Sie hatte – in Abwandlung einer beliebten Redewendung – die Gnade der frühen Wahl. Im Herbst 2003, mit gerade mal 25 Jahren, wurde die Altstätterin Jasmin Hutter in den Nationalrat gewählt. Eine junge Frau, die bei der SVP politisiert: Da hat die viel beschworene Frauensolidarität bekanntlich ein Ende. Hutter galt als Verräterin an der feministischen Sache, weil sie zwar eine Frau, aber eben nicht links war.
Gnade der frühen Wahl deshalb, weil heute noch alles viel härter ablaufen würde als damals. Soziale Medien gab es noch keine, digitale Shitstorms musste man als Politikerin nicht befürchten. Vermutlich hat Hutter hin und wieder unangenehme Briefpost erhalten, aber die orchestrierte Empörung von reinen Tastaturhelden musste sie noch nicht über sich ergehen lassen.
Kurs konsequent gehalten
Dabei gehörte die Rheintalerin zu einer sehr seltenen Spezies: Sie tat, was sie sagte. Dass sie zu ihrer aktiven Zeit im Bundeshaus dem traditionellen Familienmodell das Wort sprach, erzürnte linke Frauen. Aber Jasmin Hutter war konsequent und schied Ende 2009 aus dem Amt aus, als sie ihr erstes Kind erwartete. Für sie kam es nicht in Frage, gut besoldet in Bern zu bleiben und für das Kind eine externe Lösung zu suchen. Was für ein wohltuender Unterschied zu den vielen Wasser predigenden und Wein trinkenden Politikern, die morgen vergessen, was sie gestern vertreten haben.
Ins selbe Kapitel gehört der Kauf eines Zoos in Eichberg im Jahr 2016. Sie modellierte diesen um in einen Gnadenhof für Tiere, die sonst niemand mehr haben wollte. Geld verdient man damit keines, eher das Gegenteil. Während urbane SP-Frauen auf ihrem Balkon in der vergünstigten Genossenschaftswohnung in Zürich höchstens Basilikum anpflanzen und sich ein Schmusekätzchen halten, lieferte Hutter handfest ab zum Wohl von Tieren und der Natur.
Reden ist Silber, Handeln ist Gold
Das Gegenprogramm ist hingegen ziemlich einfach. Jeder kann einen «Klimafragebogen» wunschgemäss ausfüllen oder eine Tierschutzpetition unterzeichnen. Sobald es aber in Arbeit oder Verzicht ausartet, ist es schnell vorbei mit dem Wohltätertum. Bestes Beispiel dafür ist die St.Galler SP-Regierungsrätin Laura Bucher, ebenfalls eine Rheintalerin, die von sämtlichen ökologisch motivierten Organisationen unterstützt wird, aber dann mal mit der Familie für einige Wochen nach Hawaii fliegt. Da kommt die eine oder andere Tonne CO2 zusammen.
Nun muss Jasmin Hutter ihren Gnadenhof unter anderem aufgrund von gesundheitlichen Problemen aufgeben. Sie betont, dass für sämtliche Tiere eine Lösung gefunden worden sei. Etwas anderes wäre für sie kaum in Frage gekommen. Jedenfalls können sich die Kritiker von damals eine dicke Scheibe abschneiden von ihrem Verhalten. Edle Worte sind eine billige Währung. Tun statt reden: Das ist die Devise.