Der Balgacher Pop-Barde bleibt dabei ein herzhafter Discoprediger, der die wiederkehrende Beichte mit seiner sonoren Stimme abnimmt und uns von allem befreit, was uns urückhält - sich selbst inbegriffen. Eingepfercht in grelle Synthesizer-Schwaden erkundet er in «David», wie man heutzutage ein perfekter Posterknabe wird. Zum stetigen Takt der elektronischen Rhythmus-Abteilung werden Webcams verbrannt, über die lügenden Lüstlinge, die den Sänger damals zu unzüchtigen Taten genötigt haben.
Verführerischer Engelchor
Und plötzlich zeigen sich Überraschungsmomente wie im Stück «Home Alone»: Zuckersüsses Gitarrenspiel in Begleitung eines verführerischen Engelchors. Der Soundtrack mit dem man nach der zerrütteten Partynacht, alleine aber glücklich nach Hause flaniert. Auch die düsteren Klänge bleiben auf «Fake nails» nicht vergessen. Songs wie «I Want You To Know» betreten emotionale Schluchten, die so dunkel klingen, wie noch nie zuvor etwas im Crimer-Universum getönt hat. Doch ganz egal wohin er uns auch führt, der junge Singer/Songwriter ist kompromisslos, wenn es um seine emotionale Hingabe geht mit dem stetigen Augenmerk auf unbestechlich einbrennende Melodien.
Ödes englisches Wetter
Aufgenommen wurde «Fake nails» über zwei Monate im Norden von London. Eingeklemmt zwischen den engen Strassen und dem tiefen Himmel in einem kleinen Wohnzimmer, vollgestopft mit Synthesizern aus goldenen Zeiten, beobachtete Crimer gelegentlich, wie der Tontechniker von Coldplay im Haus gegenüber seinen Garten pflegt. Einmal lud man gar den Schlagzeuger von Elbow ein, um Bongos und dergleichen einzuspielen. Meistens war man jedoch auf sich alleine gestellt in Begleitung des öden englischen Wetters und den viel zu nahen Wänden des Treppenzimmers.
«Fake nails» vibriert genau in diesem irdisch rohen Rhythmus zu einem natürlichen Beat, dem die Elemente folgen, wenn sie nahe genug sind, um sich zu verbinden.