Tatsächlich ist der Covid-19-Virus, so wie 75 Prozent aller Viruserkrankungen eine sogenannte Zoonose, also eine vom Tier auf den Menschen übergesprungene Krankheit. Weitere Beispiele sind HIV, SARS, MERS, Ebola, Salmonellen, Vogelgrippe oder die Schweinegrippe. «Zoonosen könnten wir verhindern, wenn wir Tiere nicht als eigentliche Produktionsmaschinen in Märkten, Ställen und Schlachthäusern missbrauchen würden», zeigt sich Kantonsrätin Karin Hasler (SP) aus Balgach überzeugt, «denn erst die dadurch verursachte Nähe ermöglicht eine Ansteckung. Tierprodukte führen also nicht nur zu viel Leid bei den dafür getöteten Tieren, sondern auch bei uns Menschen. Die Bewältigung von Zoonosen sind auch sehr kostspielig, das hat die Vogelgrippe und nun auch Corona gezeigt. Gerade aktuell sind beide aktiv.»
Eine der weltweit grössten Bedrohungen
Hasler verweist auch auf die massiven Antibiotikagaben in den Tierställen, die zu antibiotika-resistenten MRSA- und ESBL-Keimen führen. «Resistente Keime aus der Nutztierhaltung können dann wiederum durch den Verzehr von Lebensmitteln z.B. auf Fleisch oder in der Milch, in den menschlichen Organismus gelangen. Die UNO bezeichnet die wachsende Anzahl antibiotikaresistenter Bakterien als eine der grössten weltweiten Bedrohungen für die Menschheit. Davon ist auch unser Kanton betroffen. In der Schweiz sterben jährlich bereits 300 Menschen daran und die Tendenz steigt ununterbrochen. 32 Tonnen Antibiotika wurden 2017 in der Schweiz an Tiere verabreicht – auch an gesunde.»
Kanton als Mitverursacher
Der Kanton St.Gallen sei mit seiner starken und geographisch sehr breiten Landwirtschaft und Produktion tierischer Produkte Mitverursacher von beidem: von Zoonosen und Antibiotikaresistenzen. Weshalb die Balgacher Kantonsrätin in einer aktuellen Interpellation die Kantonsregierung deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen ersucht hat:
- Wie steht es um die Antibiotikaresistenzen im Kanton St.Gallen und den Spitälern? Gibt es Untersuchungen zu Übertragungsorten? Wo kann ich mich zu Antibiotikaresistenzen im Kanton St.Gallen informieren?
- Inwiefern gibt es Untersuchungen, Zahlen, Berichte zu Zoonosen im Kanton? Inwiefern wird dies wissenschaftlich untersucht? Wo kann ich mich darüber informieren?
- Wieviel Antibiotika wird den Tieren im Kanton St.Gallen jährlich verabreicht?
- Wie ist die Haltung der Regierung betreffend einer breiten und gezielten Aufklärungskampagne zum Konsum von Tierprodukten, hauptsächlich betreffend Fleisch?
- Wenn im Bereich der Antibiotikaresistenzen nicht bald strengere Massnahmen getroffen werden, werden daran sehr bald mehr Menschen sterben als an Corona, inwiefern reagiert die Regierung mit entsprechenden Massnahmen auf diese gefährliche Entwicklung?
- Die Wahrscheinlichkeit von Zoonosen steigt mit dem Konsum von Tierprodukten aus der Massentierhaltung, als Beispiel gilt Corona. Inwiefern plant die Regierung Massnahmen, die den Konsum und die Produktion von Tierprodukten aus Massentierhaltung senkt und somit die Gesundheit der Bevölkerung schützt
Fleischproduktion zerstört öffentliches Gut
Für die überzeugte Veganerin Karin Hasler ist klar: «Die Fleischproduktion und die damit verbundenen landwirtschaftlichen Mittel und natürlich der Konsum zerstören regional öffentliches Gut wie Wasserqualität, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und Luft sowie global gesehen die Regenwälder und Lebensräume von globaler Bedeutung. Die Überlebensfähigkeit unserer ganzen Spezies wird oder ist bereits davon abhängig, dass wir die Fleischproduktion und den Fleischkonsum zurückfahren.» Die Mutter zweier Kinder will auch weiterhin mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für einen Fleischverzicht eintreten. Und ist davon überzeugt, dass ihre Forderungen extrem klingen, es aber nicht sind.
«Extrem ist es, das alle zu ignorieren. Bereits in weniger als 30 Jahren werden unsere Böden unfruchtbar sein, da das Phosphor aus China und Marokko ausgehen wird, welches wir als Dünger für die Bewirtschaftung unserer Böden brauchen, um Nahrungsmitteln herstellen zu können. Zudem spielt Ethik eine grosse Rolle: Schon Tolstoi sagte: Solange es Schlachthöfe gibt, wird es auch Schlachtfelder geben.»