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Region Vorderland
30.05.2023
19.06.2024 16:30 Uhr

Die verborgenen Dimensionen der materiellen Welt

Pool von Alice Channer.
Pool von Alice Channer. Bild: alicechanner.com
Im Kunstmuseum Appenzell zeigt Alice Channer ihre Werke: In Skulpturen präsentiert sie eine neue Sicht auf Beziehungen zwischen Körper, Prozesse oder Materialien, die jenseits jeglicher Annahmen liegen.

An Binnealen, in Gruppenausstellungen oder im öffentlichen Raum: Alice Channer (*1977, Oxford, UK, lebt und arbeitet in London, UK) stellte ihre Werke schon vielseitig zur Schau. Sie untersucht in ihren Skulpturen Beziehungen zwischen Materialien, Körpern, Maschinen und industriellen oder technologischen Verfahren.

Dabei kombiniert Channer ihre hochindustrialisierten Objekte lustvoll mit der menschlichen Geste oder natürlichen Spuren, wie körperlichen oder geologischen Überresten – ein einzigartiger Mix.

Eine ganz neue Perspektive

Die aktuelle Ausstellung Heavy Metals/Silk Cut, deren Vernissage am 1. Juli stattfindet, erstreckt sich über die zwei Gebäude des Kunstmuseums und der Kunsthalle Appenzell. Es werden mehrere neue Werke gezeigt, darunter auch eine architektonische Intervention, die mit einem Überblick über Skulpturen, Zeichnungen und Installationen aus dem letzten Jahrzehnt ergänzt werden.

Alice Channer giesst, biegt oder faltet Stoffe, zeichnet mit Zigarettenasche und manifestiert in ihren Erkundungen von Materialien und Prozessen die verborgenen Dimensionen der materiellen Welt. Sie bietet einen Blick auf das, was jenseits der Kategorien und Annahmen liegt, die unsere Wahrnehmung von Objekten und unsere Beziehung zu ihnen prägen.

Channers Werke bestehen aus geologischen und natürlichen Materialien oder Repräsentationen natürlicher Elemente, wie beispielsweise Muschelschalen, Fingern oder Steinen. Diese verwandelt die Künstlerin in tiefgreifenden, synthetischen Verfahren, oft in professionellen Fabrikationsstätten, die nichts mit der Produktion von Kunst zu tun haben, wie zum Beispiel Anlagen für Farbbeschichtung oder die chemische Industrie.

Ein Mix verschiedenster Gebiete

So beauftragte sie beispielsweise das Vakuum-Metallisieren der Hüllen von Seespinnen und Taschenkrebsen und liess die authentische Körperlichkeit dieser Objekte mit dem Resultat identischer, rhythmischer und mechanischer Arbeitsschritte kollidieren. Industrielle Herstellungsweisen, wie die Präzisionstechnik von CNC-Fräsen, mit der Aluminium in die gewünschte Form gebracht wird, oder Couture-Techniken, um Bilder geologischer Schichten in schwerem Crêpe de Chine zu falten, sind formgebend.

Channer stellt Organisches und Künstliches, Biologisches und Industrielles schonungslos nebeneinander und baut die Spuren von Produktionsprozessen in die Sprache ihrer Skulpturen ein. Sie konfrontiert nicht nur ihre künstlerische Handschrift mit der kalten Ästhetik mechanischer Formung, sondern verweist mit diesen verführerischen und gleichzeitig brüchigen Exoskeletten auf die Fragilität der Ökologie.

sir/pd