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Bildung
06.11.2020
06.11.2020 17:05 Uhr

Kantischüler fordern Fernunterricht

Die Kantonsschule in Heerbrugg (Bild: zVg)
Die Kantonsschule in Heerbrugg (Bild: zVg) Bild: zVg
Mit einer Petition gegen den Präsenzunterricht haben Schüler im Kanton St. Gallen bereits knapp 10'000 Unterschriften gesammelt. Laut Judith Mark, Rektorin an der Kantonsschule Heerbrugg sind die technischen Voraussetzungen für einen Fernunterricht vorhanden.

Seit dem 29. Oktober müssen alle Schüler ab der zweiten Sekundarstufe eine Maske im Unterricht tragen. Ausserdem wird auf den Präsenzunterricht bestanden. Das stösst aber bei vielen Schülern auf Unverständnis. Deshalb hat David Rommel, Schüler an der Kantonsschule Brühl in der Stadt St.Gallen, eine Petition gegen den Präsenzunterricht und für Fernunterricht ins Leben gerufen. Seit Donnerstag wird die Petition fleissig unterschrieben und hat mittlerweile kantonsweit bereits über 10'000 Unterschriften. 

«Präsenzunterricht ist fahrlässig»

«Die Aufregung in meinem Freundeskreis und innerhalb der Klasse war gross. Aus unserer Sicht konnten wir nicht verstehen, weshalb es auf unserer Stufe nicht zum Fernunterricht kommen konnte. Meiner Meinung nach ist es fahrlässig, bei den heutigen Ansteckungszahlen weiterhin auf Präsenzunterricht zu setzen. Aus diesem Grund habe ich die Petition gestartet», sagt David Rommel gegenüber stgallen24, dem Schwesternportal von rheintal24. 

Judith Mark, Rektorin der Kantonsschule Heerbrugg: «Wir sind technisch für einen Fernunterricht gerüstet» (Bild: zVg) Bild: zVg

Die Ansteckungen sollen laut den Schülern durch den Fernunterricht gesenkt werden und die Schüler, die sich in Quarantäne befinden, können dem Schulstoff gleich mitfolgen. Der Lockdown habe gezeigt, das der Fernunterricht funktioniere. «Alle Schulen haben die technischen Möglichkeiten einen solchen Unterricht durchzuführen», sagt Rommel. Der Fernunterricht soll ein 1:1 Unterricht sein. Das heisst, dass die Lehrperson im Klassenzimmer ist und alle Schüler per «Zoom» oder «Teams» zugeschaltet werden. So sollen alle Lektionen durchgeführt werden. 

Von der Petition, die bereits mehr Unterschriften hat als der Kanton St.Gallen Kantischüler, hat auch Judith Mark, Rektorin der Kantonsschule Heerbrugg, Kenntnis. «Vermutlich ist diese Petition auch in unserer Schule bekannt, spätestens jetzt erfahren ja viele aus der Presse davon. Wie die Stimmung unserer Schüler pro/contra dieser Petition ist, kann ich keine Antwort geben, da wir hierzu keine aktuelle Umfrage durchgeführt haben.» Die Schulleitung an der Kantonsschule Heerbrugg richte sich in der Frage, ob Präsenz- oder Fernunterricht nach den Vorgaben des Bundes, des Kantons und des Amtes für Mittelschulen.

An der Kantonsschule Heerbrugg wären im Falle eines Falles jedenfalls sämtliche technischen Möglichkeiten für die Schüler gegeben, um an einem Fernunterricht teilzunehmen: «Wir hatten ja schon im Frühling Fernunterricht, zudem führten wir vor drei Jahren flächendeckend Tabletklassen ein. Schüler*innen wie Lehrpersonen sind erprobt darin.»

Kein Hort der Ansteckungen

Wäre die Umstellung auf Fernunterricht aufgrund des Coronageschehens an der Kantischule überhaupt notwendig? «Es gibt ein paar wenige Schüler*innen und Lehrpersonen, die selber oder deren Familienangehörige positiv getestet wurden, die meisten kommen in diesen Tagen wieder aus der Quarantäne zurück. Unser Schutzkonzept funktioniert sehr gut, wir können den Abstand überall einhalten und die Schüler*innen und Lehrpersonen halten die vom Bund und Kanton eingeführten Massnahmen gut ein», so Rektorin Mark in ihrer Stellungnahme an rheintal24.ch.

Trotzdem wollen die Kantischüler wieder in den Fernunterricht. Der Lockdown habe gezeigt, dass das Konzept funktioniert, sagt Rommel. Lebt der Präsenzunterricht nicht auch von spontanen Diskussionen oder Partnerarbeiten? «Die Partnerarbeiten und die Diskussionen fanden auch während dem letzten Homeschooling statt. Am Anfang war es schwierig, da sich immer wieder Schüler aus Versehen ins Wort fallen. Jedoch hatte man sich nach einiger Zeit daran gewöhnt und man konnte problemlos diskutieren
», so der Schüler. 

Mathias Gabathuler ist Rektor der Kantonsschule am Brühl. Bild: zVg

Schüler müssen psychologisch betreut werden

Mathias Gabathuler, Rektor der Kantonsschule Brühl St. Gallen und derzeit auch Kandidat zur Wahl des Stadtpräsidenten von St. Gallen, sieht das etwas anders: «Die Umfrage bei der Schülerschaft und auch Lehrerschaft nach dem Lockdown hat eindeutig ergeben, dass die jungen Menschen unbedingt zur Schule kommen wollen und das soziale Leben aufrecht erhalten möchten (das gilt auch für die Lehrerschaft). Der Fernunterricht darf nur eine Lösung sein, wenn sich eine Lage im absoluten Krisenmodus bewegt. Der soziale Austausch dient auf jeden Fall für die psychische, aber auch für die physische Gesundheit. Wir konstatieren zurzeit an allen Kantonsschulen einen erheblichen Anstieg von Fällen, die vom Schulpsychologischen Dienst SPD betreut werden müssen. Das geht alles auf die Zeit des Lockdowns zurück oder ist ein Abbild der Verunsicherung der aktuellen angespannten Situation».

Eine Erhebung der Pädagogischen Fachhochschule St.Gallen hat ergeben, dass die Erreichung der Bildungsziele gelitten hat. Auch Lehrer bestätigten diese Entwicklung. 

Kopfschmerzen durch die Maske

Auch die Maskenpflicht sorgt auf den Schulgängen für Diskussionsstoff. «Ich habe bereits von einigen Freunden gehört, dass das durchgehende Tragen Kopfschmerzen auslöst», so Rommel. Die Gesundheit der Schüler liege der Schulleitung sehr am Herzen. «Wir wollen keine Schäden von Menschen in Kauf nehmen, wenn diese zu wenig Sauerstoff erhalten. Es ist den Lehrpersonen auch gestattet, dass sie einzelnen Schülern, die sich vielleicht schwindlig fühlen, während einer Unterrichtslektion nach draussen schicken, um wieder einmal gut durchatmen zu können», sagt Gabathuler. Es werden auch maskenfreie Phasen eingelegt, also um mal «durchzulüften», sagt Gabathuler. «Das gilt aber ausschliesslich für die Bewegung im Freien unter Einhaltung der Abstandsregeln.»

Gemäss Regierungsrat Stefan Kölliker soll der Normalbetrieb möglicht lange durchgeführt werden. «Wir gehen davon aus, dass die neuen Massnahmen gut angenommen werden und wir diese gut meistern. Fernunterricht ist unsozial und der Schulunterricht ist etwas Soziales. Die Maskenpflicht ist deshalb das kleinere Übel», so Kölliker.

Matilda Good/gh/uh
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