Lukas Fürst von «fürstlich Weine» aus Rebstein schüttelt nur noch den Kopf. «Diese Bürohengste, denen die Agrarinitiativen eingefallen sind, haben überhaupt keinen Bezug zum Weinbau. Denn dabei handelt es sich nicht um ein «Tagesgeschäft», sondern um eine Dauerkultur mit dreissig bis fünfzig Jahren Planung. Die Weinproduktion kann nicht innerhalb von acht Jahren ohne Pestizide und Fungizide auskommen.»
«Dann gibt es praktisch keinen Weinbau mehr»
Viel Niederschlag, viel Wärme, hoher Infektionsdruck
Der Grund dafür sind im Rheintal die klimatischen Verhältnisse. Vergleichsweise viele Niederschläge, dafür aber auch viel Wärme. Beides zusammen führt zu einem höheren Infektionsdruck bei Pilzkrankheiten. «Wir tun schon vieles in Richtung ökologischen Weinbaus, arbeiten mit den Reben zusammen, pflanzen resistentere Sorten und machen viel Laubarbeit. So werden ohnehin heute schon viele Pflanzenschutzmittel eingespart. Aber ganz ohne geht einfach nicht.»
Wobei: das mit den neuen, resistenten Sorten ist auch nicht so einfach. Denn viele Sorten haben Mühe, sich bei den Konsumenten beliebt zu machen. Was dann wieder viele Produzenten daran hindert, den Mut für neue Sorten aufzubringen. «Wir von «fürstlich Weine» haben 2018 neue Sorten gepflanzt und können mit diesen ca. 60 Prozent des Pflanzenschutzes einsparen.» Wie beim neuen Weissweincuvée Trio blanc, bei dem die Produktion nach den Richtlinien des ökologischen Leistungsnachweises erfolgt.
Für die nächsten Generationen gesetzt
«Im Weinbau denken wir langfristig», sagt Lukas Fürst, «die Reben werden für die nächsten Generationen gesetzt und brauchen lange Zeit, um sich zu amortisieren.» Die Hauptmittel zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten, wie falscher und echter Mehltau, Schwarzflecken und Rotbrenner sind auch im Bioweinbau nach wie vor Kupfer und Schwefel. Wobei bei einer Annahme der Agrarinitiativen auch das Kupfer verboten sein wird.
«Dabei ist der Kupfereintrag schon seit langem reduziert. Wenn man zurückdenkt, in den Jahren 1900 bis 1910, bevor dann mit Kupfer gespritzt wurde, hatten unsere Bauern dank des frisch aus den USA eingeschleppten falschen und echten Mehltaus fünf Ernten Totalausfall. Das Kupfer hat in kleinen Dosen schon eine gute Wirkung. In fünf Jahren werden beim Bioweinbau maximal 20 kg auf einem Hektar ausgebracht.»
Kriterien des ökologischen Leistungsnachweises
Die Winzer im Kanton St.Gallen betreiben schon seit Jahren ihren Weinbau nach den Kriterien des ökologischen Leistungsnachweises und sind bestrebt, möglichst nachhaltig und umweltschonend die Reben zu schützen. Ziel sei es, längerfristig auch auf Kupfer völlig zu verzichten. Die Forschung ist jedoch noch nicht soweit, einen adäquaten Ersatz zu bieten. Und überhaupt werden beim Weinbau kaum Insektizide verwendet.
«Die Begrünung der Rebberge, das abwechselnde Mähen des Unterwuchses und die schonenden Bodenbearbeitung haben die Nützlinge so gefördert, dass wir schon ganz auf Insektizide gegen Milben verzichten können. Und beim Traubenwickler und anderen Raupenarten kommen Sexuallockstoffe zum Einsatz, die mit Verwirrungstechnik die Vermehrung der Schädlinge unterbinden.»
Auch Weinimporte kaum mehr möglich
Als Praktiker im Weinbau und in seinem Hauptberuf als Weinbauberater ist für Lukas Fürst eines klar: Bei Annahme der Initiativen werden auch Weinimporte kaum mehr möglich sein. Denn nirgends auf der Welt wird man ganz ohne Kupfer oder synthetische Pflanzenschutzmittel auskommen. Also werden zumindest die billigen und mittelpreisigen Weine aus den Regalen verschwinden.
«Das eigentlich Schlimme an diesen beiden Initiativen ist, dass die Bestrebungen, die laufend in der Traubenproduktion sowie auch in der übrigen Landwirtschaft gemacht werden, nicht geschätzt werden.»