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Gast-Kommentar
Wirtschaft
04.10.2022

«Packen wir die Energiewende gemeinsam an!»

Christoph Pfister, Energie- und Strategieberater sowie Gastdozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ( ZHAW)
Christoph Pfister, Energie- und Strategieberater sowie Gastdozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ( ZHAW) Bild: Ulrike Huber
Energiekrise, Blackout, hohe Energiepreise und Versorgungsengpässe – was ist zu tun? Wie können wir die Energiewende vorantreiben und uns in Richtung Energieautonomie entwickeln? Ein Gastbeitrag von Mag. (FH), MBA Christoph Pfister.

Täglich sind auch wir persönlich mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Die Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen, Murenabgänge nehmen auch bei uns in der Gegend massiv zu. Wir hatten in vergangenen Sommern teilweise auch schon Temperaturen über 35 Grad.

Auslöser für steigende Energiepreise

Der Krieg in der Ukraine war und ist nur ein Auslöser für steigende Öl-und Gaspreise, Lebensmittelpreise und Energiepreise und für eine hohe Inflationsrate. Alles wird teurer und wir als Bürger und KMU (kleines / mittleres Unternehmen) sind davon massiv betroffen. Bei den Konzernunternehmen gibt es Verlierer, aber auch zahlreiche Gewinner dieser Krise.

SMART CITY: Kombination der unterschiedlichen erneuerbaren Energieträger in ganzheitlichen Lösungsansätzen Bild: EnergyXploit AG

Was sollen wir tun, damit wir alle künftig zu den Gewinnern gehören? Zunächst starten wir mit einer Ressourcenanalyse, welche Energieträger vor Ort vorhanden sind.

Gibt es Grundwasser, in welcher Tiefe mit welcher Ergiebigkeit?

Gibt es Thermalwasser / Heisswasser? In welcher Tiefe und Ergiebigkeit?

Gibt es ungenutzte, grössere Dachflächen für eine Photovoltaikanlage? Wie viele Sonnentage gibt es?

Gesetzliche Voraussetzungen und Anreize

Die Realisierung der Energiewende «Weg von den fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energieträgern» ist eine der grossen Transformationen des 21. Jahrhunderts und wir müsse da Alle gemeinsam anpacken, dass wir dies auf die Reihe bekommen. Damit spreche ich auch insbesondere die Politiker an, welche die gesetzlichen Voraussetzungen und Anreizsysteme, wie z.B. Förderungen für den «Häuslebauer» und für KMU´s aufstocken und unbürokratischer gestalten sollten. Die Energieversorger, Städte und Gemeinden können hierbei auch einen entscheidenden Beitrag leisten, indem diese zusätzliche erneuerbare Energiequellen erschliessen.

Potenziale liegen hierbei insbesondere im Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze, in der Mehrfachnutzung von Heisswasser im Bereich mittlere Tiefengeothermie, in der Nutzung von Grundwasser zum Heizen- und Kühlen von Gebäuden (Energiepfähle, Tiefensonden, Grundwasser / Solewärmepumpen), Photovoltaiklösungen auf der Fassade, auf Dächern, Balkonen, Carports, Wintergärten und Zäunen.

Thermalwasser in St.Margrethen

Hinsichtlich der Mehrfachnutzung von Thermalwasser hätten wir ja ein paar lohnende Regionen im Rheintal wie z.B. St. Margarethen oder Bad Ragaz. Heisswasser mit 30-40 Grad kann z.B. zu einer Hochleistungswärmepumpe geleitet werden. Es können damit aber auch ganze Stadtareale beheizt werden.

Zusätzliches Potential liegt in der Nutzung von Abwärme von z.B. Eishallen und Rechenzentren, als auch von Prozesswärme in der Produktion. Das Potenzial für weitere Biogasanlagen, mit denen zukünftig grüner Strom erzeugt werden kann, sollte ebenfalls bewertet werden.

Lösungen auf Gebäudeebene

Was ist eine Energiesystemlösung? Die Kombination von oberflächennahen Energiequellen im Bereich Geothermie mit Tiefensonden, einer Grundwasser- bzw. Sole-Wärmepumpe und z.B. Photovoltaikelementen auf dem Dach, stellt eine Kombination unterschiedlicher erneuerbarer Energieträger dar. Eine „Steuerungseinheit“ optimiert die Energieeffizienz – somit entsteht eine Energiesystemlösung. Siehe dazu nachfolgende Abbildung.

Kombination der erneuerbaren Energieträger in einer Energiesystemlösung Bild: EnergyXploit AG

Öl- und Gasheizungen können in den meisten Fällen mittels einer oder mehreren Tiefensondenbohrungen (ist abhängig von den Bodenverhältnissen) auf eine Tiefe von ca. 100m bis 150m ersetzt werden.

Die Wärmepumpe erhöht die Temperatur aus dem Erdreich und verteilt die Wärme / Kälte im Gebäude. PV- Elemente auf dem Dach, auf Fassaden, Carports, Wintergärten, Balkonen oder Zäunen liefern den Strom für die Wärmepumpe und für andere Elektro-Verbraucher im Gebäude

Energieautonomie stellt dabei ein anzustrebendes Ziel dar.

Herausforderungen

Die kontinuierlich steigenden Preise im Bauwesen, bei Bauzulieferern und Baudienstleistern und die langen Lieferfristen durch unterbrochene Wertschöpfungsketten, fordern uns viel ab. Es werden z.B. teilweise keine Fixangebote gewährt und Lieferzeiten und Montagtätigkeiten reichen zum Teil schon in das Jahr 2024. Baustopps und Bauverzögerungen sind die Folge.

Was tun?

Energieversorgungsunternehmen bieten Contracting Lösungen für KMU´s an. Das bedeutet, dass der Energieversorger die Investitionskosten übernimmt (ähnlich wie beim Leasing) und dem Kunden Wärme und Strom verkauft mit monatlicher Abrechnung.

Oder gründen wir doch einen lokalen Verein für eine Energiegemeinschaft zu gründen. Bei Stromüberschuss gibt es dann ja sogar eine Einnahmequelle für die Netzeinspeisung. Ideal sehe ich den Zusammenschluss von einem oder mehreren KMU´s mit Privatpersonen in einer Energiegemeinschaft.

Packen wir die Energiewende jetzt gemeinsam an. Auf das «Tun» kommt es an.

Mag. (FH), MBA Christoph Pfister ist CEO des Energieberatungsunternehmens EnergyXploit, Gastdozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ( ZHAW), Vortragender an Kongressen, Energie- und Strategieberater für SMART CITY.

 

Christoph Pfister, Energie- und Strategieberater
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