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Au
18.12.2020
20.12.2020 09:07 Uhr

Streik bei INDOSA – Gehälter nicht bezahlt

So präsentiert sich Firmenpatriarch Werner Grabher auf der Homepage von INDOSA (Bild: indosa.ch)
So präsentiert sich Firmenpatriarch Werner Grabher auf der Homepage von INDOSA (Bild: indosa.ch) Bild: indosa.com
Die fünfzehn Mitarbeiter beim Dosenspezialist INDOSA in Au haben per 17.12. ihre Arbeit niedergelegt, weil sie keine Löhne mehr bekommen haben. Dieser Höhepunkt einer Firmentragödie hatte sich angekündigt.

Bereits am 12. Dezember hatte es ein Absender namens «Weihnachtsmann» per Leserbrief an die UNIA-Mitgliedszeitung «WORK» angekündigt: «Ab 17.12.2020 bleibt die Firma Indosa ohne Mitarbeiter. Die Arbeit wird niedergelegt, sollte nicht bis zum 16.12.2020 der Lohn vom November ausbezahlt werden… Am 25.12.2020 wäre der nächste Lohn fällig inkl. Sonderzahlung. So wie es aussieht, wird dieser Lohn wohl auch ausfallen. Es ist auf jeden Fall charakterlos, ohne ein Gespräch seine Mitarbeiter dermassen im Stich zu lassen… Mir fehlen die Worte um meinen Zorn hier niederschreiben zu können.»

Der Zorn der Mitarbeiter scheint berechtigt. Denn schon seit längerem hängt der Haussegen bei INDOSA schief. Das jetzt absehbare Ende mit Schrecken hatte sich schon seit längerem als Schrecken ohne Ende angekündigt, wie die Recherchen der UNIA-Zeitung «WORK» ergeben hatten. Ein Drama in drei Akten.

Akt 1 – Der grosse Familienkrach

Seit 1936 machte die INDOSA Geld mit Dosen-Abfüllanlagen, die sie mit grossem Erfolg in die ganze Welt verkaufte. Zum 75-jährigen Jubiläum des Unternehmens 2011 schien alles noch eitel Wonne und Sonnenschein zu sein. Der heute 78 Jahre alte Patriarch Werner Grabher führte mit seiner Gattin und vier Söhnen das Familienunternehmen und durfte in Au ein neues Firmengebäude eröffnen.

Doch 2015 fiel die bisherige Führung aufgrund eines augenscheinlichen Zerwürfnisses innerhalb der Familie Grabher nach Ehescheiung und diversen Rechtsstreitigkeiten auseinander. Die «Kinder», inzwischen alle erfahrene Manager, stiegen aus dem Unternehmen aus und gründeten beinahe in Sichtweite zur INDOSA in Berneck die «Swiss Can Machinery AG», ein florierendes Unternehmen, das auf dem gleichen Markt wie die INDOSA tätig ist und weiterentwickelte Konkurrenzprodukte vertreibt.

Akt 2 – Die heimliche Firmenchefin

«Wenn der Chef schreit, hört ihn das halbe Dorf!». So titelte das Gewerkschaftsblatt «WORK» am 18. September dieses Jahres. Wenig schmeichelhaft. Noch weniger schmeichelhaft waren die Schilderungen des Betriebsklimas durch einige Arbeitnehmer der Firma. Es herrsche das reine Chaos, weder Strukturen, Arbeitsplatzbeschreibungen noch Pflichtenhefte seien vorhanden. Die Lohnzettel seien voller Fehler und das ausbezahlte Geld entspreche nicht den Vereinbarungen. Darauf angesprochen, habe Chef Werner Grabher mit einem Wutausbruch reagiert. Ein Angestellter laut «WORK»: «Der Alte hat mich auf der Stelle aus dem Betrieb geschmissen und behauptet, ich hätte gekündigt!» Und nach seinen Angaben wurde keine Arbeitgeberbescheinigung ausgestellt, ohne die die Arbeitslosenversicherung bekanntermassen ja nichts bezahlt.

Firmenpatriarch Werner Grabher soll die Zügel nicht mehr wirklich in der Hand haben, sondern sich auf die Einzige zu verlassen, die noch hinter ihm stehe. Die 54 Jahre alte Österreicherin Marisa M., gelernte Kauffrau, habe das Vakuum ausgenutzt, dass nach dem Exodus der Grabher`schen Familie 2015 entstanden ist. Sowohl beruflich als auch privat. Jedenfalls fährt sie mit Grabhers Maserati durch die schöne Rheintaler Landschaft und wirke in dessen Villa. Sie mache die Personalverrechnungen und führe im Unternehmen ein autoritäres Regime aus dem Untergrund. Denn persönlich war sie schon länger nicht mehr im Unternehmen anwesend. Ex-Mitarbeiter und aktuelle Arbeitnehmer hatten bestätigt, dass ihr Mobbing gefürchtet sei. «Ich halte es fast nicht mehr aus. Grabher und M. erniedrigen uns jeden Tag.»

Akt 3 – Die Arbeitsniederlegung

Nach allem, was bekannt geworden ist, scheint der 78-jährige Firmenpatriarch Werner Grabher zur tragischen Figur zu werden, die ihr eigenes Lebenswerk in den finanziellen Abgrund führt. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass etwa in den Mitarbeiter-Gehaltsabrechnungen vom Oktoberlohn dubiose Lohnabzüge vorgenommen wurden. So wurden einem Mitarbeiter 2´000 Franken vom vereinbarten Lohn abgezogen. Mit der in einem Schreiben der Firmenleitung an die Arbeitnehmer vorgebrachten Begründung, künftig würden sämtliche Minusstunden und Minusurlaubsstunden (?) vom Lohn abgezogen und Krankentage nur noch mit 80% vergütet. Unia-Sekretär Lukas Auer dazu: «Für solche Abzüge fehlt eine Rechtsgrundlage derart deutlich, dass sie schon fast eine Beleidigung sind.» Wobei die Mitarbeiter versicherten, die abgezogenen Minusstunden seien frei erfunden. Was «Minusurlaubsstunden» sein sollen, weiss kein Mensch. Es handelt sich wohl um eine Erfindung von Werner Grabher und seiner liebsten Mitarbeiterin Marisa M., die angeblich für die Lohnverrechnungen zuständig ist.

Die Novemberlöhne wurden dann von der INDOSA ohne jegliche Begründung komplett einbehalten. Die Arbeitnehmer reagierten mit der eingangs geschilderten Aufforderung zur Nachzahlung der Löhne bei sonstiger Arbeitsniederlegung. Und legten, nachdem weder Antwort des Unternehmens noch die Lohnzahlung eingetroffen ist, wie angekündigt ihre Arbeit nieder.

Auf eine telefonische Anfrage zur Stellungnahme hat der Vertreter der INDOSA nicht reagiert.

Vermutlich wird dieses Drama, diese Tragödie um einen in die Jahre gekommenen und möglicherweise überforderten Unternehmenspatriarchen, dessen Vertraute und die unter den Verhältnissen leidenden Arbeitnehmern, in weiteren Akten fortzusetzen zu sein. Wir bleiben gespannt.

 

gmh/uh
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