Erst die Kühe, dann die Stiere
Gemäss den geltenden St.Galler Vorgaben müssen bei der Bejagung von Hirschen zuerst Kühe und Jungtiere (Kahle) geschossen werden, erst danach dürfen Stiere (Gehörnte) erlegt werden. In rund 30 bis 40 Revieren im Kanton St.Gallen gibt es jedoch vorwiegend Hirsch-Stiere. Aufgrund der fehlenden Hirschkühe können dort keine Tiere geschossen werden.
Waldeigentümer und Landwirte müssen tatenlos zusehen, wie Schäden an Wald und Wiesen entstehen. Für die Jäger kommt erschwerend hinzu, dass bei einem unbeabsichtigten Abschuss eines sogenannten falschen Tieres hohe Bussen oder sogar der Entzug des Jagdpatentes drohen.
Dies führt dazu, dass eher zu wenige Tiere geschossen werden, als das Risiko einer Busse oder eines Patententzugs einzugehen. Auch dies trägt dazu bei, dass der Hirschbestand im Kanton St.Gallen weiter ansteigt.
Hirsche verursachen Schäden
Diese Hirsch-Stiere ziehen in Rudeln umher und verursachen dabei Verbiss- und Schlagschäden im Wald sowie Kot-, Tritt- und Fressschäden in der Landwirtschaft. In der Antwort der Regierung auf den Vorstoss der drei Kantonsräte wird darauf hingewiesen, dass lediglich rund 1000 Franken Schadenersatz pro Jahr ausbezahlt werden, praktisch nichts davon für Waldschäden.
Wolf treibt Hirsche zusammen – grössere Schäden vor Ort
Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren fälschlicherweise davon ausgegangen wurde, der Wolf werde zu einer Entlastung des Hirschproblems beitragen. Inzwischen zeigt sich das Gegenteil.
Normalerweise senkt der Hirsch im Winter seine Aktivität auf rund 40 Prozent und verbraucht entsprechend weniger Futter. Wenn der Wolf die Hirsche jedoch aufscheucht und jagt, steigt die Aktivität wieder auf nahezu 100 Prozent, ebenso der Futterbedarf.
Zudem ist der Hirsch dem Wolf in steilen Schutzwäldern häufig überlegen, was dazu führt, dass sich die Rotwildrudel im Winter vermehrt in diesen Schutzwäldern aufhalten. Dies verursacht gerade dort zusätzliche Schäden an der Waldverjüngung.
Magere Antwort der St.Galler Regierung
Die St.Galler Regierung bestätigt in ihrer Antwort auf den Vorstoss die Zunahme und Ausbreitung des Rothirsches. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die Abschusszahlen im Kanton St.Gallen von 432 im Jahr 2006 auf 944 im Jahr 2024 gestiegen sind, was einer Zunahme von 118 Prozent entspricht. Für das Jahr 2025 gilt das ambitionierte Ziel, 1'000 Rothirsche zu erlegen.
Regierung und Verwaltung vertreten die Ansicht, dass nicht die Hirsch-Stiere das Hauptproblem darstellen, sondern die wiederholt nicht erreichten Abschussvorgaben für weibliche Rothirsche. Die bislang nicht erreichte Bestandesreduktion sei Gegenstand der laufenden Jagdgesetzrevision.
Es würden Massnahmen geprüft, um einerseits die bestehenden Strukturen im Rotwildmanagement zu optimieren und zu stärken und andererseits Lösungen für jene Fälle zu schaffen, in denen die Ziele der heutigen Jagdplanung nicht erreicht werden.
Der zuständige Regierungsrat Beat Tinner (FDP) geht weiterhin davon aus, dass der von der Jagdverwaltung seit Jahren eingeschlagene Weg richtig sei, obwohl dieser zu über 250 Prozent mehr Hirschen geführt habe. Die drei SVP-Kantonsräte vertreten hingegen die Auffassung, dass ein neuer Weg eingeschlagen werden müsse, wenn ein bestehender Ansatz nicht zum Ziel führt.