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Vorarlberg
21.03.2022
22.03.2022 09:28 Uhr

Das Grauen einer Nacht – Mordfall Janine G.

Durch die Aussagen von Michael D. ist Licht in die Ermittlungen zum Mordfall Janine G. gekommen
Durch die Aussagen von Michael D. ist Licht in die Ermittlungen zum Mordfall Janine G. gekommen Bild: shutterstock.com
Das Vernehmungsprotokoll eines der beiden mutmasslichen Mörder der im Lustenauer Ried tot aufgefundenen Janine G. ist an die Öffentlichkeit gelangt. Ein Protokoll des Grauens.

Immer neue, immer schrecklichere Details vom Ablauf der Ermordung der dreissigjährigen Janine G. in einer Wohnung in Lustenau und der Ablage ihrer Leiche in einem Entwässerungsgraben in der Nähe der Diskothek «Sender» gelangen an die Öffentlichkeit. Jetzt ist es der «Neuen Vorarlberger Tageszeitung» gelungen, Einsicht in das Einvernahmeprotokoll des jüngeren der beiden Tatverdächtigen, des 19-jährigen Michael D. (Name geändert), zu bekommen.

Ein Mord, der aus dem Nichts kam

So wurden neue, schockierende Details veröffentlicht. Über einen Mord, der quasi aus dem Nichts kam. Der überraschend eskalierte. Mit einem vermutlichen Täter, nämlich dem bisher schweigenden 25-jährigen Pascal S. (Name geändert), der vor längerer Zeit eine kurzzeitige intime Beziehung mit seinem Opfer hatte, dem er offenbar Geld schuldete. Ein Mord nach einem gut gelaunten, chilligen Abend mit viel Alkohol und sonstigen Drogen. Ein Mord, der in seiner Brutalität und Grausamkeit Bestandteil einer Fernsehkrimiserie sein könnte.

Waren es der Alkohol und die Drogen, die diese fröhliche Runde auf derart furchtbare Weise entgleiten liess? Wie jetzt feststeht, war Janine D. mit einem Bekannten zwischen 22.00 und 23.00 Uhr zu den beiden Tatverdächtigen gestossen, die schon seit 18.00 Uhr zusammensassen. In der Wohnung des Michael D. im Norden von Lustenau. Von dort aus ging es zu viert nach Fussach zu dem Bekannten von Janine D.. Man besorgte sich noch in einer Tankstelle Alkohol und Zigaretten. Es ist 00.40 Uhr.

«Alle hatten Spass»

In Fussach wird Gras geraucht und getrunken. Auch eine Flasche «Berliner Luft», ein starker Pfefferminzlikör, wandert von Hand zu Hand. Alle hatten Spass, gibt Michael D. bei der Einvernahme an. Als nach zwei Stunden der Bekannte von Janine müde wird, fährt diese mit Michael D. und Pascal S. zurück in die Lustenauer Wohnung, wo noch weitergefeiert werden soll. Noch zwei Stunden sass man im Wohnzimmer, hörte Musik und schaute fern. Janine D. habe dann unbedingt noch irgendwo Kokain auftreiben wollen. Sie habe laut Aussage von Michael D. zu Pascal S. gesagt, dass sie noch jemandem ein «nude» (Anm. ein Nacktfoto) schicken werde, um an Kokain zu kommen.

Die beiden seien in die Garderobe gegangen und nach kurzer Zeit wieder zurückgekehrt. Was inzwischen passiert ist, weiss Michael D. nicht. Ob das Nacktfoto versendet wurde, oder was die Frau zu dem unsteten und arbeitslosen Pascal S. gesagt hat. Es müsse aber irgendetwas passiert sein, vermutet Michael D..

Mehrere misslungene Versuche

Denn Pascal S. habe plötzlich in seine Richtung gesagt, «Ich breche ihr jetzt das Genick». Nach mehreren misslungenen Versuchen, Janine G. durch schnelles Drehen ihres Kopfes mit einem offenbar aus Filmen abgeschauten Griff von hinten das Genick zu brechen, zerrt Pascal S. die zart gebaute Frau auf den Boden und würgt sie. Mehrere Minuten lang. «Stirb endlich! Stirb endlich!». Als sich Janine G. nicht mehr rührt, setzt sich der 25-Jährige Pascal S. auf die Couch, zündet sich eine Zigarette an und sagt zu Michael D., der kauernd in einer Ecke hockt und unter Schock steht: «Verkopf dich nicht.»

Wie der Gerichtsmediziner später feststellen wird, muss die junge Frau bewusstlos auf dem Boden liegend zu dieser Zeit am Einatmen des eigenen Erbrochenen erstickt sein. Warum er dies gemacht habe, habe Pascal S. dem Michael D. nicht gesagt. Warum Michael D. nicht eingeschritten ist, versucht dieser selbst zu begründen: «Ich wollte etwas machen, war aber aufgrund des Alkohols und des Schocks wie festgenagelt.»

Szenen eines schlechten Films

Die Szenen eines schlechten Films gingen noch weiter. Die Leiche wird in den Mietwagen von Michael D. getragen und auf dem Rücksitz so drapiert, dass Janine ausschaut, als würde sie nur schlafen. Dann fährt das seltsame Duo mit ihrer toten Fracht nach Bludenz, um sich dort des Leichnams zu entledigen, fand aber keinen geeigneten Platz und kehrte unverrichteter Dinge nach Lustenau zurück. Wo Pascal S. den Michael D. zu Hause absetzte. Zu diesem Zeitpunkt ist es etwa 08.00 Uhr morgens.

Um 18.30 Uhr desselben Tages kehrt Pascal S. zurück. «Janine G. lag immer noch auf dem Rücksitz meines PKW. Wir sind dann so verblieben, dass wir uns um Mitternacht bei mir zuhause treffen und er mir das Auto ohne Janine zurückbringt», so Michael D., der aber bereits früher schlafen gegangen ist und das Treffen absagte. Am nächsten Abend sei dann aber sein Auto vor der Tür gestanden. Ohne Leichnam. Und das Auto der Janine G. sei weg gewesen.

Warum nicht zur Polizei?

Ganz in der Nähe wurde Janine G. dann am Samstagnachmittag rücklings liegend in einem Entwässerungsgraben mitten im Lustenauer Ried, nur mit einem T-Shirt und Jeans bekleidet, gefunden. Warum nur hat Michael D. nicht wenigstens die Polizei verständigt? «Ich hatte Angst, konnte nicht mehr schlafen und nichts mehr essen.» Und zwei Kollegen, denen er alles erzählt hatten, rieten ihm, nicht zur Polizei zu gehen.

rheintal24/gmh/uh