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Widnau
28.03.2024
03.10.2024 10:54 Uhr

Widnauer Gipserfirma lockt Ausländer mit falschen Versprechen

In dieser «Wohnung» musste einer der ausländischen Mitarbeiter leben.
In dieser «Wohnung» musste einer der ausländischen Mitarbeiter leben. Bild: Facebook/Workzeitung
Die Zey Bau AG aus Widnau lockt ausländische Arbeitnehmer in die Schweiz – mit falschen Lohn- und Wohnversprechen. Jetzt zieht sich die Schlinge um den Hals des Chefs zu. Die Details.

Marius Balan* steigt mit grosser Vorfreude in das Flugzeug. Er wird von Bukarest in die Schweiz reisen und dort im Rheintal für die Zey Bau AG arbeiten. Wie die «Workzeitung» schreibt, stiess man über Facebook auf die Stelle.

Der Ausschreiber: Die Zey Bau AG aus Widnau. Der Lohn: 26 Franken pro Stunde. Für den Vater einer Familie ist das eine Stange Geld. Denn in Rumänien verdient er nur einen Bruchteil davon, wenn er seiner Tätigkeit als Gipser nachgeht. Ausserdem kann er in Arbon wohnen.

Doch schnell schlägt Balan mit vollem Momentum wieder auf dem Boden der Tatsachen auf: Das «möblierte» Zimmer in Arbon, das er über seinen Chef mietet, ist leer. Komplett. Kein Bett, kein Schrank, nichts. Zur «Workzeitung» sagt der Rumäne: «Die erste Nacht musste ich auf dem Boden schlafen.»

Vom Alleinmieter zum Mitbewohner

Auch ein anderer Rumäne ging den Rheintalern ins Netz. Das Angebot von Zey ist lukrativ, aber die Enttäuschung lässt nicht lange auf sich warten. Der Rumäne bekommt eine vier Quadratmeter grosse Abstellkammer als Wohnung.

Und 400 Franken Lohnabzug. «Immerhin» hat er ein Bett. Das ist allem Anschein nach keine Selbstverständlichkeit. Die Tür zur «Wohnung» lässt sich gerade mal einen Spalt breit öffnen. Denn das Bett versperrt den Durchgang. Ob auch Balan einen Lohnabzug wegen der «Wohnung» hat, ist nicht klar.

Ivan Dimitrescu* ist schockiert. Er ist eigentlich der Alleinmieter der Wohnung und berappt rund 920 Franken im Monat. Jetzt ist er aber wortwörtlich Mitbewohner – bei gleicher Miete. Der Boss von Zey macht Kasse, während seine Arbeiter schwitzen.

Als ob das allein nicht reichen würde, geht es noch weiter. Balan leistet 180 Stunden in einem Monat. Doch er bekommt nur 23.92 Franken pro Stunde. Statt der 26 Franken. In den Fachkreisen nennt man so etwas «Dumpinglohn.» Dieser verstösst gegen den Gesamtarbeitsvertrag. Doch die Geschichte geht noch weiter: «Wir wurden immer wieder vertröstet. Bloss einmal hat mir der Chef ein Zwanzigernötli vorgeschossen.»

Auch seinen Kollegen geht es so. Erst mit Einschalten der Unia kommt das Geld – aber ohne die Anteile für einen 13. Monatslohn. Und auch nur in bar. Das ist verboten, wie ein Blick auf den GAV zeigt. Ausserdem kommt der Lohn nicht allen Mitarbeitern zugute.

Existenzkrise und drohende Obdachlosigkeit

Dem Gipser Abdul Nasser* fehlt bis heute der komplette Lohn. Trotz eines Termins bei der Schlichtungsstelle. Die Zey Bau AG hatte unterschrieben, dass er bis Ende Dezember seinen ganzen Lohn bekäme. Erfolglos. Auch anderen Mitarbeitern wurde vor der Schlichtungsstelle der Lohn versprochen. Ohne anschliessende Auszahlung.

Heinz Hammer* steckt wegen der Zey Bau AG gar im Schuldensumpf und befindet sich ausserdem in einer existenziellen Krise. Demnach schuldet die Gipserfirma dem Deutschen rund 20'000 Franken.

Ein Landsmann von Hammer ist beinahe obdachlos geworden: Er verweigerte aufgrund ausbleibender Lohnzahlungen die Arbeit – und erhielt als Antwort die fristlose Kündigung. Der Mietvertrag für das Zimmer lief weiter. Doch dem Chef ist das egal. «Er wollte mich rausschmeissen und drohte mir mit der Polizei.» Doch dazu kam es nicht. Denn jetzt reichte die Unia in mehreren Fällen Klage ein.

So reagiert der Chef:

Jungunternehmer und Inhaber Mikail Zeybekoglu ist gerade einmal 23 Jahre alt. Seiner Aussage gegenüber der «Workzeitung» nach betreibe er keinen Mietwucher. Unterbringungsprobleme seien umgehend gelöst worden. Und das Chaos in der Firma sei seinem Vorgänger geschuldet. Er habe ihm die Firma mit versteckten Schulden, schlechter Buchhaltung und in marodem Zustand verkauft. Zeybekoglu fordert daher über 152'000 Franken vom Vorbesitzer.

Der Vorbesitzer zeigt sich unbeeindruckt: Er wirft dem Jungunternehmer vor, den Kaufpreis für die Firma nicht bezahlt zu haben. Daher werde er ihn demnächst betreiben. Und die Arbeitnehmer? Kommen die zu ihrem Recht? «Ich kann Ihnen garantieren, dass ich trotz so vielen Problemen die Mitarbeiter bis Ende März ausbezahlen werde», so Mikail Zeybekoglu.

*Namen geändert

fam