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Lifestyle
10.08.2020

Liquidität in alten Flaschen

Dieser Whisky wird mit Sicherheit nicht getrunken, sondern nur optisch konsumiert (Bild: pd)
Dieser Whisky wird mit Sicherheit nicht getrunken, sondern nur optisch konsumiert (Bild: pd) Bild: pd
Was passiert, wenn eine gesteigerte Nachfrage auf ein kleines Angebot trifft? Dann sind Wertsteigerungen und Gewinne möglich, ja beinahe unausweichlich. So bei seltenem Whisky.

Die in Südostasien und China frisch entbrannte Liebe zum goldfarbenen hochprozentigen Whisky trifft auf eine relativ geringe Anzahl sammellukrativer Flaschen. Wann ist ein Whisky ein Whisky? Erst dann, wenn der Getreidebrand zwei oder drei Jahre in einem Holzfass lagert. Wobei die Lagerzeit nach oben auch beschränkt ist. Nämlich dadurch, dass mit der Zeit der Alkohol verdunstet. Nur hervorragende Fässer, die auch lange Zeit dicht bleiben, die keine Spalten bilden und in einem kühlen Lagerhaus liegen, können vierzig Jahre, wenn nicht sechzig Jahre erreichen. Der Alkoholgehalt muss mindestens 40 % betragen, darunter spricht man von einem Likör. Abgefüllt in Flaschen kann man das Getränk dann unbeschränkt lagern.

In den Museen der Brennereien

So kommt es, dass die ältesten existierenden Flaschen, die meist in den Museen der Brennereien stehen, etwa 150 Jahre alt sind. Es gibt aber natürlich weit jüngere Sammlerflaschen, deren Anschaffung sich mittel- und langfristig durchaus rentieren kann. Wobei aber darauf zu achten ist, dass bei der Sammelleidenschaft die Herkunft aus Schottland an erster Stelle steht. Denn die Amerikaner produzieren in zu hohen Mengen, die Auflagen gehen in die Zehn-, wenn nicht Hunderttausende. So hat sich ausgerechnet japanischer Whisky den zweiten Rang bei den sammelwerten Flaschen erarbeitet.

Auf Wertsteigerung warten

Wollen Sie in Whisky investieren, so tun Sie gut daran, sich vorab zu informieren. In der inzwischen vielfältigen Literatur in der Buchhandlung Ihres Vertrauens oder im Internet. Oder bei einem wahren Fachmann, wie Oliver Bertsch, Geschäftsführer einer der grössten Vinotheken Mitteleuropas. Bei „Bevanda“ in Dornbirn bietet er mehrere hundert Whiskys an, darunter natürlich auch einige Raritäten. „Anstatt diese Tropfen zu trinken, kann es sich auszahlen, die Flasche aufzubewahren und auf die Wertsteigerung zu warten. Wobei man schon mit wenig Kapital und ein wenig Geduld recht gute Renditen erreichen kann.“

Die neue Distillerie von Macallan - Alte Fässer in neuem Haus (Bild: pd) Bild: pd

Alte Bestände meist in Sammlerhänden

Wie bei allen Raritäten steigt auch beim Whisky der Wert mit dem Alter. Die Crux dabei: es ist sehr schwierig, noch alte Bestände zu finden, da diese meist schon in Sammlerhänden sind. Allerdings gibt es alte Brennereien, die schon vor Jahrzehnten geschlossen wurden, deren Lagerbestände aber immer noch in limitierten Abfülllungen verkauft werden. Wie von der Marke Port Ellen. Diese auf der Insel Islay gelegene Distillerie wurde 1983 geschlossen. Solche Abfüllungen der „lost destilleries“ sind preislich schon hoch angesiedelt, stellen aber noch „eine gute Wertaufbewahrung für freie Liquidität dar, wie sich Experte Oliver Bertsch sicher zeigt.

Der teuerste Whisky aus dem Flughafen

Der höchste Preis, der nach unserem Wissen bisher für Whisky bezahlt wurde, sind jene 1,2 Mio. Dollar, die ein anonymer Sammler am Flughafen Dubai für zwei Flaschen ausgegeben hat. Allerdings war der Verkäufer der weltweit tätige Spirituosenhändler Le Clos. Und bei den beiden Flaschen handelte es sich um den 1986 abgefüllten Single Malt von Macallan von 1926. Von dem in einem Sherry-Eichenfass gereiften Whisky wurden nur vierzig Flaschen hergestellt. Die weitere Besonderheit: das Etikett dieser Bottles wurde von den Pop-Art-Künstlern Valerio Adami und Sir Peter Blake gestaltet.

Whisky aus der Antarktis

Am wichtigsten für die Wertsteigerung ist ja eine „gute Geschichte“. Wie jene der erst im Jahre 2007 wieder aufgefundenen zwei Kisten Whisky von Mackinlay, die der Polarforscher Ernest Shackleton 1909 anlässslich seiner „Nimrod-Expedition“ in der Antarktis zurücklassen musste, als die Basisstation aufgegeben wurde. Die gefundenen Flaschen wanderten zwar ins Museum, es wurden aber Proben genommen und auf dieser Basis von Mackinlay eine limitierte Abfüllung kreiert. „Ein sicheres Geschäft mit sicherer Preissteigerung“, so Bertsch. Wie auch die Story des Whiskys „Snow Phoenix“ von Glenfiddich, ansonsten ja eher eine durchschnittliche Brennerei. Diese Fässer wurden nach längerer Zeit in der Kälte des Winters aus einem eingestürzten Lagerhaus geborgen. Diese Geschichte steigerte den Preis der Flaschen dann von ursprünglich 70 auf inzwischen über 800 Franken.

 Limitierte Abfüllungen und Sonderausgaben

Es gibt auch günstigere Abfüllungen, die sich rentieren können. Limitierte Abfüllungen zu besonderen Anlässen wie der Pensionierung eines langjährigen Blendmasters. Oder sonstige Sonderausgaben, etwa zu besonderen Jubiläen. Von diesen Flaschen werden von den Brennereien nur kleine Serien herausgegeben, so dass sie weltweit rasch verkauft sind. So konnten etwa Sonderabfülllungen der bekannten Brennerei Glenmorangie um etwa 100 Franken erworben werden und ihren Preis nach zwei Jahren um 20 bis 30 Prozent steigern.

 Erstabfüllungen neuer Brennereien

Mit schönen Preissteigerungen kann auch bei Erstabfüllungen neuer Distillerien gerechnet werden. Neue Brennereien, die derzeit auch in Schottland zuhauf aus dem Boden schiessen. Nicht alle werden diesen Boom überleben. Dann werden wohl auch die Folgeabfüllungen entsprechend an Wert gewinnen. Denn es kommt ja nichts mehr nach. Und sollte sich ein Whiskykauf dann doch einmal als Fehlinvestition erweisen: Lehnen Sie sich zurück, öffnen Sie die Flasche mit guten Freunden und geniessen Sie die das flüssige Gold, das sich ja nur wertmässig als Blech erwiesen hat.

gmh/uh
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