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Gast-Kommentar
Region Rheintal
26.09.2023
29.09.2023 14:35 Uhr

Aufs Glatteis geführt

Bild: Marina Lutz
Braucht das Rheintal eine neue Eishalle? Ja, natürlich. Aber wieso sollen die Steuerzahler von vier Gemeinden die gesamten Kosten tragen für etwas, das auch grossen Unternehmen zugutekommt? Es gäbe kreativere Lösungen.

Im Sportzentrum Widnau befindet sich eine Eishalle. Überall ist folglich von der «Eishalle Widnau» die Rede. Nicht so aber auf der Webseite der Gemeinde selbst. Dort spricht man von der «Eishalle Rheintal».

Da hat jemand die Regeln des Marketings verstanden. Die Eishalle darf nämlich auf keinen Fall als Widnauer Angelegenheit verstanden, sondern muss als «rheintalisch» verkauft werden. Gerade jetzt. Denn vier Gemeinden – Widnau, Diepoldsau, Berneck und Au – werden aktuell gebeten, zusammen 27,5 Millionen Franken in die Anlage zu pumpen. Ohne Neubau bleiben die Türen bald geschlossen, weil das Kühlsystem nicht mehr den Anforderungen entspricht.

Spielt eine der vier Gemeinden nicht mit, ist es vorbei mit dem Spass auf dem Eis. Das erklären die kommunalen Spitzen ihrer Bevölkerung eifrig, um sie auf Kurs zu bringen. Die Botschaft: «Bezahlt euren Anteil, sonst gelten wir im Rest des Rheintals als Spielverderber.» Das wäre der Super-Gau: Drei Gemeinden ziehen mit, eine schert aus, und das war es mit der «Eishalle Rheintal». Am 19. November finden die Abstimmungen statt.

Grosse Investition und laufende Kosten

Für den Neubau würden beispielsweise in Au, wo ich Steuern zahlen darf, einmalige 6,7 Millionen Franken aus der Auer Gemeindekasse fällig. Also 6'700'000 Franken. Das sind ziemlich viele Nullen. Vor allem für eine Gemeinde, die unlängst die Steuern massiv erhöhen wollte, weil sonst angeblich nichts mehr geht. Dazu kommen die jährlichen laufenden Kosten.

Keine Frage: Der Schlittschuhclub Rheintal leistet hervorragende Arbeit. Gerade für Kinder und Jugendliche sind solche Vereinsangebote sehr wichtig. Es ist verständlich, dass der Club zittert und bangt und eine neue Eishalle will. Niemand will eine erfolgreiche Vereinsarbeit torpedieren. Daher: Klar, her mit der Eishalle – aber bezahlen die Richtigen dafür?

Längst nicht alle Steuerzahler wollen auf Kufen über Eis schlittern, und neben dem Winter gibt es auch Frühling, Sommer und Herbst. Die Eishalle muss entsprechend auch anders genutzt werden. Grosse Flächen bieten sich gerade in der eisfreien Zeit für Events von Unternehmen an, beispielsweise Generalversammlungen von Banken, wie das heute bereits gemacht wird. Warum werden angesichts dieses ausgewiesenen Interesses ausschliesslich die Steuerzahler von vier Gemeinden an die Kasse gebeten?

Unternehmen ins Boot holen

Dauernd ist neudeutsch die Rede von «Public Private Partnership». Das bedeutet: Gemeinden und Unternehmen spannen zusammen für gemeinsame Projekte, die allen zugutekommen. Öffentliche Interessen werden kombiniert mit privatwirtschaftlichen. Die Eishalle könnte dafür ein Musterbeispiel sein.

Was wäre, wenn eine der regionalen Banken nicht nur gelegentlicher Mieter, sondern Teil der Finanzierungslösung wird? Oder ein anderes grosses Unternehmen? Vielleicht sogar als Namensgeber der Eishalle? Warum holt man nicht bereits bei den Investitionen für den Neubau diejenigen ins Boot, die angewiesen sind auf grosse Veranstaltungshallen? Das ist nicht der Schreiner aus Diepoldsau mit drei Angestellten. Das sind finanz- und personalstarke Unternehmen, die regelmässig auf einer grossen Fläche ihre Aktionäre verköstigen oder andere Anlässe durchführen.

Unternehmerisch gestalten statt nur verwalten

Heutzutage wird der Bürger als «Kunde» bezeichnet, die Gemeindeverwaltung versteht sich als «Dienstleister», und Gemeindepräsidenten sehen sich gern als eine Art gewählter CEO. Aber wenn es um Investitionen in Millionenhöhe geht, fehlt jeder unternehmerische Ansatz. Dann greift man lieber einfach auf die vom Steuerzahler gefüllte Gemeindekasse zurück. Ganz nach dem Motto: verwalten statt gestalten.

Für kreative Lösungen ist es längst zu spät. Aber es gibt immer ein nächstes Mal. Dann müsste man sich überlegen, wie man ein Projekt dieser Grösse im Verbund mit der Privatwirtschaft stemmen könnte, um den Steuerzahler zu entlasten.

Verkauft man das den Unternehmen richtig, werden sie interessiert sein. Denn sie wollen ihr Image in der Region pflegen. Man muss einfach Gespräche führen. Klar, das ist aufwendiger, als das Geld beim Steuerzahler zu holen. Nur: Wählen wir unsere Gemeindeführungen nicht mit dem Auftrag, sorgsam mit den öffentlichen Mitteln umzugehen? Und versprechen sie uns vor den Wahlen nicht jeweils genau das?

Jede Woche wird «züüslat»

Die Kolumne «Züüsla mit Millius» erscheint wöchentlich nur auf rheintal24.ch. Der Auer Journalist kommentiert lokale und regionale Ereignisse mit spitzer Feder und aus einer anderen Perspektive.

Stefan Millius
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