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Rebstein
26.10.2022
27.10.2022 05:15 Uhr

Der Strom könnte im Winter knapp werden

Prof.Dr. Lino Guzzella von der ETH Zürich referierte zum Thema «Energie für die Welt und die Schweiz»
Prof.Dr. Lino Guzzella von der ETH Zürich referierte zum Thema «Energie für die Welt und die Schweiz» Bild: Ulrike Huber
Der AGV Rheintal hat am Dienstag im Rinova ein Symposium zum Thema «Energie und Klima – Energieversorgung Schweiz» veranstaltet. Bei den Vorträgen wurde eines schnell klar: die Schweiz steuert auf eine Energiemangellage in den Wintermonaten zu.

In ihrer Begrüssung der rund fünfzig Teilnehmer dieses Symposiums gab Dr. Bettina Fleisch, Vorstandsmitglied der AGV Rheintal und CEO bei der säntis packaging AG, einen kurzen Rückblick auf die Geschichte des Energiebedarfs der Menschheit. Erst mit der Dampfmaschine und dem Beginn des industriellen Zeitalters wurde damit begonnen, den Energiebedarf aus fossilen Brennstoffen zu bedecken.

Rund fünfzig Besucher nahmen am Symposium teil Bild: Ulrike Huber

Schweiz in der Zwickmühle

Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem stets steigenden Verbrauch an Erdöl und später auch Erdgas steigt die weltweite CO2-Emission stark an. Auch die Schweiz befindet sich in der Zwickmühle, einerseits den CO2-Ausstoss senken zu müssen und andererseits den stetig steigenden Strombedarf decken zu müssen.

  • Dr. Bettina Fleisch begrüsste als Vorstandsmitglied des AGV Rheintal die Besucher Bild: Ulrike Huber
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Zu diesem Thema – «Energie für die Welt und die Schweiz» – referierte Prof. Dr. Lino Guzzella von der ETH Zürich. Seine Analyse zeigte ganz klar: die Welt braucht mehr Energie. Denn Wohlstand gibt es nur mit einem hohen Energieverbrauch. Und derzeit wird 73.2 Prozent des Energiebedarfs aus fossilen Energiequellen gedeckt.

Bild: Ulrike Huber

Decarbonisierung des Energieverbrauchs

Die Elektrifizierung der Energie sei das zentrale Element und die einzige Möglichkeit der Decarbonisierung des Energieverbrauchs. Doch von den Erzeugungsarten der Elektrizität sind nur Wasserkraft und Kernkraft sowohl CO2-arm als auch grundlastfähig.

Bild: Ulrike Huber

Lino Guzzella legte dar, dass sowohl die CO2-Emissionen per GWh, als auch die Todesfälle pro TWh nur bei der Wasserkraft und auch bei der Nuklearenergie in einem akzeptablen Bereich liegen.

Jürg Solenthaler von der SAK: «Es herrschen grosse Unsicherheiten, ob ein ausreichender Stromimport möglich ist» Bild: Ulrike Huber

Todesfälle pro Terrawattstunde

So fordert die Erzeugung von einer Terrawattstunde Energie bei der Kohle 24.6 und bei Erdöl 18.4 Todesfälle, während es bei Atomenergie trotz Tschernobyl, Three Miles Island oder Fukujima «nur» 0.07 Tote sind. Und Guzzella zeigte auf, dass selbst bei einer Halbierung des Wärmebedarfs aufgrund von Gebäudesanierungen und –dämmungen bis 2050 in der Schweiz zu diesem Zeitpunkt riesige Energiemengen fehlen werden.

Bild: Ulrike Huber

Auch bei der sofortigen Inangriffnahme von Solar- und Windkraftprojekten. «Die Welt braucht Energie. Absichtserklärungen sind gut, Resultate sind besser, Denkverbote sind schlecht. Forschung und Entwicklung sind die besten Investitionen.»

  • Prof. Dr. Lino Guzzella im Gespräch Bild: Ulrike Huber
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  • RA Thomas Bolt, Geschäftsführer beim AGV Rheintal, hatte wieder für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung gesorgt Bild: Ulrike Huber
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  • Prof. Dr. Lino Guzzella im Gespräch mit Sabina Saggioro vom Verein St.Galler Rheintal Bild: Ulrike Huber
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  • Alt-Kantonsrat Stephan Britschgi Bild: Ulrike Huber
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Gehen im Winter die Lichter aus?

Zur provokanten Fragestellung «Gehen im Winter die Lichter aus?» zeigte Jürg Solenthaler von der SAK die aktuellen Probleme der Elektrizitätsversorger auf. Die Tatsache, dass die Schweiz in den Wintermonaten Strom importieren muss und im Hauptlieferland Frankreich ausgerechnet jetzt von 56 Atomkraftwerken nur 32 in Betrieb sind, während die anderen gewartet werden müssen, erfordere, dass man alles daransetze, eine Strommangellage zu verhindern.

Martin Wipfli erzählte aus seinen Erfahrungen beim Riesenprojekt der V-Zug AG Bild: Ulrike Huber

Dies geschehe durch verschiedene kurz- und langfristige Massnahmen. Aktuell sei die Versorgungssicherheit gegeben. Doch was passiert, wenn es doch zu einer Mangellage kommen wird?

Bild: Ulrike Huber

Dann geht jedenfalls die Entscheidungsgewalt über Massnahmen und die zentrale Steuerung der Karftwerke auf die „Ostral“ (Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen) und damit auf den Bund über. Als erstes würden dann Verbote für die Benutzung bestimmter Geräte ausgesprochen und eine Kontingentierung bei den Grossverbrauchern verfügt. Als nächsten Schritte könnte es in dieser doch unwahrscheinlichen Situation zu zyklischen Abschaltungen der Stromlieferungen kommen.

Peter Mayer von SFS Group AG: «Die Windkraftanlage bei der SFS ist ein Leuchtturmprojekt für das Rheintal» Bild: Ulrike Huber

Vertikalisierte Produktion

Martin Wipfli von der Metall Zug AG schilderte die «Nachhaltige Energieversorgung auf Industrie-Anlagen» anhand des Beispiels des radikalen Umbaus des Produktionsstandortes der V-Zug AG, wo etwa die Produktion «vertikalisiert» über mehrere Stockwerke hinweg verändert und damit tausende Quadratmeter an Bodenfläche zur sinnvollen Nutzung frei wurden.

Die von der SFS Group zur Errichtung geplante Windkraftanlage war natürlich auch Thema bei diesem Symposium. Peter Mayer berichtete von den bisherigen Erfahrungen und den noch bevorstehenden Schritten zur Umsetzung dieses ambitionierten Leuchtturmprojekts im Rheintal.

rheintal24/gmh/uh