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Kanton
24.02.2023
24.02.2023 14:08 Uhr

«Sexistische, rassistische, menschenfeindliche Kackscheisse»

Bild: Instagram/JUSO
Die Jungsozialisten des Kantons St.Gallen teilen auf Social Media übel gegen die drei Nicht-SP-Ständeratskandidatinnen aus: Esther Friedli sei u. a. «rassistisch», Susanne Vincenz-Stauffacher eine «Umweltschwachsinnige» und Franziska Ryser «rückgratlos». rheintal24-Jungredaktor Patrice Ezeogukwu findet dazu klare Worte.

Der Kampf um Paul Rechsteiners Sitz im Ständerat geht in die heisse Phase: Statt aber nur Werbung für die eigene Favoritin Barbara Gysi zu machen, betreiben die St.Galler Jungsozialisten Anti-Reklame für die Kandidatinnen Franziska Ryser, Susanne Vincenz-Stauffacher und Esther Friedli. 

In einem Post auf Instagram heisst es beispielsweise, dass Ryser für Aufmerksamkeit auch mit Rechten zusammen wohnen würde und die Nazi-Verbindungen ihres «WG-Kumpels» (damit ist Mike Egger gemeint) egal seien. Esther Friedli sei heuchlerisch, rassistisch, fremdenfeindlich, verlogen und gefährlich – und Vincenz-Stauffacher bezeichne sich als feministisch, wolle aber, Frauen länger arbeiten lassen.

In einer Medienmitteilung doppelten die Linken nach und erklärten ausführlicher, warum alle ausser Barbara Gysi unwählbar seien. Der Post löst viele Reaktionen aus: So kommentieren einige User, dass sie nicht verstehen, weshalb es diese Mobilisierung gegen die Frauen brauche. Ein anderer kommentiert: «Franziska Rysers Parteigeschlossenheit mit den Grünen ist 99.4%. Also nur weil sie mit einem SVPler in einer Wohnung lebt ist sie unwählbar?»

JFSG fordern Stellungnahmen

Die Jungfreisinnigen des Kantons St.Gallen finden noch deutlichere Worte und fordern eine Klarstellung von Barbara Gysi. «Das Schweizer Politiksystem beruht auf gegenseitigem Respekt sowie dem Akzeptieren unterschiedlicher Meinungen. Nur so können in einem Konkordanz-System nachhaltige Lösungen zum Wohl der Schweizer Bevölkerung gefunden werden», heisst es am Freitagmorgen in einer Medienmitteilung.

Zudem falle auf, dass die Präsidentin der JUSO St.Gallen, Anna Miotto, beruflich beim Kampa Kollektiv engagiert ist. Dieses führe regelmässig Kampagnen für die SP Kanton St.Gallen. Gemäss Instagram-Beiträgen organisiert das Kampa Kollektiv auch die Ständerats-Kampagne für Barbara Gysi. Folglich könne die Medienmitteilung der JUSO auch nicht nur als reine Stimmungsmache einer Jungpartei eingeordnet werden.

Die JFSG fordern Barbara Gysi deshalb auf, sich klar von diesem Politikstil sowie ihrer Jungpartei zu distanzieren. «Alles andere wäre einer Politikerin, die den Kanton St.Gallen und dessen Bevölkerung auf nationaler Ebene vertreten soll, unwürdig.»

Bei Trump abgeschaut?

Der Politikstil der JUSO ähne immer mehr dem vieldiskutierten «Trumpismus»: ein schriller Kommunikationsstil, persönliche Angriffe gegen andere Kandidatinnen sowie haltlose Unterstellungen, wie sie in den amerikanischen Wahlkämpfen seit Donald Trump üblich sind.

Die JFSG stellen erstaunt fest, dass gerade die JUSO, welche sich immer als Gegnerin von Donald Trump und seiner Politik geäussert hat, nun genau die gleichen politischen Stilmittel verwendet wie besagter Ex-Präsident. Die JFSG empfehlen den JUSO dringend, ihre eigene politische Tätigkeit zu überdenken.

Sie sind felsenfest davon überzeugt, dass Susanne Vincenz-Stauffacher die richtige Person für den freien St.Galler Ständeratssitz ist. Ideologische Scheuklappen sowie die Verweigerung des Diskurses mit politisch Andersdenkenden bringen unseren Kanton und seine Bevölkerung nicht weiter. 

Die Jungsozialisten sind cringe*


Die Juso behandeln eigentlich Themen, die auch mich teilweise ansprechen. Aber die Jungpartei der SP fällt immer wieder mit fragwürdigen Aktionen auf. Die Partei aus der Sicht eines 21-Jährigen.

von Patrice Ezeogukwu

Eigentlich wäre ich als eher linke, junge, dunkelhäutige Person das Zielpublikum der Juso. Für mich persönlich ist die Jungpartei aber mittlerweile so unwählbar wie die SVP. Auch wenn es in der gesamten Schweiz viele Beispiele geben würde – wie die Forderung, die Polizei abzuschaffen – nehme ich Beispiele aus St.Gallen, um meinen Standpunkt zu untermauern:

«Heute brennt die Weltwoche, morgen dann Roger Köppel», hiess es auf einem Wahlplakat der Juso Wil. Ich selbst bin auch kein Fan von Weltwoche-Verleger Köppel. Aber von solch einer Aussage würde ich mich jederzeit distanzieren. Das war das erste Mal, dass mir die Jungsozialisten negativ auffielen.

Im März 2022 haben die Juso der Stadt St.Gallen dann die «Bullshit Oscars» verteilt. Auch wenn weniger schlimm als andere Aktion: In einem Rundumschlag andere Politiker schlecht darzustellen – ohne Mehrwert beziehungsweise Lösungsansatz – finde ich kritisch.

Als nächste stach mir die «Clown-Polizei-Aktion» ins Auge. Im Frühjahr 2022 haben die Stadt-St.Galler Juso der Polizei unverhältnismässige Repression vorgeworfen. Der Stadtrat hat dies jedoch bestritten. Wie reagieren die Jungsozialisten? Sie verkleiden sich als Clown-Polizisten – weg von jeglicher Seriosität, obwohl das Thema eigentlich ernst wäre.

Die jüngste kontroverse Aktion der Juso ist ein Instagram-Post, den auch einige Follower kritisch sehen. Bis auf Barbara Gysi (SP) seien alle Ständeratskandidatinnen unwählbar. Esther Friedli (SVP) wird ohne Argumente als «sexistische, rassistische, menschenfeindliche Kackscheisse» bezeichnet, Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) sei zu wenig feministisch und umweltfreundlich.

Und Franziska Ryser zeige kein ideologisches Rückgrat; die Nazi-Verbindungen ihres WG-Kumpels seien ihr egal. Damit ist der St.Galler SVP-Nationalrat Mike Egger gemeint. Dass sich dieser aber von seinem «Nazi-Kumpel» distanziert hat, ist der Juso egal.

Nachdem besagter Nationalsozialist aus der Jungen SVP ausgeschlossen wurde, äusserte sich Mike Egger folgendermassen gegenüber dem «Tagblatt»: «Die Jungpartei hat mit dem Ausschluss alles richtig gemacht und somit ein klares Zeichen gegen die Radikalisierung gesetzt. Die SVP lehnt jede Form von Radikalisierung ab.» Ich bin kein Fan der SVP, aber fair sollte man bleiben.

Abschliessend kann ich nur sagen: Die Juso sind einfach cringe.

*cringe: umgangssprachlich für peinlich, sich fremdschämen.

mik/stz/stgallen24