Noch bis vor wenigen Jahren war Roger Breu als Informatiker bei Tech-Riesen wie Google und Microsoft tätig. Heute steht er mit beiden Beinen auf dem Rebbergboden und keltert Trauben, statt Codes zu schreiben. «Ich wollte etwas Echtes machen – etwas, das man am Abend in der Hand halten kann», erzählt er. Gesagt, getan: zwei Jahre Ausbildung zum Winzer, 50 Prozent im Wein, 50 Prozent mit der Tochter – ein Leben, das für ihn heute wesentlich mehr Erfüllung bedeutet.
Ein Torkel mit Geschichte
Die Kulisse für diese Wandlung konnte passender nicht sein: das ehrwürdige Riegelhaus Laager an der Husenstrasse 5 in Berneck, 1698 erbaut, einst Teil des Spitalamts St.Gallen. Hier wurden bis 2015 die Trauben gekeltert, danach drohte das Ende der Tradition.
Doch eine Gruppe engagierter Bernecker wollte das nicht hinnehmen und gründete kurzerhand die Torkel-Mannschaft Berneck – heute 20 Personen stark, drei Generationen umfassend, mit dem Ziel, das uralte Handwerk des Kelterns am Leben zu erhalten und das Know-how an die nächsten Generationen weiterzugeben.
Drucken mit 300 Jahren Erfahrung
Am vergangenen Samstag war es dann wieder so weit: Unter den Augen zahlreicher Zuschauer wurde gleich dreimal «gedruckt», wie das Pressen hier genannt wird.
Mithilfe eines imposanten Torkelbaums aus dem Jahr 1696 wurden rund 1'000 Kilogramm Blauburgundertrauben mit exakt 102 Öchslegrad (ein Mass für den Zuckergehalt) verarbeitet. Der Ertrag: rund 700 Liter süsser Sauser, der später im Weingut Tobias Schmid & Sohn AG in der Hinterburg zum fertigen Wein gekeltert und abgefüllt wird.