Da war was los. Offiziell dreihundert Fans (in Wahrheit waren es doch einige mehr) feierten beim Public-Viewing im Pavillon Blattacker in Heerbrugg ihre Helden. Ihre Natispieler, die am vergangenen Montag im Match gegen Frankreich uns allen den Glauben an einen leidenschaftlichen und nicht nur von Geld bestimmten Fussball zurückbrachten.
Danke, Jungs!!! Danke, Fans!!!
Jubeln mit Aufwärmen
Und wie die Fans abgingen. Schon um fünf Uhr, also eine Stunde vor Spielbeginn, war der Pavillon praktisch voll. Aufwärmen war angesagt. Und so hallten schon bald lautstarke „Hopp Schwiiz“-Rufe durch Heerbrugg. Mit Anpfiff brach die akustische Hölle los. Jede Aktion, ob von der Schweiz oder Spanien, jeder Pfiff des Schieris wurde lauthals kommentiert.
Still wurde es das erste Mal schon nach sechs Minuten, als Denis Zakaria ein unglückliches Eigentor fabrizierte. Doch nach wenigen Sekunden legten die Fans schon wieder los und feuerten die Schweizer Nati an. Nach der Halbzeit wurden die Eidgenossen immer offensiver. Und als Xherdan Shaqiri nach einer guten Stunde den Ausgleich fixierte, war der Jubel grenzenlos.
Grenzenloses Unverständnis über rote Karte
Genauso grenzenlos wie das Unverständnis, das die Entscheidung des Referees, Remo Freuler für ein Dutzendfoul, das allenfalls Gelb verdient hätte, die rote Karte zu geben. Man schrieb die 77. Minute. Und wäre der Schiri persönlich im Pavillon Blattacker anwesend gewesen, hätte man ihm sicher keine roten Rosen überreicht.
Von da an richteten die Schweizer Beton an. Mit Erfolg, den vor allem unser Goalie Yann Sommer wurde zum Oberbetonierer, der sein Gehäuse in eine geschlossene Festung verwandelte. Gefühlte zwanzig Schüsse der immer ratloser werdenden Iberer wurden von ihm gebändigt. Und auf jede dieser Prachtaktionen wurde in Heerbrugg „Yann Sommer, Yann Sommer“ skandiert. So lautstark, dass es mit Sicherheit noch im russischen St.Peterburg. wo die Partie gespielt wurde, zu hören war.
Nerven zum Zerreissen angespannt
1:1 Unentschieden nach Ablauf der Verlängerung. Penaltyschiessen. Jeder, der konnte, versorgte sich noch einmal mit einem Becher Gerstensaft. Die Nerven waren nicht nur bei Akanji, Schär und Co. zum Zerreissen angespannt, sondern auch bei allen Fernguckern im Blattacker. Welche noch einmal bis zum Ausrasten jubelten, als Gavranovic verwertete und der Schuss des ersten Spaniers, Sergio Busquets, nur an die Latte ging. Doch dann verschossen die nächsten drei Schweizer ihre Bälle. Und Spanien traf noch dreimal. Ende Gelände. Fertig mit EM. Aus und Vorbei.
Trotzdem: die Schweiz und Heerbrugg jubeln. Und sagen unseren Natispielern Danke. Für den Spass, den sie uns mit ihrer geradlinigen Art zu spielen und ihrer aufopferungsvollen Leidenschaft bereitet haben. Und einen Riesendank an die Fans, die überall in der Eidgenossenschaft mitgefiebert haben. Und die in der Nacht zum Dienstag dieselbe zum Tag gemacht haben. Fröhlich, friedlich, feierlustig. Wie auch diesmal wieder im Blattacker-Pavillon.
Mit der Stimmung, aber nicht mit der Niederlage zeigte sich Franco Basso, Vizepräsident des FC Au-Berneck 05, der das Heerbrugger Public Viewing veranstaltet hatte, zufrieden. Befragt am Ende der regulären Spielzeit schätzte er die Chancen der Schweizer richtig ein: «Mit einem Mann weniger können sie in der Verlängerung bestenfalls ein Gegentor verhindern. Und das Elfmeterschiessen ist Glückssache. Mich hat das Team aber schon jetzt mit ihrer Leidenschaft und ihrem ehrlichen Fussball überzeugt. Wie auch die vielen Fans, die hier sind und für eine traumhafte Stimmung sorgen.»