Das waren zwei anstrengende Stunden für alle Besucher des Kinotheaters Madlen. Denn zwei Stunden lang kamen die «Chäller»-Fans nicht mehr aus dem Lachen heraus. Yves Keller, kantonsweit und darüber hinaus bekannt als Moderator der Morgenshow bei FM1 und berüchtigt für seine legendären Chällerfons, hat den für ihn vermutlich kleinen Sprung von der Morgenshow zur Comedy gewagt und stand als Beinahealleinunterhalter auf der Bühne.
«Lieber senil als steril»
Begleitet von der Chäller Family
Denn ganz alleine war er nicht. Begleitet wurde der begabte Bauchredner von seiner «Chäller-Family», von seinen Bauchrednerpuppen. Wie dem Dieter aus Deutschland, einem grossen Autofan, der gerade wegen nur 1,8 Promille seinen Führerschein verloren habe und nun die Gruppe «AutoFans Deutschland», kurz AFD, gründen wolle. Oder von Opa Chäller, der von aktiver Sterbehilfe in seinem Seniorenheim schwadroniert, wenn dort wieder einen ganzen Tag lang Musik von Helene Fischer gespielt wird. «Da bekommt der Ausdruck «Atemlos durch die Nacht» eine ganz andere Bedeutung!»
Ein richtiger Muskelkater
Köstlich provozierend und unerzogen auch die Bauchrednerpuppe Kater Karlo aus Zürich, der erst auf der Bühne merkt, dass er wieder einmal ohne Hose auf der Bühne ist. Er trainiere viel, «deshalb bin ich ein richtiger Muskelkater». Und als Kater Karlo sich darüber beklagt, dass er mit einem müffelnden Opa Chäller in der gleichen Puppenkiste liegen müsse, meldet sich dieser aus dem Hintergrund «Aber lieber senil als steril!». Absoluter Höhepunkt und zwerchfellzerfetzend dann aber die Darstellung von Chäller, als er von seiner Puppe Kater Karlo selbst zur Bauchrednerpuppe, einer Ballerina umfunktioniert wird. Kann man gar nicht nacherzählen, diese absurde Szene muss jeder selbst gesehen haben.
Zutiefst unkorrekter Humor
Klar, der Humor von Chäller ist zutiefst unkorrekt. Seine Witze und Pointen zielen oft auf Minderheiten, oder auch auf Mehrheiten wie die Deutschen, die er mit Erzählungen über seine «zu junge» deutsche Freundin Heike, immer wieder aufs Korn nimmt. Chäller scheint sich den kürzlich verstorbenen Grossmeister des Flachwitzes Herbert Feuerstein (einem grösseren Publikum bekannt als Sidekick in «Schmidteinander»), der durch zwanzig Jahre hindurch Chefredakteur des Blödelmagazins «MAD» war, als Vorbild zu Herzen genommen haben.
Frei von jedem moralischen Anspruch
Denn dessen Motto war: «Alles kann, alles muss verarscht werden.» Satire oder, noch schlimmer, Kabarett möchte ja immer eine wichtige, moralisch und ethisch wuchtige politische Botschaft transportieren, bei der einem das Lachen vor lauter Nachdenkenswertem in der Kehle steckenbleiben soll. Chällers Humor aber ist frei von jeglichem Anspruch auf moralische Ertüchtigung. Er zielt ausschliesslich darauf, fröhlich zu sein. Sozusagen die Lustigkeit als Selbstzweck. Und wer nach der Show mit ihm nur wenige Worte wechselt, erkennt gleich, dass auch Yves Keller ein schlicht lustiger Mensch ist, der sich vermutlich nicht allzu viele Gedanken über Hintergründiges macht.
Gleich wie bei Donald Trump
Grossartig auch der Kurzauftritt des in Rebstein aufgewachsenen Nachwuchscomedians Matthias Hauser, der von sich selbst sagte, es sei bei ihm gleich wie bei Donald Trump. Er wolle ständig Intelligentes sagen und bemühe sich ja, aber trotzdem komme nur Stuss raus.
Hilfloser Tropf mit Bauchrednerstimmer
Zurück zu Comedian Chäller: Bei einer Nummer geht er mit seinem Brachialhumor zu weit. Nämlich wenn er einen Zuschauer auf die Bühne holt, ihm eine elektrisch gesteuerte Plastik-Mund-Nasen-Maske mit dicken Lippen umschnallt und dann den hilflosen Tropf mit seiner Bauchrednerstimme Unsinn reden lässt und ihn so ungefragt blossstellt und blamiert. Nein, lieber Chäller, das hast Du gar nicht nötig, Deine Show funktioniert auch ohne diese Nummer bestens.