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Altstätten
19.10.2020
19.10.2020 18:01 Uhr

Abschweifende Gedanken und ein Gartenzwerg

Der «Mann mit den schweissigen» Händen greift in Wolfisbergs Skript ein und verwandelt ihn in einen Magier (Bilder: Ulrike Huber)
Der «Mann mit den schweissigen» Händen greift in Wolfisbergs Skript ein und verwandelt ihn in einen Magier (Bilder: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber
Christof Wolfisberg, bekannt als Teil des Duos „Ohne Rolf“, zeigte im Diogenestheater sein herrlich komisches erstes Solostück „Abschweifer“.

War das nun ein Theaterstück, wie angekündigt? Oder eine Lesung, wie von Wolfisberg eingangs des Abends mitgeteilt. Oder eine Lesung, die eigentlich Theater ist? Die Ausgangslage: Christof Wolfisberg betritt die mit einem Tischchen mit Gartenzwerg, einem Mikrofon und einem Skript ausgestattete Bühne. Und beginnt mit seinem abgefahrenen Lesung-Theater-Stück. Mit einer Geschichte in der Geschichte in der Geschichte. Absurd, komisch, perfekt inszeniert.

Zunächst sah es tatsächlich nach einer «Lesung» aus. Bild: Ulrike Huber

Ein Mann beim Kaffeetrinken

Die Handlung des von Wolfisberg angeblich verfassten und nun vorgelesenen Romans beschreibt einen Mann beim Kaffeetrinken, der durch sein Küchenfenster eine Frau, er nennt sie dann in Gedanken Frau Hoffmann, betrachtet. In seinen abschweifenden Gedanken stellt er sich vor, dass Frau Hoffmann ihr Haus verlässt, spaziert und schliesslich im Theater landet, wo sie Wolfisberg auf der Bühne sieht. Der gerade seinen Text vorträgt, wie ein Mann beim Kaffeetrinken durch das Küchenfenster eine Frau beobachtet…

...die Darstellung wird dann immer absurder und herrlich komisch, wie das Zähnputzen bei Gartenzwergen. Bild: Ulrike Huber

Absurd-abstraktes, herrlich komisches Theater

Was Wolfisberg da auf die Bühne bringt, ist absurd-abstraktes Theater. Natürlich keine Lesung. Denn das vorgelesene Skript diktiert dem Vorleser, was er machen muss. Da steht, er müsse einen Schluck Wasser nehmen. Welches Wasser? Der Veranstalter hat vergessen, Wasser auf den Tisch zu stellen. Was natürlich wieder im Skript steht. Dann verortet Wolfisberg sogar Frau Hoffmann im Publikum. Und bezieht noch einen zweiten Besucher, nämlich den Mann mit den schweissigen Händen in die vom vorgelesenen Buch vorgegebene Bühnendarstellung mit ein. Doch dieser Mann mit den schweissigen Händen, der anfangs von Wolfisberg blossgestellt wird, da er eine volle Blase habe und die zu befürchtenden zusätzlichen Flatulenzen eine Pause, die ja ursprünglich nicht geplant gewesen ist, notwendig machten, ja dieser Mann rächt sich dann nach der Pause, indem er mit seinen Gedanken das Skript in puren Blödsinn verwandelt.

  • Letztlich gibt der um seine Perücke gebrachte Wolfisberg preis, dass das alles nur die abschweifenden Gedanken zwischen zwei Schlucken Kaffee waren. Bild: Ulrike Huber
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  • Auch Frau Hoffmann bekommt noch ihren Auftritt und verwandelt mit ihren Gedanken das Bühnenbild ins Groteske. Bild: Ulrike Huber
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  • Der «Mann mit den schweissige Händen» mischt sich mit seinen Gedanken in das Spiel ein. Bild: Ulrike Huber
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  • Was tut man, wenn man ein Wasserglas am voll belegten Tisch abstellen will? Strikt nach Skript vorgehen... Bild: Ulrike Huber
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  • Der im Duo «ohne Rolf» noch ohne Sprache ausgekommene Wolfisberg zeigt die Macht der Worte. Bild: Ulrike Huber
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Der konstruierte Zufall bestimmt die Handlung

Wer bestimmt nun eigentlich die Handlung? Das Skript, die Realität, der zurückschlagende Mann mit den schweissigen Händen? Vielmehr ist es der konstruierte Zufall. Denn nichts an diesem Abend ist wirklich zufällig. Alles ist bis ins Detail geplant, klug verdreht und ausgetüftelt und zeigt auf beeindruckende Weise, wie Worte ein Kopfkino erzeugen können. „Abschweifer“ ist ein Stück über bizarre Gedanken zwischen zwei Schlucken Kaffee. Kaum in Worten wiederzugeben, aber ständig Lachreize erzeugend. Was mit langem Applaus des Diogenespublikums zurecht ausgiebig honoriert wurde.

Bereits Freitagabend geht die nächste Vorstellung im sein Publikum mit strikten Coronaschutzmassnahmen schützenden Diogenestheater weiter. Um 20.00 Uhr zeigt Kathrin Bosshard mit ihrem Theater Fleisch + Pappe das Programm „Unter Artgenossen“

gmh/uh
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