War das nun ein Theaterstück, wie angekündigt? Oder eine Lesung, wie von Wolfisberg eingangs des Abends mitgeteilt. Oder eine Lesung, die eigentlich Theater ist? Die Ausgangslage: Christof Wolfisberg betritt die mit einem Tischchen mit Gartenzwerg, einem Mikrofon und einem Skript ausgestattete Bühne. Und beginnt mit seinem abgefahrenen Lesung-Theater-Stück. Mit einer Geschichte in der Geschichte in der Geschichte. Absurd, komisch, perfekt inszeniert.
Abschweifende Gedanken und ein Gartenzwerg
Ein Mann beim Kaffeetrinken
Die Handlung des von Wolfisberg angeblich verfassten und nun vorgelesenen Romans beschreibt einen Mann beim Kaffeetrinken, der durch sein Küchenfenster eine Frau, er nennt sie dann in Gedanken Frau Hoffmann, betrachtet. In seinen abschweifenden Gedanken stellt er sich vor, dass Frau Hoffmann ihr Haus verlässt, spaziert und schliesslich im Theater landet, wo sie Wolfisberg auf der Bühne sieht. Der gerade seinen Text vorträgt, wie ein Mann beim Kaffeetrinken durch das Küchenfenster eine Frau beobachtet…
Absurd-abstraktes, herrlich komisches Theater
Was Wolfisberg da auf die Bühne bringt, ist absurd-abstraktes Theater. Natürlich keine Lesung. Denn das vorgelesene Skript diktiert dem Vorleser, was er machen muss. Da steht, er müsse einen Schluck Wasser nehmen. Welches Wasser? Der Veranstalter hat vergessen, Wasser auf den Tisch zu stellen. Was natürlich wieder im Skript steht. Dann verortet Wolfisberg sogar Frau Hoffmann im Publikum. Und bezieht noch einen zweiten Besucher, nämlich den Mann mit den schweissigen Händen in die vom vorgelesenen Buch vorgegebene Bühnendarstellung mit ein. Doch dieser Mann mit den schweissigen Händen, der anfangs von Wolfisberg blossgestellt wird, da er eine volle Blase habe und die zu befürchtenden zusätzlichen Flatulenzen eine Pause, die ja ursprünglich nicht geplant gewesen ist, notwendig machten, ja dieser Mann rächt sich dann nach der Pause, indem er mit seinen Gedanken das Skript in puren Blödsinn verwandelt.
Der konstruierte Zufall bestimmt die Handlung
Wer bestimmt nun eigentlich die Handlung? Das Skript, die Realität, der zurückschlagende Mann mit den schweissigen Händen? Vielmehr ist es der konstruierte Zufall. Denn nichts an diesem Abend ist wirklich zufällig. Alles ist bis ins Detail geplant, klug verdreht und ausgetüftelt und zeigt auf beeindruckende Weise, wie Worte ein Kopfkino erzeugen können. „Abschweifer“ ist ein Stück über bizarre Gedanken zwischen zwei Schlucken Kaffee. Kaum in Worten wiederzugeben, aber ständig Lachreize erzeugend. Was mit langem Applaus des Diogenespublikums zurecht ausgiebig honoriert wurde.
Bereits Freitagabend geht die nächste Vorstellung im sein Publikum mit strikten Coronaschutzmassnahmen schützenden Diogenestheater weiter. Um 20.00 Uhr zeigt Kathrin Bosshard mit ihrem Theater Fleisch + Pappe das Programm „Unter Artgenossen“