Man erinnert sich kaum noch. Aber es gab eine Zeit, in der Google trotz breiter Nutzung als Suchmaschine finanzielle Probleme hatte. Zu Beginn des Jahrtausends platzte die Dotcom-Blase. Der Aktienwert der Suchmaschine schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Denn bis dahin hatten die Internetwerker aus Kalifornien ihre Daten tatsächlich nur konsumentenfreundlich für die Suche verwendet. In der Not gebar man die Idee, die Anfragen der Suchenden für die Verbesserung der Zielgruppengenauigkeit für Werbeeinschaltungen auszuwerten. Schnell wuchsen die Einnahmen.
Sammlung freiwillig gelieferter Daten
2004 ging Google an die Börse. Und damit wurde dieses Modell erst so richtig bekannt. Damit war der Überwachungskapitalismus als Blaupause für die heutigen Internetgiganten installiert. Keine Softwareklitsche, keine App, kein Social Network, das seither nicht die ihm von seinen Kunden freiwillig gelieferten Daten sammelt. Kein Streamingdienst, kein Betreiber von Kommunikationsprogrammen, der diese Daten nicht auswertet oder – noch schlimmer – an Firmen verkauft, die unsere Mausklicks, Bestellungen, Kommentare und Fotos verarbeiten und auswerten. Wie das berüchtigte Unternehmen Cambridge Analytica, das mit den gewonnenen Daten den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 und die Brexit-Entscheidung der Briten massiv beeinflusste.
Monatelang nervtötende Werbung
Haben Sie sich nicht schon gewundert, wenn Sie sich im Internet bei nur einer Firma nach einem bestimmten Produkt, sagen wir einmal einem Dampfreinigungsgerät erkundigt haben? Und noch wochen-, ja monatelang in beinahe alle Internetinhalte, die sie konsumieren immer wieder nervtötende Werbung für Dampfreiniger eingeblendet bekommen. Obwohl sie inzwischen schon lange ein solches Gerät erworben haben. Die Nutzer der grossen Datenautobahn, also wir User, scheinen einen Deal abgeschlossen zu haben. Dafür dass wir ein Suchergebnis einer Suchmaschine bekommen, dafür dass wir einen Inhalt von YouTube streamen dürfen, dafür dass wir auf WhatsApp oder Facebook mit unserem Freundeskreis kommunizieren, bezahlen wir mit unseren Daten. Freiwillig? Haben wir denn jemals ausdrücklich zugestimmt, dass unser Bewegungsprofil über unser Smartphone weitergegeben wird? Hat man uns denn je ausdrücklich gesagt, wozu die Supercard oder die Cumulus-Karte tatsächlich genutzt werden? Dass es dort nur ganz am Rande um Minirabatt und Kundenzufriedenheit geht, sondern dass über derartige Systeme gezielt unser Kaufverhalten ausspioniert wird?