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St. Margrethen
21.08.2021
23.08.2021 12:43 Uhr

Laura Bucher: «Politik muss bei den Leuten sein»

Regierungsrätin Laura Bucher in ihrem Büro mit grossartiger Aussicht auf das Kosterviertel
Regierungsrätin Laura Bucher in ihrem Büro mit grossartiger Aussicht auf das Kosterviertel Bild: Ulrike Huber
rheintal24 trifft sich in unregelmässigen Abständen mit Persönlichkeiten des Rheintals zum gemütlichen «Bürogeplauer». Heute mit Laura Bucher, Regierungsrätin aus St.Margrethen.

Im April 2020 wurde die 36-jährige Laura Bucher aus St.Margrethen in die Regierung des Kantons St.Gallen gewählt. Sie steht seit dem 1. Juni des letzten Jahres dem Departement des Inneren vor. Zeit für ein erstes Resümee. Wie erstieg sie in so kurzer Zeit die politische Karrierenleiter?

Laura Bucher: «Vor meiner Wahl in die Regierung war ich zehn Jahre lang Kantonsrätin und habe den Wahlkreis Rheintal vertreten, zuletzt war ich Co-Fraktionspräsidentin der SP-Grüne-Fraktion. SP-lerin im «Rhintl» zu sein bedeutet, nahe bei den Menschen und ihren Lebenswelten zu sein. Das hat meine politische Arbeit geprägt und verleiht in der Suche nach politischen Lösungen auch eine gewisse Bodenhaftung. Aber als Regierungsrätin tritt die Parteipolitik ohnehin mehr in den Hintergrund.»

In diesem Teil des Klosterviertels ist der Sitz des Regierungsgebäudes des Kantons St.Gallen Bild: pfalzbrief.ch

Im Jahre 2010 rutschte die promovierte Juristin als Ersatz auf der Liste der SP und Gewerkschaften im Wahlkreis Rheintal in den Kantonsrat nach und gehörte diesem zehn Jahre lang an. In den letzten beiden Jahren als Fraktionspräsidentin. Sie wurde dann von ihrer Partei als Nachfolgerin von Heidi Hanselmann als Regierungsrätin nominiert. Und auch gewählt.

«Im Juni war mein erstes Jahr in der Regierung vorbei. Es war coronabedingt ein äusserst intensives Jahr mit vielen ausserordentlichen Sitzungen und auch schwierigen Entscheiden. Die Atmosphäre ist sehr kollegial. Wie in jeder Kollegialbehörde ringen wir um gute Lösungen, dabei sind wir uns natürlich nicht immer einig, aber wir haben auch in den schlimmsten Pandemiezeiten miteinander gut funktioniert. Die Gründe dafür? Auch in der Pandemie haben wir uns jeweils am Dienstag konsequent physisch getroffen. Man muss sich bei schwierigen Diskussionen und Entscheidungen direkt in die Augen sehen können. Ausserdem sind wir zwei Frauen im Regierungsrat und divers zusammengesetzte Teams funktionieren erfahrungsgemäss einfach besser.»

Laura Bucher: «Der Schlüssel zur Bewältigung der Pandemie ist sicher die Impfung» Bild: Ulrike Huber

Tatsächlich scheint der Kanton diese Krise wirtschaftlich und gesellschaftlich gut überstanden zu haben. Mit Hilfen für Kulturtreibende, Kurzarbeitsgeldern und Erwerbsersatzentschädigungen konnte auch der soziale Frieden gewahrt bleiben.

«Der Schlüssel zur Bewältigung der Pandemie ist sicher die Impfung. Sich impfen zu lassen, ist ein Zeichen der Solidarität, aber letztlich muss es eine persönliche Entscheidung sein. Wenn aber alle Impffähigen ein Impfangebot bekommen haben, dann sollte es meines Erachtens zurück in die Normalität gehen. Die Nichtgeimpften werden sich dann selbst schützen und Einschränkungen in Kauf nehmen müssen.»

«Wir konnten den Service Public stets aufrechterhalten» Bild: Ulrike Huber

Das Departement für Inneres ist für die Bereiche Kultur, Soziales, Gemeinden, Bürgerrecht und Zivilstandswesen, Handelsregister und Notariate, das Konkursamt sowie für das Stiftsarchiv zuständig und beschäftigt rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es war in diesem doch ganz eigenen Coronajahr noch nicht einmal möglich, dass die Departementsvorsteherin alle Mitarbeitenden persönlich treffen konnte, obwohl dies eines ihrer wichtigsten Ziele ist. «Ich möchte eine Chefin sein, die nahe bei ihren Mitarbeitenden ist», sagt Laura Bucher.

«Corona hat uns im Departement stark beschäftigt und tut es nach wie vor. Wir haben innert kürzester Zeit die Hilfen für den Kulturbereich organisiert und ausbezahlt, der Gesuchsprozess ist nach wie vor sehr aufwändig. Auch im  Sozialbereich haben wir Hilfsangebote wie die coronahilfe.sg oder eine Maskenpauschale für EL-Beziehende geschaffen. In den Ämtern musste trotz der Pandemie und Home-Office die Erreichbarkeit sichergestellt werden. Doch wir konnten den Service Public stets aufrechterhalten, und auch Schwankungen gut abfedern – wie beispielsweise in der Kantonsbibliothek oder auch bei der Übersterblichkeit im letzten Herbst, die etwa die Amtsnotariate mit einer höheren Zahl an Erbteilungen stark beschäftigte. Trotz der grossen Arbeitslast gelang es uns auch, wichtige Schritte in der Digitalisierung einzuleiten, wie die erfolgreiche Einführung eines Chat-Bots im Handelsregisterbereich zeigt.»

«Die Ablehnung des CO2-Gesetzes hat mich persönlich enttäuscht» Bild: Ulrike Huber

Als SP-Politikerin stand die Regierungsrätin hinter hinter dem CO2-Gesetz. Was sagt sie zu dessen Ablehnung an der Urne?

«Besonders die Ablehnung des CO2-Gesetzes hat mich persönlich enttäuscht. Dieser Volksentscheid ist zwar sehr bedauerlich, aber keine grundsätzliche Absage des Stimmvolkes gegen den Klimaschutz. Fest steht aber, wir alle müssen unser Verhalten massiv und rasch ändern, um einen Weg gegen den Klimawandel zu finden. Das ist auch ein wichtiges Ziel der Regierung.»

«Wir alle müssen unser Verhalten massiv und rasch ändern, um einen Weg gegen den Klimawandel zu finden» Bild: Ulrike Huber

Hinter der Regierungsrätin liegt ein arbeitsreiches Jahr. Hatte Laura Bucher daneben eigentlich noch Zeit für ihre beiden vier- und sechsjährigen Kinder, für Ferien und Hobbies?

«Das ist alles nur eine Frage der Organisation. Mein Mann Roland Stillhard, Schulleiter und Teilzeit-Hausmann, und ich funktionieren perfekt als Team. Er hält mir den Rücken frei, damit wir die Wochenenden und Ferien für die Familie haben. Und wenn es wichtige Anlässe wie Elternabende, Geburtstage oder der erste Kindergartentag gibt, so wird dieser Termin in der Agenda selbstverständlich blockiert. Ich will das Amt so ausüben, dass ich meine anspruchsvolle berufliche Tätigkeit mit der Familie vereinbaren kann. Das ist mir auch politisch ein wichtiges Anliegen. Man muss als Politikerin – wie in anderen Berufen auch – Prioritäten setzen und nicht alle Veranstaltungen besuchen, sondern eine gute Work-Life-Balance finden.»

Laura Bucher ist auch als Musikern in der Rheintaler Blasmusikszene bekannt und beliebt. Hier bei einem Auftritt bei einem Adventskonzert der MG St.Margrethen Bild: Ulrike Huber

Bei den Musikern des Rheintals ist Laura Bucher weitum bekannt und beliebt. Hat sie doch als leidenschaftliche Hobbymusikerin schon in mehreren Blasmusikvereinen der Region gespielt und ist Ehrenmitglied beim Musikverein St.Margrethen. Auch ihren Mann Roland hat sie über die Blasmusik kennengelernt. Jetzt fehlt ihr leider die Zeit für Proben und Konzerte. So gibt es nur noch Weihnachtsmusik mit den Kindern

«Ein Teil meiner Familie stammt aus Italien, mein Grossvater aus dem Friaul. Sie sind vor siebzig Jahren in die Schweiz eingewandert. Die Erfahrungen, die sie und auch meine Mutter gemacht haben, haben mich sehr geprägt. Ich hoffe, dass wir unsere Familie in Italien nach der Pandemie bald wieder einmal besuchen können. Wir sind gerne im Friaul, wo wir dann mit der Familie eine typische Polenta kochen und ein Glas friaulischen Wein trinken. Kulinarisch mag ich am liebsten Härdöpfelstock und Voressen, gekocht von Mama. In letzter Zeit esse ich mehr vegetarisch was ja auch ein Beitrag zu einem besseren Klima, zu mehr Regionalität und bewusster Ernährung ist. Gerne darf es aber auch ein gutes Stück Fleisch aus fairer und regionaler Produktion sein.»

Regierungsrätin Laura Bucher macht den Eindruck eines zufriedenen Menschen. Eines Menschen, der mit sich und der Welt im Einklang steht Bild: Ulrike Huber

Ja, Regierungsrätin Laura Bucher macht den Eindruck eines zufriedenen Menschen. Eines Menschen, der mit sich und der Welt im Einklang ist. Der für sich den richtigen Weg gefunden hat. Als Vorsteherin des Departements für Inneres arbeitet sie in einem wunderbaren, historischen Büro im Klosterhof, geschmackvoll eingerichtet mit klassischen und mit unglaublich schönen Intarsien verzierten Möbeln. Mit einem Blick direkt über den Klosterhof in Richtung Dom. Von hier führt sie gemeinsam mit ihren sechs Amtsleitenden und dem Generalsekretär die etwa 300 Mitarbeitenden des Departements.

«Auch nach einem Jahr im Amt lerne ich noch jeden Tag dazu. Die Aufgabe macht unglaublich viel Freude und ist sehr abwechslungsreich, kein Tag gleicht dem anderen. Es ist einfach ein Privileg, unseren Kanton und die Lebensbedingungen für die Menschen, die hier leben, mitgestalten zu dürfen.»

rheintal24/gmh/uh
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