Waren für den Eigengebrauch oder zum Verschenken dürfen grundsätzlich zollfrei eingeführt werden. Ausgenommen sind sogenannte sensible Güter wie Fleisch, für die ab einer bestimmten Menge Zoll erhoben wird. Die Freimenge liegt bei einem Kilo pro Person und Tag.
Das Urteil des Bundesstrafgerichts in Bellinzona stellt klar: Grenznahe Observationen sind unter bestimmten Bedingungen auch jenseits der Grenze zulässig – sofern sie keine gezielten Ermittlungen darstellen. Die drei freigesprochenen Grenzwächter erhalten eine Entschädigung für das Verfahren.
Der Entscheid gilt als richtungsweisend für künftige Einsätze der Schweizer Grenzwache im sensiblen Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Österreich.