Kantonsrätin Karin Hasler durfte als Präsidentin der SP-Kreispartei Rheintal etwa dreissig Personen begrüssen, die zu der Podiumsdiskussion über die vielfältigen Probleme in der Pflege und den Pflegeberufen gekommen waren. Und berichtete, dass auf kantonaler Ebene mit über zwanzig Vorstössen seit 2020 auf die Umsetzung der vom Volk angenommenen Pflegeinitiative gedrängt worden sei. Die Kantonsregierung wolle aber abwarten, bis hierfür Bundesgelder ausgeschüttet würden.
Pflege bis zum Kollaps?
Noch annähernd gesund gepflegt
Alle vier Podiumsdiskutantinnen hatten schon umfangreiche Erfahrung in Pflegeberufen. Moderatorin Irma Graf erinnerte daran, dass sie es vor vielen Jahren noch erleben durfte, dass die Patienten im Spital annähernd gesund gepflegt worden seien, bevor sie entlassen wurden. Während heute die Leute viel schneller entlassen würden. Und die Pflegekräfte damit praktisch nur noch mit Härtefällen zu tun hätten. «Damit muss aber auch die Spitex die Patienten früher übernehmen. So verschiebt sich alles.»
NR Barbara Gysi beschrieb in ihrem Impulsvortrag die Fortschritte, die die Gesetzgebung zur Umsetzung der vom Stimmvolk beschlossenen Pflegeintiative mache. «Dass wir mit der Pflegeinitiative ein Ja erreicht haben, hatte sicher damit zu tun, dass die Pandemie und der damit verbundene Pflegeaufwand damals im Mittelpunkt des Interesses stand.» Dass man mit dieser Initiative gewonnen habe, sei erstaunlich. «Keiner weiss, ob dies zu einem späteren Zeitpunkt noch gelungen wäre. Denn dass eine Volksinitiative mit einem Frauenberuf im Zentrum beschlossen wird, ist keine Selbstverständlichkeit.
Ausbildungsinitiative beraten und beschlossen
Die erste Etappe der Gesetzgebung sei dann so schnell wie noch nie zuvor bei Volksinitiativen umgesetzt worden. Denn nach einem Jahr, also extrem rasch, habe man bereits das erste Paket, das hauptsächlich die Ausbildungsinitiative umfasst, beraten und beschlossen. «Das bedeutet, dass bereits im Juli 2024 eine Milliarde Franken, hälftig vom Bund und von den Kantonen fliessen wird», so Barbara Gysi.
Mit diesem Geld sollen die Ausbildungsabschlüsse erhöht werden, damit mehr Personal für die Pflege zur Verfügung steht. Dafür würden mit der genannten Summe mehr Ausbildungsplätze an Fachhochschulen geschaffen, die Spitäler, Pflegeheime und Spitex, respektive die Ausbildner belohnt werden. Der Grossteil soll aber als Ausbildungslöhne an jene Leute gehen, die studieren. Denn derzeit verfügen diese Studierenden über keine Stipendienberechtigung, da es sich nicht um eine Erstausbildung handelt.
Zweites Gesetzespaket in Arbeit
Das zweite Gesetzespaket zur Umsetzung der Pflegeinitiative wird derzeit erarbeitet. Darin geht es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um verbindliche Arbeitspläne, um bessere Abgeltung bei kurzfristigen Einsätzen oder Wechseln. «Dazu müssen auch Gesamtarbeitsverträge verhandelt werden und Vorgaben für die einzelnen Berufsgattungen und die Zusammensetzung der Teams gemacht werden. Was aber nicht in diesem Paket, das frühestens nächstes Jahr ins Parlament kommt, enthalten ist, ist die Abgeltung der von Privaten erbrachten Pflegeleistungen», so Barbara Gysi am Ende ihres Referates.
Podiumsteilnehmerin Suada Krasniqi, die nach mehreren Jahren in der Pflege mit dem Studium an der Fachhochschule begonnen hat, berichtete, dass es ihr selbst und vielen anderen Studierenden nicht möglich wäre, zu studieren, wenn nicht vom Partner oder den Angehörigen finanzielle Unterstützung käme. Für sie sei die Pflege eine Herzensangelegenheit. «Das erfüllt mich, das macht Passion und Freude!» Deshalb werde sie auch nach dem Studium bei der Arbeit direkt am Bett bleiben.
Arbeitszeiten thematisiert
Die vierte Podiumsteilnehmerin Barbara Oesch thematisierte die schwierigen Arbeitszeiten und deren problembehaftete Vereinbarkeit mit Kindern und Familie. Nach langen Aufenthalten auf der Chirurgie sei sie jetzt in der Spitex tätig. «Trotz allen Problemen gefällt mir der Pflegeberuf sehr gut. Man hat eine sehr sinnvolle Tätigkeit mit Aufstiegsmöglichkeiten. Als ich zwei Jahre weg vom Beruf im Gesundheitsdepartement tätig war, hat mir das bei den Menschen sein gefehlt. Deshalb bin ich zurück in die Pflege.»
Was verbesserungswürdig sei? Oesch betont, dass die Termin- und Arbeitspläne stimmen müssen und auch eingehalten werden. «Denn ein Ausgleich vom Beruf mit Freizeit und Familienleben ist unbedingt notwendig.»
Verbesserung der Arbeitsbedingungen
In der an das Podium anschliessenden allgemeinen Diskussion schilderten Betroffene ihre Erfahrungen im Pflegeberuf und sprachen einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen das Wort. Insbesondere das Problem, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen, wurde ausgiebig besprochen.
Das Schlusswort kam wieder NR Barbara Gysi zu: «Es liegt an der Gesellschaft, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Menschen mit Passion auch künftig in die Pflegeberufe kommen und dort auch bleiben. Und für die privat Betreuenden braucht es unbedingt Entlastungsangebote. Ich fühle mich als Politikerin in der Pflicht, hier etwas zu tun.»