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Au
09.10.2025
09.10.2025 14:37 Uhr

«Er hat sich das Vertrauen der Kinder erschlichen»

M. suchte den Kontakt mit Kindern. Online wie offline. Auf dem Foto: Eine Nachricht, welche an ein Kind gesendet wurde
M. suchte den Kontakt mit Kindern. Online wie offline. Auf dem Foto: Eine Nachricht, welche an ein Kind gesendet wurde Bild: zVg
Anfangs September machte auf Rheintal24 die Schlagzeile die Runde, dass ein 41-jähriger Mann in Au Kinder aus seinem Wohnmobil heraus anspricht. Dies war jedoch kein Einzelfall und der Mann ist polizeibekannt – unter anderem, weil er auch schon früher den Kontakt zu Kindern suchte. In diesem zweiteiligen Artikel wird ein älterer Fall aufgearbeitet.

Es geschah Anfang September: Nahe eines Fussballplatzes in Au parkiert ein auffallend bemaltes Wohnmobil. Der Fahrer: Ein 41-jähriger Mann namens M. (Name geändert). Seine Mission: Kinder ansprechen. Die Thematik: Unbekannt. Die angesprochenen Kinder verständigen die Eltern und diese rufen die Polizei. Wir haben berichtet.

Wenig später wird der Mann, der sich zum damaligen Zeitpunkt gemäss Polizeimeldung in einem «psychischen Ausnahmezustand» befunden hat, durch einen Amtsarzt in eine Klinik eingeliefert. Mittlerweile ist er wieder auf freiem Fuss, das Verbleiben allerdings unbekannt.

Recherchen von Rheintal24 führten zu einer Familie und deren Sohn T. (13, Name geändert). Dieser wurde Ende 2024 ebenfalls Opfer von M.. Eine Nichtanhandnahmeverfügung der Bischofszeller Staatsanwaltschaft, welche der Redaktion vorliegt, bestätigt die Echtheit dieses Falles und gibt Aufschluss über Vorgehen, Hintergründe und Details. Sie bildet die Grundlage des Artikels und insbesondere des Interviews mit der Familie.

Online auf der Suche nach Kindern

Alles fing im November 2024 mit dem Videospiel «Fortnite» an. Der Battle-Royale-Shooter von Publisher Epic Games ist seit Jahren ein Kassenschlager auf PC und Konsole und vor allem bei Kindern beliebt. Diverse Kollaborationen, unter anderem mit Batman, John Wick und auch dem Musiker Marshmello wirken auf jüngere Spieler attraktiv und sind längst Teil der modernen Jugendkultur geworden.

Unter die in den meisten Fällen jungen Spieler mischen sich auch Erwachsene – teils mit schlechten oder gar pädophilen Absichten. So ist es auch dem Kind namens T. passiert. Es traf im digitalen Raum auf den aus Au bekannten M.

M. hatte mehrere Profile. Unter anderem jenes auf diesem Foto. Wenn er auf einem Profil gebannt wurde, konnte er einfach auf ein anderes Profil wechseln Bild: zVg

Kinder in den Gefühlen bestärken

T. spielt gerne Fortnite. Beispielsweise um sich von der Schule abzulenken oder mit Freunden zu spielen. Während eines Spiels trifft er auf M.. «Der Beschuldigte hat sich in eines der öffentlichen Foren eingeloggt und dort absichtlich nach jüngeren Spielern Ausschau gehalten», erklärt der besorgte Vater. So habe sich der Beschuldigte mit netten Worten, Komplimenten über die Spielweise und auch dem Kauf von sogenannten Ingame-Items das Vertrauen der Kinder erschlichen.

In einem Foto gibt M. sogar zu, dass er mehrere Accounts hat Bild: zVg

T. bemerkte am Anfang noch nichts von den Absichten des Erwachsenen. «Alles war normal. Der Beschuldigte war ein Online-Freund, der ein offenes Ohr für die Probleme und Sorgen eines heranwachsenden Teenagers hatte.» Genau hier würde die Masche demnach ansetzen. «Das Vertrauen erschleichen, nach dem Mund reden, immer Recht geben und in den jeweiligen Gefühlen bestärken.»

Das sollte jedoch nicht immer so bleiben. Denn M. hatte eindeutig mehr Absichten, als einfach nur mit dem Kind zu spielen. Denn wie sich herausstellte, entwickelte sich M. von einem reinen Mitspieler zu jemandem, der eine immer grössere Rolle im Leben des Jungen einnehmen will – auch wenn er dabei die tatsächlichen Eltern des Jungen ausschliessen muss. Der Junge ist dem Machtgefälle hilflos ausgeliefert.

Im zweiten Teil wird darauf eingegangen, wie sich die Beziehung zwischen den T. und M. über die Dauer entwickelte. Denn eins war klar: M. hatte keine Absichten, einfach nur ein Mitspieler zu bleiben.

Fabian Alexander Meyer