Da war der früher Landesstatthalter Johannes Rauch wohl zu lange mit seiner grünen Parteigenossin und Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler beim Heurigen zusammengesessen. Wie sonst ist es zu erklären, dass er jüngst jene beiden grossen Vorarlberger Verkehrsprojekt, nämlich die Umsetzung der S18 und des Feldkircher Stadttunnels, auf deren Verwirklichung er sich noch im Koalitionspapier mit der Landes-ÖVP geeinigt hatte, als «antiquierte Projekte» bezeichnete?
Ärger und Irritation über Aussagen von Johannes Rauch


Der Unmut ist gross
Der Unmut über seine Äusserungen, diese «antiquierten Projekte» abzusagen, ist jenseits des Rheins jedenfalls gross. So äusserte sich Wirtschaftskammer-Präsident Winfried Hopfner, diese Aussagen seien äusserst befremdlich. Und Industriellenvereinigungs-Präsident Martin Ohneberg wünschte dem Minister im fernen Wien «mehr Weitblick».
Was war genau geschehen? «Es ist an der Zeit, dass wir als Regierende begreifen, was es geschlagen hat», so Rauch am Donnerstag in dem Interview auf den Starkregen in seiner Heimat vergangene Woche angesprochen. Das bedeute auch, Projekte in Frage zu stellen oder Geld umzuwidmen. «Es kann nicht sein, dass man an antiquierten Vorhaben wie der S18 oder dem Stadttunnel festhält», sagte Rauch. Das Geld wäre seiner Ansicht nach besser in Klimaschutzmassnahmen angelegt.

Vergrabenes, verlochtes Geld
Der Stadttunnel Feldkirch koste mindestens 300 Millionen Euro, das entspreche in etwa einem Pumpspeicherkraftwerk der illwerke/vkw. «Das Kraftwerk bringt einen Nutzen für die Zukunft. Der Stadttunnel ist vergrabenes, verlochtes Geld», befand der Minister. Er kritisierte zudem die «Blockadehaltung» der ÖVP beim Klimaschutzgesetz auf Bundesebene.
Mit seinen Aussagen machte sich Rauch im Ländle wenig Freunde. «Für den Wirtschaftsstandort so wichtige und für die Entlastung von verkehrsgeplagten Menschen notwendige Infrastrukturprojekte einfach mal so gegen andere, noch nicht durchdachte Projekte auszutauschen, ist nicht dienlich. Sie zudem als antiquiert zu bezeichnen, ist unpassend», urteilte WKV-Präsident Hopfner in einer Aussendung. Die Bundesregierung solle sich besser über die Inflation Gedanken machen.

Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte
«Gegen dieses ständige Ausspielen von benötigter Infrastruktur wie der S18, dem Stadttunnel und den Klimaschutzmassnahmen» warnte IV-Präsident Ohneberg. Man könne sich Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte nur leisten, wenn der Wirtschaftsraum intakt sei.
«Ich finde es schade, dass Johannes Rauch der Landesregierung nun via Medien Ratschläge erteilt. Das ist kein guter Stil und das bin ich von ihm eigentlich nicht gewöhnt», so ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. Rauch sei schliesslich selbst Mitglied der Landesregierung gewesen und habe das Arbeitsprogramm federführend mitverhandelt, erinnerte Frühstück gegenüber der APA.

Hochrangige Verbindung
Zur Erinnerung: der Stadttunnel Feldkirch, der aus vier Tunnelästen, die in einem unterirdischen Kreisverkehr verbunden sind, soll die Innenstadt und zwei Grenzübergänge zur Schweiz entlasten. Die Bodensee-Schnellstrasse S18 soll das österreichische und das Schweizer Autobahnnetz hochrangig verbinden. Beide Grossprojekte sind aus ökologischen und ökonomischen Gründen umstritten.
Von den Politikern aus dem Kanton St.Gallen und den Rheintaler Gemeinden waren noch keine Äusserungen zu den Aussagen von Gesundheitsminister Rauch zu hören.