Der Walzenhausener Erwin Steingruber hat von Anfang seiner Motorsportkarriere an Bergrennen und Rundstreckenrennen bestritten. Vom heute noch bekannten Rennfahrer, Tuning- und Rennstallunternehmer Markus Hotz bekam er bald das Angebot, er könnte dann als Werksfahrer antreten, wenn er pro Rennen tausend Franken auftreibe. Zur gleichen Zeit wollte der gelernte Mechaniker in Walzenhausen seine eigene Werkstatt aufbauen, und hat sich entschieden, sich vorerst um das Geschäft zu kümmern.
Ein wagemutiger Rennfahrer als OK-Präsident - Teil zwei
«Aber schon 1977 hat es mich wieder gejuckt. Und zwar in der neuen Klasse für Formel-Super-Vau-Fahrzeuge mit wassergekühltem VW-Motor. Denn Fritz und Albert Eberle aus Romanshorn hatten zwei siegfähige, schöne und schon im Stehen schnell anzuschauende Wagen gebaut. Dazu habe ich zwei neue Golf-Heidegger-Motoren geliefert. Mit den FEE, die Kurzform von Fritz Eberle Eigenbau, gewann ich in Folge gleich dreimal die Schweizer Meisterschaft für Formel Super-Vau, die in einer Kombination aus Bergrennen und Rundstrecke ausgetragen wurde.
In Dijon war ich einmal einen Tag später zum Training in meiner Klasse angetreten, da durfte ich am Vormittag beim Practice der Gruppe C und Porsches mitfahren. In fünfzehn Minuten Fahrzeit habe ich dem nächstbesten Super-Vau über eine Minute abgenommen! Wurde aber nicht gewertet, sonst wäre ich in der vierten Saison nacheinander Meister geworden. Die beiden FEE-Renner, die gebaut wurden, gehören heute dem Fritz Sturzenegger aus Au, der sie immer wieder bei historischen Bergrennen ausführt. Aber ich habe die Rennerei immer nur als Hobby gemacht, musste nicht gewinnen, was mit dennoch oft gelang, hatte immer nur Plausch und Freude dabei.»
Es folgte aufgrund einer Betriebserweiterung an seiner Werkstätte, wo er lizenzierter VW- und Audihändler war, wieder ein Unterbruch seiner Rennkarriere. Bis 1985, denn damals brachte Rennwagenbauer, Fahrer und Teamchef Markus Hotz ein Chassis eines Formel II Renners von Ron Dennis aus England mit. Und ich durfte in seiner Werkstatt einen von Mader getunten und gewarteten BMW-Motor einbauen. Im Kern war das jener Motor, der damals gleichzeitig in der Formel I mit Turboladern zu Leistungen bis zu 1.500 PS aufgeblasen wurde.
«Mit diesem Car erreichte ich auch meinen wohl wichtigsten Tagessieg in Oberhallau 1990. Da war ich wirklich sackschnell. Der Fredi Amweg, damals der am besten vorbereitete und perfekteste Fahrer, hat nur noch gross geschaut, als ich ihm in jedem Lauf einige Zehntel oder Hundertstel abgenommen habe. «Jeder hat im Leben einige Tage, an denen es perfekt läuft», habe ich noch zu ihm gesagt.
Und einige Wochen später war es bei ihm genau das Gleiche. Mit meinem Super-Vau habe ich im «Sprint der Meister» am Hemberg sogar einmal die Formel I Legende Clay Regazzoni im Formel II geschlagen. Obwohl der Super-Vau nur vier Gänge und keine Differentialsperre hatte. So war ich gezwungen, das Gerät in den Spitzkehren hinten «herumzuwerfen»und bin im Kurvenausgang immer schon geradegestanden, konnte früher Gas geben, was offensichtlich erfolgreich war.»
Mitte der Neunziger Jahre mottete Steingruber seinen March Formel II ein. Und holte ihn erst 2016 nach 23 Jahren wieder hervor. Um selbst am Bergsprint in Walzenhausen teilzunehmen. Er ist ohne Training einfach wieder ins Auto gesessen. Schon im zweiten Lauf durch die engen Kurven hinauf nach Lachen stimmte das Gefühl für das Auto wieder. Seine Kollegen triezten ihn jedenfalls, er habe wohl heimlich trainiert.
Die Vorgeschichte zum Bergsprint ist lang. Um die Jahrtausendwende hat Erwin Steingruber begonnen, sich diesem Projekt zu widmen. Seit Jahren musste man wegen der Rennsportfeindlichkeit der ersten grünen Bewegungen in den Neunzigern auf das traditionelle Bergrennen in Walzenhausen verzichten. Dennoch wollten der Verkehrsvereinspräsident sowie ein Führungsverantwortlicher vom Hotel Walzenhausen diese Veranstaltung wiederaufleben lassen.
«Wir hatten ein selektive Strecke nach Lachen hinauf. Ein grossartiges Panorama, viele sportlich interessante Kurven mit unterschiedlichen Radien. Bald hatten wir ein erstes Projekt eingereicht, das arg von der Regierung abgeschmettert wurde. Man könne die Veranstaltung mit der Polizei nicht bewältigen. Die anderen Initianten sind dann ausgestiegen, es komme eh nicht. Ich habe dann eine Umfrage bei der Bevölkerung gemacht, bei der sich 80 % für eine solche Veranstaltung ausgesprochen haben.
Dann habe ich in Peter Hohl einen grossen Unterstützer gefunden und wir haben samt einem Gemeinderatsmitglied beim Regierungsrat und Polizeichef vorgesprochen. Die beste und wichtigste Stunde in acht Jahren Vorbereitungszeit. Und diese eingeladen, mit zum Bergrennen nach Oberhallau zu kommen, um sich alles anzuschauen. Gesagt, getan. Nach dem Blick hinter die Kulissen, Gesprächen mit den durchwegs friedfertigen und harmlosen Motorsportfans und den Taxifahrten mit richtigen Rennfahrern den Berg hinauf waren alle happy. Wollten alle den Event in Walzenhausen.
Allerdings nicht als Rennen, da wurde uns 2006 die bereits für 2007 erteilte Bewilligung wieder weggenommen, sondern nur als Demofahrten von historischen Rennfahrzeugen. Als Walzenhausener «Bergsprint». Kurz vor der ersten Austragung im August 2007 gab es dann noch eine grosse Zeitungskampagne gegen mich. Doch gleich die erste Veranstaltung war mit 8´000 Zuschauern ein Riesenerfolg. Seither findet der Sprint alle drei Jahre statt. Und es gibt nur noch ganz vereinzelt Leute, die sich dagegen aussprechen. Aber ganz, ganz viele, denen wir grosse Freude bereiten.»
Bei all den vielen Rennen hatte Erwin Steingruber, der bis heute seine Autowerkstatt betreibt, nur zwei gröbere Unfälle mit Kaltverformung seiner Boliden. Zum Glück ohne Verletzung. Seine zwei Töchter und die vier Enkel danken es ihm, dass er nach eigenen Angaben immer vorsichtig zu Werke ging und sich nie über den Grenzbereich hinausbewegte.