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28.07.2022

Das dauert! Rhesi-Staatsvertrag noch in Verhandlung

Das Projekt «Rhesi» und die künftige Rheinregulierung muss in einem Staatsvertrag geregelt werden
Das Projekt «Rhesi» und die künftige Rheinregulierung muss in einem Staatsvertrag geregelt werden Bild: presseportal-schweiz.ch
Mehr als zwei Jahre nach Übersendung eines Expertenentwurfs für den Rhesi-Staatsvertrag an die Bundesverwaltungen in Bern und Wien wird immer noch verhandelt? Warum? Wo liegen die Stolpersteine?

Zwischenstaatliche Verhandlungen sind eine langwierige Sache. Ein zähes Unterfangen, auch wenn sich die Vertragspartner eigentlich einig sind. Wie zähe, kann man derzeit am nur zögerlichen Fortschreiten der Verhandlungen über den Staatsvertrag zur Umsetzung des Hochwasserprojekts «Rhesi» sehen.

Hoffnungsfrohe Verkündigung

Denn bereits vor mehr als zwei Jahren ist der vom Kanton St.Gallen gemeinsam mit dem Land Vorarlberg ausgearbeitete «Expertenentwurf», in dem die künftige Rheinregulierung und vor allem das «Projekt Rhesi» abschliessend geregelt werden soll, in die jeweiligen Regierungszentralen nach Bern und nach Wien versendet. So wurde es jedenfalls im Mai 2020 hoffnungsfroh verkündet.

Es dauerte dann wieder beinahe drei Monate, bis vor genau einem Jahr nach entsprechenden Beschlüssen des Schweizer Bundesrates und des österreichischen Ministerrates der tatsächliche Verhandlungsbeginn bekannt gegeben wurde. Und wirklich begonnen wurde mit den Gesprächen dann erst im letzten November, abgeschlossen sind sie auch zwei Jahre nach Übermittlung des Vertragsentwurfes noch nicht. Jaja, es ist eben schwer, die Verantwortlichen zu bestimmen und unter den ministerialen Spitzenbeamten effizient und speditiv arbeitende Leute zu finden.

Rotation zwischen den Hauptstädten

Aktuell rotiert das Jahrhundertprojekt zwischen den Hauptstädten und wird «in konstruktiver Atmosphäre» bearbeitet, wie das zuständige Schweizer Bundesamt für Umwelt versichert.

Denn für beide Seiten ist die Durchführung des Hochwasserschutz- und Renaturierungsprojekts Rhesi zwingend, damit nicht irgendwann aus dem Rheintal ein zweites Ahrtal wird.

Die derzeitige vertragliche Verankerung der Rheinregulierung stammt aus grauen Vorzeiten, nämlich aus den Jahren 1892, als der Schweizer Vertragspartner noch Österreich-Ungarn hiess und Kaiser Franz-Josef noch 22 Regierungsjahre bevorstanden. Der zweite derzeit noch gültige Staatsvertrag, der sich mit dem Thema befasst, stammt aus dem Jahr 1924. Seither ist viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen. Eine Modernisierung und Überarbeitung dieser Verträge wäre wohl ohnehin notwendig gewesen.

Grundlage für renaturierende Aufweitung

Durch das neue Abkommen soll aber die Grundlage für eine renaturierende Aufweitung des Alpenrheins geschaffen werden, die den Schutz vor einem 300-jährigen Hochwasser garantieren soll. Und mit eben diesem Verweis auf die Hochwassergefahr machte der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner immer wieder Druck in Wien und Bern, um die Verhandlungen zu beschleunigen.

Vorarlbergs Landesrat Christian Gantner betonte zuletzt beim Treffen der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein Anfang Juli: «Das Projekt ,Rhesi‘ ist für das Land Vorarlberg das wichtigste Hochwasserschutzprojekt.» Nur aus der St.Galler Kantonsregierung hört man wenig.

Keine diplomatischen Probleme

Wobei es bei diesen Vertragsverhandlungen wohl keine diplomatischen Probleme gibt. Seitens des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten wie auch seitens des Wiener Aussenministeriums wird auf die für Wasserregulierungen zuständigen Fachbehörden verwiesen. Die Verhandlungsdelegationen beider Staaten halten fest, dass sich die Verhandlungen «in einem konstruktiven Prozess» befänden. Ja, es sollen sogar die Detailplanungen für das Projekt bis zum Herbst vorliegen. So behauptete jedenfalls die Vorarlberger Landesregierung.

Dass sich der Abschluss des Staatsvertrages trotz der von beiden Seiten betonten Harmonie weiterhin verzögert, dürfte in Wahrheit rechtliche Gründe haben: «Da die Schweiz kein EU-Mitglied ist, sind auch EU-rechtliche Fragen zu klären», erklärt man nach Informationen der Neuen Vorarlberger Tageszeitung im zuständigen Ressort in Wien.

Jahrelange Gerichtsverfahren

Wobei es ganz konkret um das Vergaberecht geht. Denn dabei macht die EU andere Vorgaben, wie die Schweiz. Es muss vor der Ausschreibung der viele Millionen schweren Bauarbeiten für dieses grenzüberschreitende Projekt endgültig und unanfechtbar abgeklärt werden, welche Vergaberegeln Anwendung finden müssen. Denn sonst könnten die im Vergabeverfahren unterliegenden Anbieter Einsprüche und Berufungen einlegen, zu jahrelangen Gerichtsverfahren, Baustopps und womöglich hohen Strafzahlungen führen.

Zur Klärung dieser Kardinalfrage sind noch weitere Verhandlungsrunden für den Herbst vorgesehen. Wann die Verhandlungen denn eigentlich beendet sein werden, ist nicht leicht zu ergründen. Nach Informationen der Neuen Vorarlberger Tageszeitung ist dabei die eidgenössische Verwaltung in Bern vorsichtiger als die betrauten Wiener Behörden. Während die Wiener davon ausgehen, dass die Verhandlungen noch heuer abgeschlossen werden, gibt man in Bern an, dass «noch kein Datum» festgelegt sei.

Paraphierung und Ratifizierung

Am deutlichsten wird das Land Vorarlberg: «Der Staatsvertrag soll in der ersten Jahreshälfte 2023 paraphiert und anschliessend von den Parlamenten ratifiziert werden.» Da bleibt nur zu hoffen, dass die Berner Regierungsbürokratie dieses Vertragswerk, das für Fragen der Anwendung von EU-Vergaberecht durchaus Vorbildcharakter haben könnte, nicht ebenso versemmelt, wie die weiteren Beratungen über die Bilateralen.

rheintal24/gmh/uh