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Altstätten
22.08.2022
22.08.2022 09:25 Uhr

Neue Rheintalische Lesebibliothek in der Prestegg eröffnet

Bild: Sonja Arnold
Nach der Begrüssung durch Vereinspräsidentin Sonja Arnold gab Werner Ritter einen Überblick über die ebenso spannende wie wechselvolle Geschichte der Rheinthalischen Lesebibliothek.

Geschichte der alten Rheinthalischen Lesebibliothek

Das 18. Jahrhundert war geistesgeschichtlich und politisch eine wichtige Zeit des Umbruchs. Die Aufklärung räumte mit vielen Ideen der Vergangenheit auf und rüttelte nachhaltig an den bisherigen geistigen Grundlagen. Auch wissenschaftlich, wirtschaftlich und architektonisch brachte das 18. Jahrhundert zahlreiche neue, bis heute nachwirkende Impulse. 1789 brach in Frankreich die französische Revolution aus, welche dem alten Europa ein Ende setzte und eine neue Epoche einläutete.

In dieser Zeit des Umbruchs gründeten 1796 «Rheintaler Patrioten» unter der Federführung von Jacob Laurenz Custer die «Rheinthalische Lesebliothek». Die Aufklärung, eine veränderte und gesteigerte Buchproduktion sowie sehr viel mehr Leserinnen und Leser von Büchern führten im 18. Jahrhundert im deutschen Sprachraum zur Gründung von zahlreichen Leihbibliotheken. Die Idee für die Gründung der «Rheinthalischen Lesebibliothek» stammte von Johannes Ritz, einem gebürtigen Bernecker. 1796 wohnte er schon seit mehreren Jahren in Altstätten, wo er als Privatlehrer unterrichtete. Mit der Gründung der Lesebibliothek wollte er seine Büchersammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen. Sein ehemaliger Schüler Jacob Laurenz Custer unterstützte dieses Vorhaben und liess auf dem Obertor einen Bibliotheksaufbau erstellen, den er auch finanzierte.

Bild: Sonja Arnold

Mit der Bibliothek sollte das Ziel verfolgt werden, «den Geist der Menschen zu bilden, mit gemeinnützigen Kenntnissen sanfte Sitten unter ihnen zu verbreiten, hingegen der Dummheit und dem Aberglauben mit deren hässlichen Gefolge Abbruch zu thun».

Geöffnet war die Bibliothek jeweils an Altstätter Markttagen zwischen 09.00 und 12.00 Uhr. Bücher durfte jeder Einwohner des Rheintals, fremd oder einheimisch, unabhängig von seiner Konfession gegen eine jährliche Gebühr von 4 fl. ausleihen. Altstätter Benützer bezahlten 5 fl., weil sich die Bibliothek in ihrer Nähe befand. Ausleihen ausserhalb des Rheintals erforderten zuerst die Empfehlung durch ein Mitglied der Gesellschaft an den Bibliothekar.

Während der gesamten Zeit ihres Bestehens hatte die Rheinthalische Lesebibliothek mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Solange Jacob Laurenz Custer als Sponsor zur Verfügung stand, war das kein grosses Problem, später aber schon.

Als 1885 das Obertor abgerissen wurde, zügelte die Lesebibliothek ins Schulhaus Feld. Als dieses 1958 wegen Platzknappheit umgebaut wurde, erfolgte die Liquidation dieser ebenso traditionsreichen wie wichtigen Bibliothek, obwohl die Evangelische Schulgemeinde verpflichtet gewesen wäre, der Bibliothek alternative Räume zur Verfügung zu stellen. Dank der Umsicht von Custos Carl Moser gelangten die wertvollsten Bücher und Gegenstände aus den Beständen der Rheinthalischen Lesebibliothek ins Museum Prestegg.

Bild: Sonja Arnold

Neue Rheintalische Lesebliothek

Anschschliessend an die Ausführungen von Werner Ritter stellte Monika Meyer, Kuratorin des Museums Prestegg, die neue Rheintalische Lesebibliothek vor, die sich derzeit im Aufbau befindet.

Das Museum Altstätten unterhält eine Präsenz- und Studienbibliothek. Der Bestand ist fokussiert auf Bücher über das Rheintal, das Werdenberg, die Kantone St. Gallen und Appenzell sowie über die Schweiz. Dazu kommen historische Werke aus der alten Rheinthalischen Lesebibliothek und der Sammlung des Museums Prestegg.

Weiter verwahrt das Museum Prestegg Archivalien zur Geschichte des St. Galler Rheintals sowie von Stadt- und Gemeinde Altstätten, ebenso Archivgut des Museums sowie von Vereinen und Einzelpersonen mit einem Bezug zum St. Galler Rheintal oder zu Stadt und Gemeinde Altstätten.

Die Bücher und Dokumente sollen im Verbundkatalog des St. Galler Bibliotheksnetzes erfasst und Interessierten zugänglich gemacht werden, die Fotografien und Bilder in der Datenbank des Staatsarchivs des Kantons St. Gallen.

Die Bibliothek und das Archiv stehen Forschenden, Studierenden und weiteren Interessierten, die Gewähr für eine schonende und korrekte Behandlung der Bücher und der Archivalien bieten, auf Anfrage für Forschungszwecke zur Verfügung. Eine Ausleihe der Bücher und Archivalien ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Bild: Sonja Arnold

Lesung von Ueli Bietenhader

Musikalisch umrahmt von Hanspeter Küng las Ueli Bietenhander in gewohnt humorvoller und gekonnter Weise Geschichten aus seinem Buch «Und all das isch woor» in kernigem Altstätter Dialekt vor. In seinen Geschichten liess er das alte Altstätten wieder aufleben, wie es nicht mehr existiert oder dann nur in markant veränderter Form. Mit seinen Geschichten faszinierte er alle, die diese Zeit noch miterlebt haben, aber auch jene, welche mit den Geschichten eine neue, für sie bis anhin fremde Welt kennenlernten.

pd/rheintal24