Was für eine Urgewalt von einem Schwinger! Wo Domenic Schneider im Sägemehl steht, da hat kein anderes Ego mehr Platz. Schneider hatte dieses Jahr vor dem Appenzeller kantonalen Schwingfest bereits bei zwei Kranzfesten gewonnen. Mit den Munis, die er als Siegespreis jemals erhalten hat, könnte er bereits einen eigenen Stall eröffnen.
Domenic Schneider siegt beim Appenzeller Kantonalen
Nicht gerade zart gebaut
Sein Gegner im Schlussgang war der «local hero», der Appenzeller Martin Herrsche. Auch nicht gerade zart gebaut, wirkte der hochgeschossige und kräftige Herrsche neben Schneider wie der kleine Bruder. So entwickelte sich dann auch der Kampf. «Buddha» Domenic Schneider stand wie ein Sumo-Ringer in der Mitte des Sägemehlrings.
Martin Herrsche versuchte, mit Geschwindigkeit und Beweglichkeit zu punkten. Aber vergeblich. Immer wieder wurde er von seinem Gegner in die Höhe gelupft und zur Seite geworfen. Dennoch gelang es ihm lange, sich vor der Schulterniederlage zu retten. Doch irgendwann war es dann so weit. Das faire Appenzeller Publikum bejubelte auch den Ottenberger Sieger Domenic Schneider.
Tempo rausnehmen
«Ich habe voll auf Angriff geschwungen», so Triumphator Schneider im Siegerinterview, «dazwischen musste ich aber schon etwas Tempo rausnehmen. Aber ich hatte noch genug Kraft für den Sieg. Trotz der Hitze.» Und die nahe Zukunft? Da will Schneider bis zum Unspunnen Schwinget Ende August von Schwingfest zu Schwingfest schauen und möglichst viele davon gewinnen.
Schon seit dem Anschwingen in der Früh standen die «Bösen» im Sägemehl. Und rund 2´500 Zuschauer liessen es sich trotz heissestem Badewetter nicht nehmen, mit ihren Helden um die Wette zu schwitzen und sie lautstark zu unterstützen. Zumal die Organisatoren ihr Möglichstes getan hatten, um die Auswirkungen der prall am Himmel stehenden Sonne zu lindern.
Feine Wassersprühanlagen
Denn nicht nur, dass an jeder Ecke des Festgeländes Getränkestände platziert worden waren, die die Zuschauer mit Flüssigem versorgten, waren auch feine Wassersprühanlagen aufgebaut worden, die herrlich erfrischend waren. Überhaupt muss man den Veranstaltern ein grosses Lob zollen. Allein beinahe drei Wochen dauerte der Aufbau des Festgeländes, der Zelte und Tribünen.
«Wir haben nicht nur Helfer der beiden veranstaltenden Vereine Schwingklub Wolfhalden und Musikgesellschaft Oberegg, sondern aus vielen Vereinen und Dörfern weitum», erzählt Marketingchef Dominik Dörig, «Alleine könnte das unser Dorf gar nicht stemmen.»
Gute familiäre Stimmung
So herrschte denn auch an diesem Schwingfest eine aussergewöhnlich gute familiäre Stimmung. Alle fühlten sich wohl. Wie auch die Besucher der Abenunterhaltungen im grossen Festzelt. «Der Freitagabend war prächtig besucht. Es war eine schöne Eröffnungsfeier», so Dominik Dörig, «Ein richtiges Dorffest, bei dem die Musikgesellschaft Oberegg und die Bläsergruppe "Fättes Bläch" so richtig einheizten.» Und das bei den ohnehin schon hohen Temperaturen!
Einem Nichtschweizer muss ein solches kantonales Schwingfest ja als höchst seltsame Erscheinung vorkommen. Die Sportler tragen Hosen, die an Windelhosen erinnern, klopfen sich gegenseitig das Sägemehl vom Rücken, und im Hintergrund laufen den ganzen Wettbewerbstag Jodelgesänge über die Lautsprecher. Unterbrochen vom Alphornquartett Oberegg und zwei Fahnenschwingern.
Unzählige Preise
Dazu gibt es als Hauptpreis für den Sieger einen richtigen, echten, lebendigen Stier. Nämlich Muni «Jonny», der zusammen mit zwei weiteren Rindvieh-Trophäen vor dem «Gabentempel» ausgestellt war. Die weiteren unzähligen Preise für die Schwinger. Von Holzbänken mit geschnitzten Verzierungen über einen Strandkorb bis zu riesigen Kuhglocken war alles dabei, was des Landwirts Herz erfreut.